Verhängnisvolle Wiedersehen (The Immaculate Breed) (German Edition)
Anstrengung kostete. Am Türrahmen kam er zum Stehen und hielt sich schwankend an dessen Rahmen fest. Durch seine Untergebenen ging ein Ruck, um dann gemeinschaftlich abzuziehen, wobei einige von ihnen noch durch gezielte Hiebe der Jäger fielen. Dem Lord kam es wohl auf die ein oder andere Ratte nicht mehr an. Von Belohnung ihrer Loyalität hielt der Mann anscheinend nicht viel, oder es ging ihm einfach nur um seinen armseligen, mickrigen Arsch.
Cat hielt sich die schmerzende Seite und fühlte sich in die Vergangenheit zurückversetzt, als ihr schon einmal ein böser Stich in die Rippen gefahren war. Langsam erhob sie sich aus der gebückten Haltung und spürte die ersten Auswirkungen des Blutverlustes, so dass ihre Fänge sich zurückzogen und das Glühen aus ihrem Gesicht verschwand. Ihr Atem ging heftig, sie wollte schon zum nächsten Angriff ausholen, doch ihre Widersacher ergriffen nun endgültig die Flucht, nachdem der Lord sich schwer auf zwei seiner Gefolgsleute stützte. Sie verschwanden in den Schatten und man hörte wieder Flügelschlagen und das Trippeln von Füßen.
Cat drehe sich langsam zu den Jägern um, die hinter ihr wie erstarrt standen, nachdem die Gefahr für das Erste gebannt war. Ihre Augen suchten nach Mina, die sie auf dem Boden liegend entdeckte, während ein junger Mann neben ihr in die Knie gegangen war, der eine dunkle Hornbrille trug. Gerade wollte Cat der Name nicht einfallen, aber sie würde wetten, dass es sich dabei um den Arzt handelte, genauer gesagt um seinen Nachkommen, der im vorletzten Jahrhundert an der Jagd auf den Grafen Dracula beteiligt gewesen war.
„Scheiße, Cat! Warum hast du mir nichts gesagt…?!“, hörte sie Morris fluchen, der plötzlich hinter ihr stand und einen schweren Stoff um die Schultern legte.
Schwarzer Samt, der mit kühler Seide gefüttert war. Dankbar schlüpfte sie in die Ärmel, auch wenn das Strecken des linken Armes wehtat, weil die Klinge eine der Rippen gestreift und die Knochenhaut bei der Heilung ordentlich schmerzte. Der Mantel gehörte Mina, sie hatte ihn vorhin noch für ein altmodisches Kleid gehalten, weil er einen hohen Stehkragen besaß und so am Oberkörper abgenäht war, wie man es von der Schnittführung der viktorianischen Mode kannte.
Noch bevor sie den Mantel ganz schließen konnte, schob Morris sie schon mit sanftem Griff um die Schultern in Richtung Tisch, an dem kein Stuhl mehr stand, weil sie im Kampfgetümmel umgefallen waren. Mit der rechten Hand schob sie sich die losen Haare aus dem Gesicht und wünschte sich, etwas zum Abwischen für das Gesicht zu haben, weil das Blut um ihren Mund langsam eintrocknete. Irgendwie schien es ihr nicht passend, es zu verspeisen. In Anbetracht dessen, dass sie Ash gegenüber lieber nicht verlauten lassen wollte, seinen Erzeuger angeknabbert zu haben.
„Es… geht… schon! Wirklich! Ich hab schon weit Schlimmeres eingesteckt!“, fauchte Cat ziemlich ungehalten, weil sie kein großes Aufhebens um die Wunde machen wollte. Es war nur der nahende Vollmond, der ihre Nerven zusätzlich ankratzte.
Die Adrenalinkonzentration in ihrem Blutkreislauf reichte nicht mehr aus, um sich erneut zu motivieren, viel Gegenwehr zu leisten, wenn es keinen Feind mehr anzugehen galt. Morris gab sie kurz frei, da er einen Stuhl vom Boden aufheben wollte, so dass Cat den Blick suchend durch den Raum gleiten lassen wollte. Wie ging es den anderen? Hatten sie womöglich jemanden verloren? War noch jemand außer Mina verletzt? Sie sollte sich sofort…
Ihr Blick blieb aber ziemlich abrupt an der Mündung einer Waffe hängen, die auf sie gerichtet war. Cat folgte dem Lauf, der Hand und dem Arm, der sie hielt, um dann weiter aufzusehen und die Augen weit aufzureißen, als sie der wütende und hasserfüllte Blick traf, der sie zuerst auf der Stelle festfrieren und dann, als sich die Erstarrung löste, in die Knie gehen ließ. Ihre rechte Hand fuhr zu ihrem Gesicht, um ihren Mund zu bedecken und dann hörte sie das leise Klicken. Die Waffe war entsichert.
Cat starrte mit glasigem Blick in die Augen ihres Gegenübers, sie wagte nicht, zu atmen, zu denken oder irgendetwas zu tun. Sie schien wie festgefroren. Ihr Körper wollte ihr nicht mehr gehorchen und alles um sie herum verschwand hinter einer dicken Nebelwand. Sie wollte die Hand ausstrecken, aber nicht um sich zur Wehr zu setzen, sie wollte nur den Kontakt herstellen…
° ° °
Eine Nonne hatte dem Priester soeben eine Tasse Tee gebracht. Pfefferminz.
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