Vergiss mein nicht!
nichts tut sich. »Bobby«, sagt sie verzweifelt und er zeigt auf die Wand. Sie findet den Schalter und drückt ihn. Als die Deckenbeleuchtung flackernd angeht, atme ich erleichtert aus. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass ich die Luft angehalten habe.
»Es ist nach elf«, sagt Bobby. »Ich latsche ja nicht durch ein hell erleuchtetes Haus. Erst recht nicht, wenn ich allein bin.«
»Und, was hast du herausfinden können?«, fragt Duke und zeigt auf einen der Bildschirme, wo ein Foto von einem äußerst zwielichtig aussehenden Poison in einer Ecke angezeigt wird.
Bobby setzt sich an den Schreibtisch. »Nicht viel. Er ist ein paar Mal wegen Aufputschmitteln festgenommen worden, aber das war’s auch schon. Was genau habt ihr euch denn erhofft?«
»Wir müssen wissen, ob er gefährlich ist«, sagt Duke.
»Scheint einigermaßen harmlos zu sein«, sagt Bobby.
Das trifft auch auf Bobby zu, dabei weiß ich, wozu der fähig ist. »Bist du dir sicher? Hast du dich nur dort eingehackt?«
Bobby sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich glaube, der Polizeiserver ist ein ziemlich geeigneter Ort, etwas herauszubekommen. Aber ich könnte es ja mal in der Bibliothek versuchen, ob irgendwelche Strafgebühren aufgelaufen sind. Wie ich dich kenne, würde dir das bestimmt weiterhelfen.«
»Du kennst mich nicht«, sage ich ruhig.
»Kein Grund, dich hier so aufzuspielen«, sagt Laila. »Sie hat doch bloß gefragt. Was ist mit Poisons Adresse? Konntest du die herausfinden?«
»Ja.« Er holt sich einen Zettel aus der Schublade, schreibt die Adresse drauf und reicht ihn dann Duke.
»Danke.« Duke schlägt ihm freundschaftlich auf den Rücken.
Mein Blick ist wieder am Monitor hängen geblieben, ich starre auf Poisons Foto. In meinem Kopf spielt sich noch einmal die Szene ab, wie er mich gezwungen hat vorwärtszugehen; wie er mich festgehalten hat, ohne seine Hände zu benutzen. Ich begreife das nicht. So ein Talent ähnelt so gar nicht der Gabe meiner Mutter. Sie kann mich davon überzeugen, Dinge zu tun, aber wenn ich mich genügend anstrenge und begreife, was sie vorhat, schaffe ich es auch, mich gegen ihren Einfluss zu wehren. Bei Poison allerdings wollte ich mich gar nicht vorwärtsbewegen und trotzdem hat er mich dazu gezwungen. Ich war ihm vollkommen ausgeliefert.
»Bleibst du noch oder willst du lieber mit deinem Freund gehen?«, fragt Bobby. Ich schaue mich im Zimmer um und merke, dass Duke und Laila schon auf dem Weg nach draußen sind. Ich mache auf dem Absatz kehrt und laufe in Richtung Tür.
»Was habe ich dir eigentlich getan?«, fragt Bobby hinter mir.
Ich bleibe stehen.
»Was hast du mich tun sehen, dass du mich jetzt mit anderen Augen betrachtest?«
»Ich habe gesehen, wer du wirklich bist.«
»Warum bist du dann heute Abend hierhergekommen?« Es klingt, als wäre er weit weg und ganz klein.
»Weil Duke dir aus irgendeinem Grund vertraut.« Ich renne aus dem Zimmer und hole Duke ein. Er legt mir seinen Arm um die Schulter und küsst mich auf die Schläfe. Ich schmiege mich an ihn.
»Und was machen wir jetzt?«
»Poison überwachen.«
22.
PhäNO(R)Men, das – jemand, der seine Existenz für bemerkenswert hält
D ie letzten zwei Stunden habe ich aus dem Fenster gestarrt, obwohl Laila mir angekündigt hatte, dass sie wahrscheinlich nicht vor sechs hier sein würde – gerade rechtzeitig, um sich ein bisschen zurechtzumachen und pünktlich zum Football-Spiel zu kommen. Vor fast einem Monat bin ich weggezogen, doch es fühlt sich an, als hätte ich sie eine Ewigkeit nicht gesehen.
Als ein Pick-up vor unserem Haus hält, rase ich hinaus. Sie ist schon auf halbem Weg zur Tür. Normalerweise gehören wir nicht zu der Sorte Mädchen, die bei jeder Gelegenheit loskreischen, aber als wir uns in den Armen liegen, können wir nicht anders, wir springen quietschend auf und ab.
Sie tritt einen Schritt zurück.
Ich zeige auf sie. »Du trägst eine Sonnenbrille!«
»Weil es hier so wahnsinnig hell ist. Verrückte Geschichte. Ich hab an einer Tankstelle gehalten – mein Kopf brauchte eine Pause – und idiotischerweise habe ich den Typen an der Kasse gefragt, ob sie irgendwelche Hirnenergieriegel hätten. Er hat mich total komisch angeguckt und mir ist wieder diese ewig lange Predigt eingefallen, die wir uns anhören mussten, bevor wir den Sektor verlassen haben, von wegen, dass uns nichts rausrutschen darf; also habe ich eine Minute seines Gedächtnisses gelöscht.«
»Das hast du nicht getan!«
Sie
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