Verheißene Erde
bekommen, so daß Viehzucht, Ackerbau und die Errichtung fester Dörfer üblich wurden. In diesem riesigen Gebiet blühte der Handel, weshalb einzelne Gemeinden zusammenarbeiten konnten; Häuptling Ngalos Leute konnten deshalb Eisenbarren aus den großen Minen von Phalaborwa importieren, die zweihundertachtzig Kilometer weit entfernt waren, und dann fertiggeschmiedete Speerspitzen in Dörfer schicken, die über dreihundert Kilometer weiter südwestlich, jenseits der Scheide der Weißen Wasser, lagen.
Mit anderen Worten, als Nxumalo sich aufmachte, um die Rhinozeroshörner zu finden, die er nach Zimbabwe bringen sollte, war er der Erbe einer ansehnlichen Kultur, die er, so jung, wie er war, zu erweitern und zu schützen beabsichtigte. Er nahm an, daß, wenn sein Vater starb, einer seiner älteren Brüder die Häuptlingswürde erben würde. Er selbst würde dann wahrscheinlich heiraten und weiter nach Westen ziehen, um ein eigenes Grenzdorf zu errichten. Diese Aussicht gefiel ihm. Sein bevorstehender Ausflug nach Zimbabwe war jedoch eine Forschungsreise, keine Übersiedlung.
Am sechsten Tag ihres Marsches, auf dem sie an großen Herden von Büffeln und Weißschwanzgnus vorbeigekommen waren, sagte Nxumalo zu seinen Gefährten: »Unter diesen Bäumen muß es Nashörner geben.« Als sie aber das Gebiet erreichten, wo die Savanne dem richtigen Wald wich, fanden sie nichts, und ein älterer Mann meinte: »Ich habe nie Nashörner gesehen, wo die Bäume so zahlreich waren«, und er wies zurück auf die spärlich bewaldete Savanne.
Nxumalo wollte den Mann schon zurechtweisen, denn er war einmal mit Jägern zusammengewesen, die ihr Nashorn in dichten Wäldern gefunden hatten. Er hielt sich jedoch zurück und fragte: »Habt ihr dort hinten Nashörner gefunden?«
»Ja.«
»Dann laßt uns dort nachsehen.« Und als sie es taten, fanden sie unverkennbare Spuren der mächtigen Tiere. Aber diese Schwarzen waren keine Buschmänner, und die Meisterschaft, die die kleinen Braunen beim Spurenfinden gezeigt hatten, war ihnen unbekannt. Sie sahen zwar, daß Nashörner sich dort aufgehalten hatten, aber wohin sie gezogen waren, konnten die Jäger nicht feststellen. Deshalb jagten sie aufs Geratewohl, bewegten sich in großen Kreisen und machten so viel Lärm, daß ein Buschmann darüber erschrocken wäre. Sie hatten aber Glück und stießen nach einiger Zeit auf ein schwarzes Nashorn mit spitzer Schnauze und zwei massiven Hörnern.
Das Töten eines so gewaltigen Tieres erforderte Geschicklichkeit und Mut zugleich. Die erstere sollten die sechs Jäger samt ihren Speeren mit den Eisenspitzen beweisen, den letzteren Nxumalo als Führer des Unternehmens. Er stellte seine Leute auf dem Weg auf, dem zu folgen er das Tier zu zwingen gedachte. Dann schlich er sich vor das Tier und sprang plötzlich aus dem Gras hoch. Der überraschte Koloß stürzte mit dem jähen Impuls zu zerstören wie toll auf den Jungen los.
Die Hörner stoßbereit gesenkt, mit den kurzen Beinen stampfend, die Schnauze wütend geöffnet, wobei tiefe Knurrlaute aus seiner Kehle drangen, griff das Nashorn mit gewaltiger Kraft an, während der Junge mit prächtiger Gewandtheit nach hinten auswich. Es war ein Augenblick, den kein Jäger vergessen konnte, die große Beziehung zwischen Tier und Mensch, bei der ein einziger Fehler des letzteren den sofortigen Tod bedeutet hätte. Und da das Tier viel schneller laufen konnte als der Junge, war es klar, daß dieser sterben mußte, es sei denn, eine andere Macht kam dazwischen. Das geschah genau in dem Moment, als die kraftvollen Hörner den Jungen zu treffen drohten. Die sechs anderen Jäger sprangen hoch und warfen ihre Speere, um das Tier abzulenken. Vier der Speere mit den Eisenspitzen trafen ihr Ziel. Das mächtige Tier schlug auf die niedrigen Büsche los, die seinen Weg säumten, es vergaß den Jungen und wandte sich seinen neuen Widersachern zu, von denen sich einer bückte, um seinen Speer aufzuheben. In blinder Wut stürzte sich das Tier auf den Mann, der gerade noch zur Seite springen konnte, während sein Speer zertrampelt wurde. Nun ging Nxumalo mit einer Axt auf das Tier los und führte mächtige Hiebe gegen seine Hinterbeine. Einem anderen Mann gelang es, seinen Speer mit großer Kraft in den Hals des Tieres zu stoßen.
Der Kampf war zwar noch nicht vorbei, aber sein Ausgang stand fest. Anstatt das verwundete Tier tagelang zu verfolgen, wie es die Buschmänner getan hätten, drangen diese entschlossenen Jäger mit
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