Verhängnisvolle Wiedersehen (The Immaculate Breed) (German Edition)
die sechste Kriegerin! Sie hatte sozusagen ihre Geburt erlebt und deshalb gesehen, wie sie und Theron… Nico sog scharf die Luft ein und blinzelte gegen die Tränen, die ihren Blick verschleierten.
Dann drehte sie sich zur Seite, zog die Beine an die Brust und schluchzte leise in das Kissen. Sie war einfach zu ergriffen vor fassungsloser Freude, von den durch die heftige Affectio durcheinander wirbelnden Gefühlen, von ihrer Unzulänglichkeit, Damon nicht all das sein zu können, was er brauchte. Und schließlich die überwältigende Freude, jemanden in der Mitte der Krieger willkommen heißen zu dürfen, den sie sehr mochte und respektierte und um deren Zukunft sie sich größte Sorgen gemacht hatte.
° ° °
Sobald er unter der eiskalten Dusche stand, zerbiss Damon einem aggressiven Bullterrier gleich die Plasmabeutel, die er wie ein Junkie zwischen den großen, roten Duschhandtüchern versteckt hatte, wo sie am wenigsten auffallen würden. Es spritzte wild aus den Tüten, weil er gleichzeitig mit beiden Händen quetschte, um den Inhalt schnell genug in seine Kehle zu bekommen, und mischte sich mit dem Wasser auf dem dunklen Marmor. Damon kümmerte das nicht. Er hatte so einen Durst, dass er glaubte, darüber wahnsinnig zu werden. Trotzdem hatte er sich nicht an Nico vergreifen können. Wobei vergreifen so hart klang, dass sich seine Brust mit einem Mal eng anfühlte. Sie hatte ihn angefleht, von ihr zu nehmen. Förmlich angebettelt, doch er konnte nicht und immerhin war sie durch die Affectio dermaßen angeschlagen, dass sie nach einer kleinen Weile mit ihm zusammen nicht mehr darauf bestand.
Das leergesaugte Plastik landete achtlos auf dem Boden der Dusche. Drei auf einen Streich. Und längst nicht genug, um die Schwäche aus seinen Knien zu vertreiben und dem Schwindel in seinem Kopf ein Ende zu bereiten. Wenn er nicht bald aufhörte, den guten Samariter zu spielen, dann konnte er nicht mehr länger auf die Jagd gehen. Damon öffnete die gläserne Kabine und griff nach den letzten zwei Beuteln, die er noch in Reserve bereit gelegt hatte. Mit geschlossenen Augen und dieser unglaublichen Brutalität, die von Ungeduld und großem Hunger zeugte, zerfetzte er erneut den Kunststoff mit seinen Zähnen. Nach seiner Schicht würde er sich bei Ash Nachschub holen müssen. Leider war der mit Awendela unterwegs. Die Sitzung beim Sonnenkönig würde wahrscheinlich die ganze, verdammte Nacht dauern. Zumindest hatte Wendy das angedeutet. Ein Glück für den Tiger. Damon war fast versucht, Nico ebenfalls zu so einem Projekt zu überreden. Nur, damit sie ihm eine Nacht lang Ruhe gönnte. Eine verdammte Nacht zu seiner Erholung.
Natürlich war er selbst schuld. Er ließ ihr ja ihren Willen und ließ sie jeden Tag von sich trinken, gab ihr aber nicht nach, wenn es darum ging, sich etwas zurückzuholen. Man mochte es Fortsetzung seiner Bestrafung für sein mangelndes Einfühlungsvermögen vor dem Stich der Sichel nennen, aber eigentlich war es schon an Dummheit grenzendes Handeln seinerseits. Nico mochte für die Quadruga das Wichtigste sein, ein Kind des Lichts und mit unglaublicher Stärke in einem Körper gesegnet, der das Äußere einer feinen, zerbrechlichen Porzellanpuppe besaß, aber sie war eben eigentlich das genaue Gegenteil davon. Mittlerweile mochte sie mit seinem Blut soweit aufgeputscht sein, dass sie ihn selbst im Vollbesitz seiner Kräfte mit dem kleinsten ihrer hübschen Finger auf die Matte hätte knallen können, ohne dabei in Schweiß auszubrechen.
Viel zu schnell waren auch die zwei letzten Plasmabeutel leer. Damon hob das Gesicht in den eiskalten Strahl, der die aufwallende Gier nach mehr, die Wollust und die Rage darüber, nicht mehr zu bekommen, in ihm besänftigen sollte, um das künstliche Blut abzuwaschen. Nico sollte nicht wissen, was er hier hinter ihrem Rücken nur zu ihrem Besten tat. Sie sollte sich nicht hintergangen oder ausgegrenzt fühlen. Wobei er das mit dieser Heimlichkeit nur bestärken würde, sollte sie bereits dergleichen empfinden. Sie durfte das nicht falsch verstehen. Er liebte und wollte sie ja. Schließlich sagte er ihr das oft genug, wenn sie sich so wie gerade in seinem Bett liebten und sie von ihm trank.
Nico selbst hielt sich darin zurück. Sie hatte bisher nicht ein einziges Mal ausgesprochen, was sie für ihn empfand. Ob ihre Herzen im Einklang schlugen und ob sie ihm seine Fehler verziehen hatte. Genau das war es, was ihn daran hinderte, sich ganz mit ihr zu vereinen.
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