Vergiss mein nicht!
kurieren, haben wir Heiler. »Aspirin? Ach so. Ich hab irgendwas anderes verstanden.« Es ist der lahmste Vertuschungsversuch der Welt. Ich gebe meinem Dad und seiner Gabe die Schuld daran, dass ich mir keine glaubhaften Lügen einfallen lassen kann.
»Du kommst aus Kalifornien?«, fragt eins der Mädchen.
»Ja.«
»Ich habe Verwandte dort«, sagt sie. »Woher genau?«
Vielleicht liegt es an meinem schlechten Gewissen, dass sie mir wie eine Horde Dinosaurier vorkommen, die darauf warten, sich auf ihr Mittagessen zu stürzen. Möglicherweise glauben sie aber auch, dass ich lüge. Ich räuspere mich. »Aus der Nähe von Disneyland.« Ich zeige auf die Kühlbox, die auf der Terrasse steht. »Ich gehe mir eben etwas zu trinken holen.«
»Ja, okay. Rowan sollte auch jeden Moment hier sein«, sagt Stephanie, als sei das der einzige Grund, warum ich gekommen bin.
Ich setze mich auf einen Gartenstuhl und nehme einen Schluck Wasser, während sich der Garten mit Gästen füllt. Je voller es wird, desto nervöser werde ich, was Trevor angeht. Als Rowan kommt, versuche ich ihm meine Bedenken zu schildern, aber er ist viel zu sehr damit beschäftigt, Schwung in die Party zu bringen. Schließlich dreht er sich zu mir um und sagt: »Addison, entspann dich. Amüsier dich. Das ist hier eine Party.« Mir wird klar, dass es keinen Sinn hat.
Irgendwann wird die Musik leiser. »Pssst« ist zu hören. »Er ist da. Er kommt.«
Als Trevor durch die Terrassentür tritt und alle »Überraschung« brüllen, scheint er ehrlich aus allen Wolken zu fallen.
»Wow, Stephanie, danke!«, sagt er. »Womit hab ich das verdient?«
Sie wird rot und umarmt ihn. »Wir freuen uns alle wahnsinnig für dich. Heute ist der große Tag. Der erste Tag, an dem du wieder neu in deine Zukunft starten kannst.« Sie deutet mit einer Handbewegung auf den Rasen. Ein paar große Scheinwerfer flammen auf. Ich beobachte nervös sein Gesicht. Das anfangs ehrliche Lächeln wird gezwungen.
»Was soll das alles hier?«
»Du zeigst uns jetzt, was in dir steckt.«
Am liebsten würde ich schreien, du brauchst das nicht zu tun, Trevor, aber ich weiß, dass er kein kleines Kind mehr ist. Er kann seine eigenen Entscheidungen treffen. Stephanie tritt ein paar Schritte zurück und ruft: »Gebt mir ein T!« Die anderen Cheerleader springen auf, und während sie Trevors Namen zu Ende buchstabieren, nehmen sie hinter Stephanie ihre Plätze ein. Ich verkneife es mir, laut loszulachen, als Trevor zu mir rüberguckt und mir einen fragenden Ziehendie-hier-wirklich-eine-Cheerleadingshow-ab-Blick zuwirft.
Als sie mit ihrer Performance fertig sind und Stephanie sagt: »Wie heißt das Zauberwort?«, brüllt die gesamte Party Trevors Namen. Auf der Stelle habe ich das Gefühl, dass ich die grauenvollste Freundin bin, die man sich vorstellen kann. Ich hätte ihn anrufen müssen, ihn vorwarnen sollen, aber ich war viel zu sehr mit meinen eigenen Sorgen beschäftigt. Selbst mir war nicht klar gewesen, wie viele Leute kommen würden und unter was für einen gewaltigen Druck Stephanie ihn setzen würde.
Er hebt seine Hand und alle werden still. Ich denke, dass er gleich eine Rede halten wird, von wegen wie geschmeichelt er sich fühlt, aber leider noch nicht in der Lage sei zu tun, was sie verlangen. Stattdessen sagt er: »Sieht so aus, als würden hier ein paar Footbälle auf mich warten.« Weitere Beifallsrufe aus der Menge. Er geht langsam zum Bällekorb hinüber, sein lässiger Gang ist verschwunden. In dem Behälter müssen sich mindestens dreißig Bälle befinden. Er nimmt sich einen und wirbelt ihn zwischen seinen Händen.
»Da drüben ist dein Ziel«, sagt Stephanie und zeigt auf das andere Ende des Gartens. Wenn ich ihr erwartungsvolles, dümmliches Grinsen sehe, möchte ich ihr die Haare ausreißen. Trevor holt mit seinem Arm aus, macht einen Schritt nach vorne und wirft. Der Ball schraubt sich in einem wunderschönen Bogen durch die Luft und landet wenige Zentimeter vom Eimer entfernt. Das ohrenbetäubende Jubelgeschrei trifft mich mit voller Wucht, weil ich viel zu nervös bin, um den Lärm mental abzuschwächen.
Stephanie nimmt den nächsten Ball und wirft ihn Trevor zu. Er schleudert ihn wieder in Richtung Ziel. Sein fünfter Ball landet im Eimer, aber nicht ohne Preis: Er hat Schmerzen. Sein ganzer Körper ist verkrampft. Sein Lächeln ist falsch, es wirkt wie in sein Gesicht gemeißelt. Und Stephanie reicht ihm einen Ball nach dem anderen.
Ich kann das nicht länger
Weitere Kostenlose Bücher