Verheißene Erde
wehte.
»Das Töten besorgten die anderen«, sagte er, von ihren anmutigen Bewegungen bezaubert.
»Ich blickte ständig nach Osten«, sagte sie. »Ich hatte Angst.« Er faßte nach ihrer Hand, und sie blickten über den See auf die unruhigen Tiere, die zur Mittagstränke kamen; ein paar Antilopen, zwei oder drei Zebras, das war alles. »Wenn es dämmert«, sagte er, »wird es an diesem Ufer von Tieren wimmeln.«
»Sieh doch!« rief sie, als sich ein Flußpferd träge aus dem Wasser erhob, gewaltig gähnte und wieder untertauchte.
»Ich wünschte, die Fremden in den fernen Ländern verlangten Flußpferdzähne anstatt Rhinohörner«, sagte Nxumalo. »Das ließe sich viel leichter machen.«
Zeolani sagte nichts, und nach einer Weile berührte er ihren Rock und platzte heraus: »Wenn ich fort bin, werde ich an diesen Stoff denken.«
»Es ist also wahr? Du bist entschlossen zu gehen?«
»Ja.«
»Der alte Mann redete und redete, und du hast ihm geglaubt?«
»Ich werde gehen. Ich will die Stadt sehen. Aber ich werde zurückkommen.«
Er nahm ihre Hände und erklärte eifrig: »Als ich mit dem Alten Sucher wanderte, kamen wir in ein schönes Land, und ich dachte: Wir werden den See meinen Brüdern überlassen. Zeolani und ich werden uns ein paar gute Jäger suchen, und wir.«
Sie fragte nicht schüchtern »wir?«, denn sie wußte genau, was Nxumalo meinte. Auch sie hatte erwogen, das Dorf zu verlassen und mit ihrem Ehemann ein neues zu gründen. Anstatt zu sprechen, zog sie seine Hand an ihre nackte Brust und flüsterte: »Ich werde auf dich warten, Nxumalo.« Nach der nächsten Jagd, auf der Nxumalo wieder vier Rhinos erlegte, fanden die jungen Liebenden etliche Male Gelegenheit, über ihre unsichere Zukunft zu sprechen. »Kann ich nicht mit dir nach Zimbabwe gehen?« fragte Zeolani.
»So weit! Der Weg ist unsicher. Nein, nein.«
Sie einigten sich auf eine gefahrvolle Lösung, aber ihre Liebe war in so schwindelerregendem Tempo gereift, daß sie bereit waren, die Strafen zu riskieren. Auf Zeolanis Zeichen gingen sie auf verschiedenen Wegen in die Savanne östlich des Dorfes zu einer Stelle, die durch die zwei wie Frauenbrüste geformten Hügel verborgen wurde. Dort liebten sie einander wiederholt, obgleich es das Ende seiner Reise nach Zimbabwe hätte bedeuten können, wenn sie schwanger geworden wäre. In einem solchen Fall hätte der Stamm sie verurteilt, weil sie sich unerlaubt einem Mann hingegeben hatte. Und sie würden beide streng bestraft werden, da bestimmt jeder wußte, wer dieser Mann gewesen sein mußte.
Regelmäßig trafen sie sich zwischen den Hügeln und das Glück war auf ihrer Seite, denn Zeolani wurde nicht schwanger. Statt dessen vertiefte sich ihre Liebe immer mehr, und als der Tag näherkam, an dem Nxumalo mit seinen Hörnern nach Norden gehen mußte, erhielten ihre letzten Verabredungen einen traurigen Beigeschmack, der sich nicht bannen ließ. »Ich werde dir folgen«, sagte das Mädchen, »und wie durch Zufall auch nach Zimbabwe kommen.«
»Nein, das ist Männersache«, sagte der sechzehnjährige Junge. »Ich werde auf dich warten. Du bist der einzige, mit dem ich jemals leben werde.«
Mutig kletterten sie auf einen der Hügel südlich des Dorfes und blickten nach Westen, zu der Stelle, die Nxumalo vor vielen Monaten ausgewählt hatte. »Sie liegt ganz weit dahinten. Es gibt dort einen kleinen Fluß und viele Antilopen. Als ich schlief, hörte ich ein Rascheln und öffnete ein Auge. Es hätte ja ein Feind sein können. Was glaubst du, war es?«
»Affen?«
»Vier Rappenantilopen. Ihre Hörner waren breiter als das«, und als er seine Arme ausbreitete, so weit er konnte, glitt Zeolani hinein, und sie liebten einander zum letztenmal. Tränen traten ihr in die Augen, während ihre schlanken Finger über seine Armmuskeln strichen.
»Wir waren füreinander bestimmt«, sagte sie, »dafür sprachen alle Zeichen.« Sie zählte all die Vorzeichen auf, die sie zueinander gebracht hatten, und beide wußten, daß sie nie im Leben einen anderen Partner finden konnten, der so ihrer Natur entsprach.
»Ich werde auf dich warten«, erklärte das Mädchen, und mit dem Klang dieses kindlichen, leeren Versprechens in den Ohren machte sich Nxumalo auf den Weg.
Die Reise wäre nach dem Geschmack eines jeden jungen Mannes gewesen, sie ging achthundert Kilometer geradeaus nach Norden, mitten durch das Herz Afrikas, über breite Flüsse, auf Wegen, die man mit unzähligen Tieren teilte. Ziel war eine
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