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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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ihre Aktentasche an der Tür fallen und schlüpfte aus den Tennisschuhen, bevor sie durchs Haus nach hinten ging. Billy trottete ihr voran und warf Sara einen strengen Blick über die Schulter zu, als wollte er fragen, warum sie so lange in der heißen Klinik geblieben waren, wenn sie sich doch in diesen klimatisierten Räumen hätten aufhalten können. Um sein Missvergnügen noch augenfälliger zu machen, ließ er sich im Flur auf die Seite fallen, sodass Sara über ihn hinwegsteigen musste, um in den rückwärtigen Teil des Hauses zu gelangen.
    Als Sara die Küche betrat, war ihre Mutter damit beschäftigt, Hähnchen zu braten. Bis auf Schuhe und Strumpfhose trug Cathy noch immer ihr Sonntagskleid und darüber eine weiße Schürze mit der Aufschrift Don’t Mess with the Chef.
    » Hallo, Mum«, Sara gab der Mutter einen Kuss auf die Wange. Sara war die Größte in der Familie, und sie konnte das Kinn auf den Kopf ihrer Mutter stützen, ohne den Hals zu verrenken. Tessa hatte Cathy Lintons zierliche Gestalt und auch das blonde Haar geerbt, Sara ihren Pragmatismus.
    Cathy bedachte Sara mit einem missbilligenden Blick. » Hast du heute Morgen vergessen, einen BH anzuziehen?«
    Sara spürte, dass sie rot wurde, und löste das Hemd, das sie sich um die Taille geschlungen hatte. Sie streifte es über und erklärte: » Ich war in der Klinik und nicht lange genug da, als dass es sich gelohnt hätte, die Klimaanlage einzuschalten.«
    » Es ist auch zu heiß, um zu braten«, erwiderte Cathy. » Aber dein Vater wollte unbedingt Hähnchen.«
    Sara verstand zwar die Lektion, dass man um der Familie willen manchmal Opfer bringen muss, antwortete aber stattdessen: » Du hättest ihn zu Chick’s schicken sollen.«
    » Den Fraß muss er sich nun wirklich nicht antun.«
    Sara verzichtete auf einen Kommentar und seufzte ähnlich wie Billy. Sie knöpfte ihr Hemd bis zum Kragen zu und fragte ihre Mutter mit einem verkniffenen Lächeln: » So besser?«
    Cathy nickte nur, nahm eine Papierserviette vom Küchentresen und wischte sich die Stirn. » Wir haben noch nicht mal Mittag, und es sind schon über fünfundzwanzig Grad.«
    » Ich weiß«, antwortete Sara, setzte sich auf einen Küchenstuhl und zog ein Bein an. Sie sah zu, wie ihre Mutter in der Küche werkelte, und war froh, Normalität zu erleben. Cathy trug ein weißes Leinenkleid mit schmalen, grünen Längsstreifen. Ihr blondes Haar mit den wenigen grauen Strähnen trug sie in einem lockeren Pferdeschwanz, ganz ähnlich wie Sara auch.
    Cathy schnäuzte sich in das Papiertaschentuch und warf es in den Müll. » Erzähl mir von gestern Abend«, sagte sie auf dem Rückweg zum Herd.
    Achselzuckend sagte Sara: » Jeffrey hatte keine andere Möglichkeit.«
    » Daran habe ich auch nie gezweifelt. Ich möchte wissen, wie du damit fertigwirst.«
    Sara dachte nach. Die Wahrheit war, dass sie überhaupt nicht gut damit fertigwurde.
    Das schien Cathy zu spüren. Sie ließ ein weiteres Stück paniertes Hühnerfleisch ins heiße Öl gleiten und wandte sich ihrer Tochter zu. » Ich hab dich gestern Abend noch angerufen, um zu hören, wie es dir geht.«
    Sara schaute ihre Mutter durchdringend an und zwang sich, den Blick abzuwenden. » Ich war bei Jeffrey.«
    » Hatte ich mir auch gedacht, aber dein Vater ist dann doch noch an Jeffreys Haus vorbeigefahren …«
    » Das hat Dad getan?«, fragte Sara verblüfft. » Wieso?«
    » Wir hatten gedacht, du würdest hierherkommen«, antwortete Cathy. » Und als du nicht bei dir zu Hause warst, lag es nahe, bei Jeffrey nachzuschauen.«
    Sara verschränkte die Arme. » Findest du nicht, das geht ein bisschen weit?«
    » Schließlich haben wir dir das Leben geschenkt«, fauchte Cathy und deutete mit ihrer Gabel auf Sara. » Nächstes Mal rufst du an.«
    Nach fast vierzig Jahren schaffte Cathy es noch immer, dass sich Sara wie ein Kind vorkam. Sie sah aus dem Fenster und fühlte sich, als hätte sie etwas Schlimmes angestellt. » Sara?«
    Sara murmelte leise: » Ja, Ma’am.«
    » Ich mache mir eben Sorgen um dich.«
    » Ich weiß, Mum.«
    » Ist alles in Ordnung?«
    Sara spürte, dass sie schon wieder rot anlief, aber diesmal aus einem anderen Grund. » Wo ist Tessa?«
    » Sie ist noch nicht runtergekommen.«
    Tessa wohnte über der Garage ihrer Eltern. Saras Haus lag auch nur eine Meile entfernt in derselben Straße, aber diese Distanz gab ihr wenigstens ein gewisses Gefühl der Unabhängigkeit. Tessa schien die Nähe zu ihren Eltern nichts auszumachen.

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