Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergissmichnicht

Vergissmichnicht

Titel: Vergissmichnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Maria Bast
Vom Netzwerk:
sie die Vergissmeinnicht hielt. Die Blumen fielen zu Boden. »Ich bin Christin Marlene Didier, geborene Meierle«, ihre Stimme klang ruhig und gefasst. »Und wenn mich nicht alles täuscht, bist du Stefanie. Ich bin deine Mutter.«
    Stefanie starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an, stieß sie dann zur Seite, rannte in Richtung Garten und zertrampelte dabei die Vergissmeinnicht, die Marlene zuvor gepflückt hatte. Mit hängenden Armen stand Marlene da und blickte ihrer Tochter hinterher, die mit fliegenden Haaren in Richtung Steg hetzte.
    »Stefanie!«, brüllte der Dunkelhaarige, offenkundig ihr Mann, rief Marlene und Charles noch ein schnelles »Warten Sie hier!« zu und rannte dann hinter der Flüchtenden her.
    Marlene kauerte sich auf dem Terrassenboden nieder und sammelte die zertretenen Blümchen ein. Charles kniete sich neben sie und half ihr.
    Schon wieder löste sich eine dicke Träne aus Marlenes Augenwinkel und tropfte auf den Terrassenboden. Sie hob den Blick und sah zu ihrer Tochter hinüber, die, wild gestikulierend, mit ihrem Mann auf dem Steg stand. »Sie hasst mich«, klagte sie leise. »Es ist logisch, dass sie mich hasst.«
    »Unsinn«, widersprach Charles und reichte ihr die Blumen, die er aufgesammelt hatte. »Jetzt warte doch erst mal ab. Du darfst nicht vergessen, was sie in den letzten Tagen durchgemacht hat. Und nun so unversehens vor ihrer Mutter, ihrer neuen Mutter, zu stehen, das war ein Schock für sie. Lass uns warten, bis sie zurückkommen.« Er deutete auf das Paar auf dem Steg.
    Wenig später kam Andreas alleine zum Haus zurück. Stefanie blieb, mit dem Rücken zum Haus, auf dem Steg sitzen. »Sie will Sie nicht sehen«, sagte er. »Und ich muss sagen, ich kann sie verstehen. Ich meine, 30 Jahre hat sie Elisabeth für ihre Mutter gehalten, die dann ermordet wird und plötzlich tauchen Sie auf und wollen ihre Mutter sein? Nachdem Sie sich all die Jahre lang einen Dreck um sie geschert haben?«
    Er klang wütend und Marlene konnte seinen Ärger verstehen. Doch seine harschen Worte führten dazu, dass ihr schon wieder Tränen in die Augen stiegen. Sie hatte einfach nah am Wasser gebaut in letzter Zeit.
    »Hören Sie, Herr …«, setzte sie an und war stolz darauf, dass ihre Stimme nur ganz leicht bebte.
    »Schwarz«, sagte Andreas und verschränkte die Arme vor der Brust. »Andreas Schwarz.«
    »Herr Schwarz«, fuhr sie fort. »Ich kann Ihre Wut sehr gut verstehen. Und auch die meiner …« Sie unterbrach sich. Sie traute sich nicht, vor diesem wütenden Mann von Stefanie als ihrer Tochter zu sprechen. »Und auch die Ihrer Frau«, sagte sie stattdessen. »Ich wollte sie gewiss auch nicht erschrecken«, fuhr sie fort.
    Andreas stand noch immer mit verschränkten Armen da und starrte sie an. »Warum sind Sie dann hergekommen?«, fragte er schließlich.
    »Ich wollte Blumen für das Grab meiner Mutter pflücken«, erklärte sie leise. »Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass sie hier sein könnte.«
    »Sie hätten es sich denken können«, wies Andreas sie streng hin.
    »Ja, das hätte ich«, gab Marlene ihm recht.
    »Sie haben sich all die Jahre einen Dreck um sie gekümmert und jetzt nach ihrem Tod tauchen Sie auf einmal wieder auf und pflücken Vergissmeinnicht. Wie rührend«, höhnte Andreas mit bitterem Spott.
    Er wollte nicht, dass seine Frau noch mehr verletzt wurde, deshalb sah er in Marlene eine große Gefahr. Außerdem machte er sie irgendwie für alles verantwortlich, was geschehen war, wenn die Polizei ihm auf Bitten von Marlene auch zunächst nur mitgeteilt hatte, dass Beate Gruber, offenbar eine Psychopathin, die mit dem Ruhm ihres Mannes nicht zurechtkam, Elisabeth Meierle getötet hatte. Mehr wusste Andreas nicht. Aber mit einem Mal drängte es Marlene, ihm alles zu erzählen. Sie wusste, dass der Weg zu ihrer Tochter über diesen Mann führte. Sie spürte instinktiv, dass er die Wahrheit vertrug und dass er genau würde abschätzen können, wie viel man Stefanie sagen durfte. Die ganze Art dieses Mannes, wie er ihrer Tochter nachgelaufen war, wie er sie verteidigte und jetzt seine Wut auf sie, Marlene, zeigten ihr, wie sehr er Stefanie liebte.
    Sie sah Charles an und fand in seinen Augen Bestätigung. Marlene holte tief Luft. »Herr Schwarz, es fällt mir nicht leicht, darüber zu sprechen, aber ich will Ihnen die Geschichte erzählen. Die ganze Geschichte. Ich bitte Sie, Stefanie nur so viel davon weiterzugeben, wie sie vertragen kann, denn die Geschichte ist

Weitere Kostenlose Bücher