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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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richtige Jahreszeiten gibt. Da könnt ihr euch drauf verlassen. Mir doch egal, ob sie da komisch reden oder nicht wissen, wie man Hafergrütze kocht. Es muss doch eine Alternative geben.«
    » Sonst fehlt dir nichts?«, fragte Sara und legte Tessa die Hand auf die Stirn. Als Ärztin wusste sie sehr wohl, dass sie dadurch ebenso wenig verlässlich auf Fieber schließen konnte wie Cathy mit ihrem Kuss, aber Tessa war schließlich ihre kleine Schwester, und da musste sie etwas tun.
    Tessa entzog sich. » Ich krieg meine Tage, mir ist heiß, und ich brauche dringend Schokolade.« Sie reckte ihr Kinn vor. » Seht ihr das hier?«, fragte sie und deutete auf einen großen Pickel.
    » Das Ding ist ja wohl nicht zu übersehen«, sagte Cathy und schloss die Kühlschranktür.
    Sara lachte, und Tessa knuffte sie in die Seite.
    » Bin mal gespannt, welchen Namen Dad dem Ding gibt«, zog Sara sie auf und versetzte ihr einen Klaps auf den Rücken. Als seine Töchter noch Teenager waren, hatte Eddie sich einen Spaß daraus gemacht, die allgemeine Aufmerksamkeit auf solche kleinen Schönheitsfehler zu lenken. Sara wusste noch genau, wie sie sich geschämt hatte, als ihr Vater sie einem Freund als seine älteste Tochter in Begleitung von Bobo, ihrem neuesten Pickel, vorgestellt hatte.
    Tessa überlegte sich gerade eine patzige Antwort, als das Telefon klingelte. Sie schnappte es sich nach dem ersten Läuten.
    Zwei Sekunden vergingen, bevor Tessa einen unterdrückten Fluch ausstieß und schrie: » Ich bin schon dran, Vater«, da Eddie offenbar oben am Nebenanschluss abgenommen hatte.
    Sara schmunzelte. Das hätte jeder beliebige Sonntag der letzten zwanzig Jahre sein können. Es fehlte nur noch, dass ihr Vater hereinkam und irgendeinen albernen Spruch von sich gab, wie froh er sei, seine drei Mädels barfuß und in der Küche vorzufinden.
    Tessa sagte: » Moment mal.« Sie legte die Hand auf die Sprechmuschel und fragte Sara: » Bist du hier?«
    » Wer ist denn dran?«, fragte Sara, aber sie erriet bereits die Antwort.
    » Was glaubst du wohl?«, schnauzte Tessa. Sie wartete die Antwort nicht ab. » Moment, Jeffrey. Hier ist sie.«

Sechs
    B en Walker, Jeffreys Vorgänger als Polizeichef von Grant County, hatte sich damals sein Büro im hinteren Teil des Reviers gleich neben dem Besprechungsraum eingerichtet. Jeden Tag hatte sich Ben hinter dem riesigen Schreibtisch niedergelassen, der fast den gesamten Raum ausfüllte. Jeder, der ihn zu sprechen wünschte, hatte auf der anderen Seite dieses monströsen Holzklotzes Platz zu nehmen, wo man sich mit den Knien am Schreibtisch stieß und mit dem Rücken an der Wand saß. Morgens wurden die dienstältesten Männer der Truppe– damals gab es noch keine einzige Frau bei der Polizei– hereingerufen, um ihre Einsatzbefehle entgegenzunehmen. Kaum waren sie gegangen, schloss der Chief seine Tür. Und dann ward er bis zum Feierabend nicht mehr gesehen, wenn Ben in seinen Wagen stieg und zwei Blöcke die Straße hinauffuhr, um im Diner zu Abend zu essen.
    Als Jeffrey das Revier übernahm, ließ er als Allererstes Bens Schreibtisch hinausschaffen. Das Monstrum aus Eiche musste zerlegt werden, damit es überhaupt durch die Tür passte. Jeffrey machte danach Bens altes Büro zum Lagerraum und bezog das kleine Büro im vorderen Teil des Arbeitsraums seiner Einheit. An einem ruhigen Wochenende baute Jeffrey dann eine Scheibe ein, damit er die Leute sehen konnte und sie– was ihm noch wichtiger war– ihn. Zwar gab es eine Jalousie auf seiner Seite des Fensters, aber die schloss er nie. Zudem achtete er darauf, dass seine Bürotür so oft wie möglich offen stand.
    Er sah hinaus in den leeren Arbeitsraum und fragte sich, was seine Leute darüber dachten, dass er Jenny Weaver erschossen hatte. Jeffrey quälten überwältigende Schuldgefühle, auch wenn sein Verstand ihm immer wieder sagte, er hätte gar keine andere Wahl gehabt. Ständig kreisten die Fragen in seinem Kopf: Hatte er die richtige Entscheidung getroffen? Hätte Jenny tatsächlich den Jungen kaltblütig erschossen? Sara schien davon überzeugt. Gestern Abend hatte sie angedeutet, dass sie es mit zwei toten Teenagern zu tun gehabt hätten, wenn Jeffrey das Mädchen nicht gestoppt hätte. Allerdings hatte Sara auch eine Menge anderer Dinge gesagt, die nicht gerade tröstlich gewesen waren.
    Jeffrey legte die Handflächen aneinander und stützte das Kinn auf die Daumen, während er an Sara dachte. Manchmal übertrieb sie eben mit ihrem

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