Verhängnisvolles Gold
verbeugen sie sich.
Einen Augenblick stehe ich wie erstarrt und dann fange ich an zu zittern. Ich kann nicht anders. Ich zittere, weil alles so vollkommen absurd ist. Ein absurdes Theater in der Dunkelheit. Ihre Bewegungen sind zu gediegen, zu majestätisch, einfach zu alles . Wie kann ich eine von ihnen sein? Wie kann ich ihre Königin sein? Ich beuge mich vor und halte mir den Bauch, weil alles so verrückt ist. Die Elfen holen Luft. Astley neben mir erstarrt und lässt meine Hand los. Ich muss jetzt die Kurve kriegen. Es ist wie in einem Traum, in dem man splitternackt vor der Klasse steht und weiß, dass man splitternackt ist, aber keine Ahnung hat, wie man dem Traum entkommen soll. Alles spielt sich in Zeitlupe ab.
»Es tut mir leid.« Ich hebe eine Hand. »Es tut mir so leid.«
Ich richte mich auf und beiße mir kurz auf die Lippen. Der Schnee rieselt herab, und ich nehme genügend Mut zusammen, um zu sagen, was ich denke: »Es tut mir leid. Ich kann das nicht. Ich bin einfach …«
Ich springe von dem Grabmal hinunter, eile zum Ausgang und renne durch das Tor. Ich bin nicht eine von ihnen. Ich bin es einfach nicht. Jeder von ihnen könnte mich bestimmt in einer Sekunde fangen. Mich aufhalten. Aber niemand tut es. Also renne ich immer weiter.
Ich folge schon seit ungefähr zehn Minuten der Straße nach Bangor, als Astley mich einholt. Als er vor mir landet, rollt ein Pick-up an uns vorbei. Diesmal gelingt es ihm fast, auf den Beinen zu bleiben. Er fängt sich rasch und stemmt dann beide Hände in die Hüften. Der Wind bläst seine Haare in blonden Wellen um seinen Kopf herum. Er zieht eine Mütze aus der Tasche und reicht sie mir, bevor er wieder seine kriegerische Pose einnimmt.
»Alles in Ordnung?«, fragt er
Das hatte ich nicht erwartet. »Du hast wütend ausgesehen«, sage ich.
»Ich bin nicht wütend, Zara.« Er fährt sich mit der Hand durch die Haare. »Ich bin besorgt.«
Besorgt . »Dass du die falsche Wahl getroffen hast? Tut mir leid. Es tut mir so leid, Astley, aber ich eigne mich nicht dazu, ein Elf zu sein. Ich eigne mich nicht zur Königin. Es ist einfach zu viel.«
Mit gerümpfter Nase schaut er in den Himmel, als ob er dort nach Hilfe für den Umgang mit mir suchen würde. Schließlich sagt er: »Du bist dazu bestimmt, meine Königin zu sein.«
»Woher willst du das wissen? Und sag nicht ›Ich weiß es eben‹. Meine Mom sagt das immer und ich hasse es.«
Seine Gesichtszüge werden weicher. »Ich vergesse manchmal, wie jung du bist.«
»Du bist nicht viel älter als ich.«
»König zu sein macht einen älter.«
Wenn ich ihn betrachte, sehe ich, dass das stimmt. All die Verantwortung, die auf ihm lastet. Und ich soll stark genug sein, mich daran zu beteiligen?
»Warum?« Meine Stimme ist so leise, dass ich mich frage, ob er sie überhaupt hört. Ich lasse sie ein bisschen lauter klingen. »Warum macht es einen älter? Sind dir schlimme Dinge zugestoßen? Bist du okay? Willst du darüber reden?«
Er erstarrt, aber dann lächelt er. Es ist ein weiches, trauriges Lächeln. »Nein, noch nicht, aber danke. Seit du meine Königin bist, geht es mir viel besser. Danke, dass du meine Königin bist, Zara.«
»Gerne«, sagte ich, weil mir nichts anderes einfällt, weil ich die Worte nicht weiß, mit denen ich ihn dazu bringen kann, die Trauer in seinen Augen zu erklären. »Es ist mir so peinlich.«
»Alles wird gut.« Er nimmt meinen Arm, während wir nebeneinander her gehen. Es fühlt sich gut an, solide und warm. »Man wird leicht von seinen Gefühlen überwältigt.«
Evangelikale Kreise sehen in den Ereignissen in Bedford, Maine, wo männliche Jugendliche vermisst werden und der Schulbus angegriffen wurde, die Vorboten einer nahenden Apokalypse. Teenager tragen T-Shirts mit der Aufschrift Bedford, Maine: Das Ende der Welt beginnt hier .
– CARL FLECK AUF FNN NIGHTLY WORLD NEWS
Es gibt bestimmte Anzeichen dafür, dass in deiner Stadt das absolute Chaos herrscht:
1.Es schneit unaufhörlich.
2.Böse Elfen quälen und/oder verstümmeln Menschen.
3.Du kommst regelmäßig abends in den Fernsehnachrichten.
4.FBI-Agenten patrouillieren durch die Straßen.
5.Die Hälfte der Schüler bleibt zu Hause, weil ihre Eltern sie vor lauter Angst nicht aus dem Haus lassen.
Issie, Devyn, Cassidy und ich haben den ganzen Tag im Maine Grind, dem einzigen Café in unserer Stadt, verbracht und darüber diskutiert. Während wir dort waren, fand Cassidy die Auflösung für das Anagramm GNADE WC REH
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