Verheißene Erde
Kampfbefehle mit einer Reihe lächerlich klingender Schnalzlaute zuriefen. Als es den größeren, kräftigeren Schwarzen endlich gelang, sie zu vertreiben, zogen sie sich, immer noch ihre Schnalzlaute ausstoßend, in die Savanne zurück.
»Aiii!« schrie Nxumalo aufgebracht, als die kleinen Burschen verschwanden. »Warum überfallen sie uns wie Schakale?«
Der Alte Sucher, der mit den kleinen Menschen im Norden gearbeitet hatte, sagte ruhig: »Weil wir Jagdgründe
durchqueren, die sie als die ihren beanspruchen.«
»Schakale!« schnaubte der Junge, aber er wußte, daß der Alte recht hatte. Am Morgen des fünften Tages erreichte der Zug die Scheide der Weißen Wasser, die spätere Siedler Witwatersrand nennen sollten. Dort hoffte der Alte Sucher
Beweise dafür zu finden, daß es Gold gab. Aber je sorgfältiger er das Land erforschte - es war schön, mit hohen Hügeln, von denen aus Nxumalo meilenweit blicken konnte -, desto enttäuschter wurde er. Hier fehlten die typischen Zeichen, die im Gebiet von Zimbabwe auf Goldvorkommen hinwiesen; es gab kein Gold, und es wurde klar, daß das Unternehmen erfolglos gewesen war. Am Abend ihres letzten Tages auf den Hügeln entdeckte der Alte Sucher jedoch das, worauf er aus war: einen fast vier Meter hohen Ameisenhügel. Er stürzte auf ihn zu, brach ihn mit einem langen Stock auseinander und bohrte in dem feinkörnigen Boden. »Was suchst du?« fragte Nxumalo, und der Alte antwortete: »Gold. Diese Ameisen graben sechzig Meter tief in die Erde, um ihre Gänge anzulegen. Wenn es dort Gold gibt, bringen sie Teilchen an die Oberfläche.« An dieser Stelle gab es keine, und widerwillig mußte der Alte Sucher zugeben, daß er diese lange Reise vergeblich unternommen hatte. »Ich kam nicht, um deinen Vater zu besuchen. Ich kam auch nicht wegen der Rhinozeroshörner. Mein Sohn, wenn du mehrere Ziele hast, geh immer auf das eine los, das sich lohnt. Ich suche Gold, und ich bin überzeugt, daß es hier Gold gibt.«
»Du hast es aber nicht gefunden.«
»Ich hatte das Vergnügen des Jagens. Hast du alles behalten, mein Sohn, was ich dir in den letzten Tagen erzählt habe?« Er führte Nxumalo ein Stück weg von der Stelle, wo seine Träger warteten, und während er von dem vergeblich erstiegenen Bergkamm hinunterblickte auf die endlose Öde, sagte er: »Ich suche nicht das, sondern das, was man mit Gold erreichen kann. Aus der ganzen Welt kommen Menschen nach Zimbabwe. Du kannst dir nicht vorstellen, was für Geschenke sie uns bringen. Viermal machte ich den Weg nach Sofala. Zweimal segelte ich auf den Dhaus in das mächtige Kilwa. Ich sah Dinge, die kein Mensch je vergessen kann. Wenn du suchst, findest du Dinge, die du nie erwartet hättest.«
»Was suchst du?« fragte Nxumalo, ohne eine Antwort zu bekommen.
Die Aufgabe, sechzehn Rhinozeroshörner zu sammeln, erwies sich als viel komplizierter, als Nxumalo ursprünglich angenommen hatte. Nachdem der Alte Sucher gegangen war, um andere Stämme aufzusuchen, die etwas von Goldminen wissen konnten, wandte sich der Junge an seinen Vater: »Ich will die Nashörner jagen.«
»Der alte Schwätzer hat dich also vergiftet?«
Nxumalo blickte auf seine Füße, denn er wollte nicht zugeben, daß er sich von Schmeicheleien und schönen Worten hatte betören lassen. So ging er hin, grub nach Eisen und fand es. Und als er mit den Barren heimkam. bedeuteten sie nicht viel, eigentlich gar nichts.
»Ich will die Stadt sehen«, sagte Nxumalo.
»Und das sollst du. Und wenn du heimkommst, wirst du mir sagen, >es hat nicht sehr viel bedeutete.«
Nxumalos Brüder, die im Kral blieben, wünschten ihm Glück für seine Jagd nach Rhinozeroshörnern, zeigten aber kein Interesse, sich ihm anzuschließen. Der Stamm war seßhaft, mit festen Dörfern, kräftig geflochtenen Hütten und einer gefestigten Landwirtschaft. Die Frauen verstanden es, die Felder zu bebauen, und die Männer, mit dem Vieh umzugehen - und Fettschwanzschafe zu züchten. Ein Bruder befehligte die Metallarbeiter, die Werkzeuge für das Gebiet anfertigten, und ein anderer erwarb sich im Bezirk einen guten Ruf als Kräutersammler und Wahrsager. Die eigentlich beherrschende Figur war jedoch Nxumalo. Da er die alten Künste der Jagd und des Spurenfindens in der Wildnis beherrschte, war er der junge Mann, der die historischen Werte des Stammes am besten bewahrt hatte. Er war der einzige, dem man zutrauen konnte, acht Nashörner zu erlegen und die sechzehn Hörner, die den
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