Vergraben
Bus nach Hause.
Es war schon ganz hell, als er die Eingangstür aufschloss. Das Haus war still. Er konnte Hollys Parfüm im Flur riechen. Eine Holzdiele krachte, das Haus erwärmte sich für den neuen Tag. Er stellte seine Tasche neben dem Telefon ab und starrte auf die Fotos an der Wand. Er konnte das lachende Mädchen nicht mit den zersplitterten Überresten in Bobs Gefriertruhe in Verbindung bringen. Er streckte die Hand aus, um einen Rahmen gerade zu rücken. Aber er schaffte es nicht, sie zu berühren. Er dachte an die klappernden Zähne, die lose im Schädel steckten. Und an die glatten Gliedmaßen, abgenagt von Füchsen und Dachsen und Hunden aus der Umgebung, die der Geruch der Verwesung angelockt hatte.
Er schaffte es nicht, nach oben zu gehen.
Er setzte Wasser auf und schaltete den Fernseher ein. Während er darauf wartete, dass das Wasser kochte, setzte er sich in den Sessel und schlief ein.
Im Traum wachte er auf. Elise war bei ihm im Zimmer. Sie sagte nichts. Sie saß im Schneidersitz auf dem Sofa. Sie sah ihn an. Er spürte eine plötzlich aufwallende Liebe zu ihr, wie etwa zu einem verlorenen Kind.
Er sagte: »Es tut mir so leid.«
Elise sagte: »Mir ist kalt«, und dann fing sie an zu schreien.
Nathan wachte auf, als er sich nass machte. Der warm-kalte Fleck breitete sich über seinen Unterleib und seinen Schenkel aus.
Er ging in die Mitte des Zimmers und stellte sich mit dem Rücken zum Erkerfenster, bis sein heftig schlagendes Herz sich beruhigt hatte. Er stand so lange dort, dass er währenddessen zweimal einnickte und ihm der Kopf auf die Brust fiel. Er sah, wie Elise sich die Haare ausriss und ganze Strähnen davon in den Fäusten hielt.
Er erwachte mit einem Ruck und setzte sich aufs Fensterbrett. Das Fernsehprogramm war hirnlos und aufdringlich.
Er blieb dort bis ein Uhr sitzen. Dann ging er in die Küche. Bei jedem Schritt sah er sich um. Bei jedem Krachen des Hauses blieb ihm beinahe das Herz stehen.
Er öffnete den Kühlschrank. Betrachtete die Eier und den Aufschnitt und die Milch und die Reste eines Hähnchens, die halbausgetrunkene Weinflasche. Er machte die Kühlschranktür zu. Nahm sich ein Glas Wasser. Er zitterte. Er ging zum Thermostat und drehte die Heizung auf.
Er schlief mit dem Gesicht auf dem Esstisch, als Holly nach Hause kam.
Ihr Lächeln gefror.
»Mein Gott, ist alles in Ordnung?«
Er öffnete ein Auge und sagte: »Krasse Nacht.«
Er wollte, dass sie ihn in ein heißes Bad legte, damit die Hitze in seine gefrorenen Knochen drang, die sich anfühlten wie kalte Stahlbolzen in seinem Inneren; er wollte, dass sie ihm mit ihrem duftenden Shampoo die Haare wusch, und er wollte, dass sie ihn in ein warmes Handtuch wickelte, und dann wollte er sie ausziehen, ihre Wärme und ihre Zartheit spüren, und er wollte sie riechen und er wollte mit ihr schlafen; er wollte sie schwängern, er wollte ein kleines Fünkchen Leben erzeugen, etwas, was sich verdoppelte und in der verborgenen Wärme heranwuchs, dem rosafarbenen Halbdunkel in ihr.
»Was ist passiert? Wo wart ihr?«
Er winkte ab. Seine Fingernägel waren schmutzig.
»Wir sind in einen Pub gegangen. Und dann noch zu Bob. Es ist alles ein bisschen außer Kontrolle geraten. Er hatte Drogen da. Etwas Kokain. Wir waren die ganze Nacht wach.«
»So siehst du auch aus.«
Sie ging in die Küche, energisch und geschäftsmäßig.
»Hast du etwas gegessen?«
»Ja.«
»Und was?«
»Ich war in einem Café.«
»Hast du jetzt Hunger?«
»Nein.«
»Okay.«
Sie schlug die Kühlschranktür zu.
»Holly, es tut mir leid.«
»Das muss es nicht.«
»Ich hab da so ein Problem.«
Sie hielt inne.
»Mit Koks. Ich bin nicht abhängig oder so. Aber ich hab ein Problem damit.«
»Was für ein Problem?«
»Nein zu sagen. Zu wissen, wann ich aufhören soll. Und wie.«
»Du hast mit mir nie über Drogen gesprochen.«
»Weil ich mich davon fernhalte. Ich hab nur … du weißt schon. Ich war betrunken. Und ich konnte nicht mehr klar denken. Glaub mir, es rächt sich jetzt.«
Sie sah ihn mit einem Anflug von Mitleid an. Ein Klos Hoffnung stieg in ihm auf. Mitleid war gut. Er konnte bei Mitleid anfangen und sich weiter vorarbeiten.
»Ich hab es ein paar Mal probiert«, sagte Holly. »Kokain. Ich mochte es nicht besonders. Es hat mein Herz ganz schön auf Trab gebracht.«
»Du steckst ja voller Überraschungen«, staunte er.
»O ja. Es gibt noch Vieles, das du nicht weißt.«
»Das bezweifle ich nicht.«
»Gut.«
Er lag
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