Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergiss mein nicht!

Vergiss mein nicht!

Titel: Vergiss mein nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kasie West
Vom Netzwerk:
nicht im Dunkeln saßen. Ich hatte keine Ahnung, was meine Eltern von mir wollten, ich jedenfalls wartete darauf, dass sich die Welt wieder um die eigene Achse drehte und mein Leben in Ordnung kam. Ich war nun mal Überraschungen nicht gewohnt und ich beschloss, dass ich nichts von ihnen hielt.
    Meine Mom brach das Schweigen: »Ich weiß, dass das eine schwierige Entscheidung ist, Addie. Und wir verlassen uns darauf, dass du deine Gabe nutzt, um herauszufinden, welche Zukunft für dich die günstigere erscheint. Du brauchst uns nicht jetzt zu antworten.«
    »Kann ich nicht bei euch beiden bleiben? Was ist mit einem Kompromiss, zur Hälfte beim einen und zur Hälfte beim anderen?«
    »Das wäre eine Option, aber dein Vater hat beschlossen, den Sektor zu verlassen. Er wird in die normale Welt ziehen.«
    Bis jetzt hatte ich nur einen Knoten im Magen gehabt, nun sank er mir fast bis zu den Füßen. »Du ziehst weg, Dad?« Nicht viele Menschen verließen den Sektor. Niemand, den ich persönlich kannte. Diese Nachricht schockierte mich fast genauso wie die Scheidung selbst.
    Meine Mom fuhr fort: »Ich glaube nicht, dass es gut für deine Entwicklung wäre, wenn du mit zu ihm ...«
    »Marissa, du hast versprochen, dass du nicht versuchen würdest, sie zu beeinflussen, weder in die eine noch in die andere Richtung.«
    »Tut mir leid. Das stimmt. Addie, die Entscheidung liegt ganz bei dir. Bleibst du hier, bist du unter deinesgleichen, verlässt du den Sektor, dann lebst du in einer Welt, in der die Menschen um dich herum nur zehn Prozent ihres Hirns benutzen.«
    »Marissa.«
    »Tut mir leid«, sagte sie wieder. Diesmal lachten sie beide. Na toll, wenigstens sie fanden das Ganze komisch, mal abgesehen von der Tatsache, dass mein Leben vorbei war. Ich stand abrupt auf und die beiden hörten auf zu lachen. Mein Dad, sofort wieder zerknirscht, setzte wieder seinen mitleidigen Gesichtsausdruck von vorhin auf. Ich konnte ihm ansehen, dass er kurz davor war, sich zu entschuldigen, aber ich wollte das nicht hören.
    Wortlos lief ich an ihnen vorbei direkt in mein Zimmer, hämmerte gegen die Konsole und sorgte dafür, dass die Tür hinter mir zuglitt. Laute aggressive Musik ertönte, der Computer hatte offensichtlich meine Laune aus meinem Handflächen-Scan abgelesen.
    »Ausmachen«, sagte ich und es wurde still. Ich ging um das Bücherregal herum, stemmte mich dagegen, suchte mit den Füßen Halt und schob. Als es sich nicht bewegte, ließ ich mich auf den Boden sinken und legte meinen Kopf auf die Knie.
    Auf gar keinen Fall konnte ich diese Entscheidung treffen. Es wäre besser gewesen, wenn sie mich einfach vor vollendete Tatsachen gestellt hätten, mir keine Wahl gelassen hätten. Klar, darüber hätte ich mich genauso beschwert, aber wenigstens wäre ich dann nicht dazu gezwungen, mich zwischen meinen Eltern zu entscheiden.
    Ich kroch zu meinem Rucksack, angelte mein Handy aus der Vordertasche und rief Laila an.
    »Hey«, sagte sie. »Ich bin fast zu Hause. Hast du was im Auto vergessen?«
    »Hab ich?«
    »Keine Ahnung. Ich dachte bloß, dass du deswegen anrufst.«
    »Ach so. Nein, hab ich nicht.« Ich hatte meinen Kopf auf meinem Rucksack sinken lassen und rührte mich nicht, obwohl die Stifte und mein sonstiges Zeug darin sich in mein Gesicht drückten. Der Schmerz lenkte mich fürs Erste von unangenehmeren Dingen ab. Ich schloss die Augen und lauschte dem leisen Rauschen in der Leitung.
    »Was ist dann los?«
    »Meine Eltern lassen sich scheiden.« Zum ersten Mal, seit sie mir es mitgeteilt hatten, brannten meine Augen und mein Hals schnürte sich zu.
    »Oh nein! Das tut mir ja so leid. Ich komme sofort, okay?«
    Ich konnte nicht antworten. Ich nickte nur.
    Zehn Minuten später klopfte es an meinem Fenster. Normalerweise kam Laila nur mitten in der Nacht auf diesem Weg in mein Zimmer. Jetzt hätte sie auch die Tür nehmen können, aber ich war froh, dass sie das Fenster gewählt hatte. Ich fühlte mich von meinen Eltern betrogen. Sie hatten es nicht verdient zu wissen, wie sehr ich meine beste Freundin brauchte.
    Ich ließ das elektrische Fenster und Fliegengitter hochfahren. Laila kletterte wie ein Profi über den widerspenstigen Busch im Blumenbeet und in mein Zimmer hinein. Sie nahm mich sofort in die Arme. »Es tut mir so leid«, sagte sie wieder. »So ein Mist.«
    »Mein Dad geht.« An ihrer Schulter klang meine Stimme erstickt. »Ich muss es mir aussuchen, ob ich mitkommen will.«
    »Was?« Sie schob mich in Armeslänge

Weitere Kostenlose Bücher