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Vergraben

Vergraben

Titel: Vergraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Cross
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auf die Bücher in Bobs muffiger, vollgestopfter Bibliothek. »Also was ist der Sinn? Welchen Sinn hat es, sein Leben mit Gedanken über den Tod zu verschwenden?«
    »Was ist der Sinn von allem?«
    »Das Leben ist der Sinn.«
    Bob war schläfrig wie ein Löwe. Er starrte auf die Bildzeichen am Boden, in den offenen Koffer. Auf den laminierten Zettel. Nathan betrachtete ihn lange.
    Dann sagte er: »Bob?«
    Bob fuhr zusammen, als hätte er vergessen, dass Nathan da war. Er starrte ihm einige Momente lang mitten ins Gesicht, als versuche er, ihn einzuordnen.
    Er sagte: »Ja«, und versuchte aufzustehen.
    Aber er konnte nicht aufstehen. Er fiel zurück aufs Sofa.
    Nathan sah auf die Uhr.
    Dann nahm er die Latexhandschuhe aus der Tasche. Er hatte die Schachtel in der Apotheke gekauft. Er streifte sich die Handschuhe über. Zwei kleine Talkumflecken bildeten sich an seinen Handgelenken. Er holte eine Packung Temazepam aus seiner Tasche und begann die kleinen kastanienbraunen Geleebohnen eine nach der anderen in seine Handfläche zu drücken.
    Er trat in den Kreis. Als Bob seine Entschlossenheit sah, versuchte er aufzustehen. Aber er fiel wieder nach hinten und schaute sich nur verwirrt um, als hätte er etwas verlegt.
    Nathan drückte ihn aufs Sofa nieder.
    »Was tust du da?«, fragte Bob.
    Es klang unzusammenhängend und undeutlich, wie die Stimmen auf seinen Tonbändern.
    Nathan legte die Hände um Bobs Kehle.
    Bob griff nach Nathans Handgelenken. Er riss und zerrte daran.
    Sie rangen eine Weile. Bob war ein starker Mann, aber seine Kräfte verließen ihn. Er atmete durch die Zähne. Er machte angestrengte, schnaufende Geräusche.
    Nathan drückte einen Daumen in Bobs Auge.
    Bob öffnete den Mund, um zu schreien.
    Nathan stopfte Bob eine Hand voll Temazepam in den Mund.
    Dann umschloss er Bobs Kehle mit der Armbeuge. Bob wollte den Mund nicht schließen. Er bewegte die Zunge und ließ ein paar Tabletten aufs Sofa und auf den verhexten Betonboden regnen, von dem sie aufsprangen.
    Nathan schlug Bobs Kiefer mit dem Handballen zu. Es krachte laut.
    Auf Bobs Lippen war Blut. Aber er wollte nicht schlucken. Sein Gesicht war pflaumenblau, auf seiner Stirn bildeten die Adern ein großes Dreieck.
    Nathan hielt ihm die Nase zu.
    Bob sträubte sich. Er stemmte sich hoch und warf sich hin und her, aber schwach, wie jemand, der träumt.
    Er machte panische Geräusche, wimmerte tief unten in seiner Kehle.
    Er versuchte aufzustehen.
    Nathan drückte ihn nieder. Der scharfe Geruch von grünen Tomaten und Zigaretten und muffiger Kleidung. Bobs Haut und die Stoppeln und die Haare in seinem Gesicht.
    Schließlich schluckte Bob.
    Dann sah er zur Decke und schnappte nach Luft wie ein Ertrinkender: »O Gott, was tust du da?«
    Nathan hob so viel vom verstreuten Temazepam auf, wie er finden konnte, und steckte es Bob in den Mund. Es war viel dunkles Blut darin – und etwas von hellerem Rot. Bob hatte sich die Zungenspitze abgebissen.
    Nathan hockte sich hin und näherte sein Gesicht dem von Bob. Bobs Augen waren schwer, sein Blick war verschleiert. Heißer Whiskyatem, beißend und langsam, wie bei einem betäubten Tier.
    Nathan warf einen Blick in die Ecke.
    Dann trat er aus dem Kreis hinaus.
    Er ging zu Bobs Computern. Er nahm das Band aus dem Tonbandgerät. Es war eine knifflige Arbeit und seine Finger waren ungeschickt. Er steckte das Band in seine Aktentasche.
    Er ging zu Bob zurück und zog dabei die leeren Tablettenpackungen aus seiner Tasche. Er drückte sie Bob in die Faust. Dann öffnete er Bobs Faust wieder, nahm die Tablettenpackungen heraus und warf sie in die Küchenschublade.
    Inzwischen war es 20.15 Uhr.
    Er hatte Jacki gesagt, dass er sich um 20.30 Uhr mit Bob treffen wollte. Nur noch fünfzehn Minuten, und Bob war immer noch am Leben. Aus seiner Kehle kam ein unangenehmes Pfeifen.
    Nathan konnte Jacki nicht viel später als 20.30 Uhr anrufen. Sie wusste, dass er pünktlich war. Das kam von seiner Verkaufsschulung.
    »Fuck«, fluchte er und legte ein Ohr auf Bobs Brust. Sie hob und senkte sich so zaghaft wie Wasser, das bei Ebbe an einen Deich schwappt. Nathan wünschte, er hätte vorher alles gründlich recherchiert. Sich durchzumogeln wie Justin war einfach nicht seine Art.
    Er hielt den Atem an, als wollte er gleich tauchen, und fuhr mit der Hand in Bobs speckige Hosentasche. Er wühlte darin herum. Er konnte die weichen, festen Rundungen von Bobs Schwanz und seinen Eiern spüren.
    Die Schlüssel waren nicht da. Er sah auf

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