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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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analytischen Verstand. Ganz besonders sexy an Sara war unter anderem ihr Mund. Ein Jammer, dass sie nicht merkte, wann es besser war, ihn zu halten und Jeffrey lieber auf andere Weise damit zu trösten.
    » Chief?« Frank Wallace klopfte an die Tür.
    » Kommen Sie rein«, erwiderte Jeffrey.
    » Heiß draußen«, sagte Frank. Das sollte wohl erklären, warum er keine Krawatte trug. Der dunkelblaue Anzug, den er anhatte, glänzte billig. Der oberste Hemdknopf war geöffnet, und Jeffrey konnte das gräulich weiße Unterhemd sehen. Wie gewöhnlich roch Frank stark nach Rauch. Wahrscheinlich war er draußen gewesen und hatte an der Hintertür noch eine geraucht, vielleicht sogar, um Jeffrey vor der Besprechung noch etwas Zeit zu geben. Wie jemand bei dieser Hitze freiwillig eine brennende Zigarette zwischen den Fingern halten konnte, war Jeffrey völlig schleierhaft.
    Frank hätte Ben Walkers Job haben können, wenn er nur gefragt hätte. Aber natürlich war der altgediente Cop dafür zu smart gewesen. Frank hatte seine gesamte Laufbahn in Grant County verbracht, und er hatte miterlebt, wie sich die Städte veränderten. Einmal hatte Frank zu Jeffrey gesagt, Polizeichef sei ein Job für einen jungen Mann, aber Jeffrey hatte schon damals vermutet, Frank habe damit eigentlich gemeint, der Job sei nur für ganz Blöde. Schon während seines ersten Jahres in Grant war Jeffrey zu der Überzeugung gelangt, dass niemand, der halbwegs bei Trost war, sich freiwillig einer solchen Verantwortung stellte. Aber da war es auch schon zu spät gewesen. Da hatte er Sara bereits kennen gelernt.
    » War reichlich was los am Wochenende«, sagte Frank und händigte Jeffrey den Bericht über die Vorkommnisse am Wochenende aus. Die Akte war dicker als gewöhnlich.
    » Ja.« Jeffrey bedeutete Frank, Platz zu nehmen.
    » Angeblich ein Einbruchsversuch in der Reinigung. Hat Marla Ihnen schon davon erzählt? Dann wären da noch zwei oder drei Fälle von Trunkenheit am Steuer, die normale Scheiße am College, also besoffene Randalierer. Zwei häusliche Streitigkeiten, aber niemand hat Anzeige erstattet.«
    Jeffrey hörte nur mit halbem Ohr zu, während Frank die Liste durchging. Sie war lang und bedrückend. Wenn Grant schon so betroffen war, was mochte wohl in größeren Städten an diesem Wochenende los gewesen sein? Natürlich hatte die Hitze ihren Teil zu den Gewaltausbrüchen beigetragen. Das kannte Jeffrey, seit er ein Cop war.
    » Also…« Frank kam zum Schluss. » Alles in allem wär’s das.«
    » Gut«, antwortete Jeffrey und nahm den Bericht entgegen. Er tippte mit dem Finger auf die Blätter und schob ohne großes Aufheben Jenny Weavers Akte über den Tisch. Sie schien ihm schwer wie ein Betonklotz.
    Frank bedachte die Akte mit demselben skeptischen Blick, den er für ein detailliertes Horoskop übriggehabt hätte, nahm sie dann aber widerstrebend zur Hand und begann zu lesen. Frank machte diesen Job schon lange genug und glaubte, schon alles gesehen zu haben. Als er jedoch die Fotos sah, die Sara gemacht hatte, spiegelte sich der Schock in seiner Miene.
    » Heilige Mutter Gottes«, murmelte Frank und griff in seine Jackentaschen. Er zog seine Zigaretten hervor und steckte sie gleich wieder zurück, als ihm bewusst wurde, wo er sich befand. Er schloss die Akte, ohne sie bis zum Ende zu lesen.
    Jeffrey sagte: » Sie kann das Kind nicht geboren haben.«
    » Tatsächlich?« Frank räusperte sich, schlug verlegen die Beine übereinander. Er war achtundfünfzig Jahre alt und hatte genug Dienstjahre auf dem Buckel, um mit einer anständigen Pension in den Ruhestand zu gehen. Warum er noch arbeitete, wusste Jeffrey nicht. Und bei Fällen wie dem aktuellen musste Frank sich auch fragen, warum er eigentlich noch jeden Tag zum Dienst erschien.
    » Was ist das denn?«, fragte Frank. » Gütiger Gott im Himmel.«
    » Beschneidung der weiblichen Genitalien«, antwortete Jeffrey. » Kommt aus Afrika und dem Nahen Osten.« Er hob die Hand, um Franks nächste Frage abzuwehren. » Ich weiß, was du denkst. Das hier sind ganz normale Baptisten und keine Moslems.«
    » Wie ist sie denn bloß auf so was gekommen?«
    » Genau das müssen wir herausfinden.«
    Frank schüttelte den Kopf, als versuche er, das Bild zu vertreiben.
    Jeffrey sagte: » Dr. Linton ist auf dem Weg hierher, um uns auf den neusten Stand zu bringen.« Bei seinen Worten kam Jeffrey sich albern vor, weil er Saras Doktortitel benutzte. Frank spielte nämlich mit Eddie Linton Poker und

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