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Verheißene Erde

Verheißene Erde

Titel: Verheißene Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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sagte: »Mir wurde erzählt, es sei von den Ägyptern erbaut worden«, schnaubte er verächtlich: »Niemals! Vielleicht von alttestamentarischen Juden, die von Eilath hinfuhren, oder allenfalls von mächtigen Bauherren aus Sidon oder Arabien.« Nicht einmal in seinen schlimmsten Fieberphantasien konnte er sich vorstellen, daß Schwarze ein Ophir erbaut, seine Bergwerke geschaffen und deren Gold in alle Teile Afrikas verschifft haben könnten.
    Selbst wenn er erlebt hätte, daß einer seiner Kapitäne Sofala erreichte und eine Expedition ins Landesinnere schickte zu der Stadt mit ihren in der Sonne funkelnden Türmen und den stumm auf ihren Brüstungen sitzenden gemeißelten Vögeln -der Infant hätte nie geglaubt, daß Schwarze sie geschaffen hatten. Er hätte sich sogar geweigert, die Tatsachen auch nur zur Kenntnis zu nehmen, denn seiner Meinung nach gab es keine Schwarzen, die imstande waren, einen Staat zu verwalten.
    Es gab dunkelhäutige Moslems, die die christliche Welt bedrohten, und gelbhäutige Chinesen, über die Marco Polo so fesselnd geschrieben hatte, und zartbraune Javaner, die mit allen Handel trieben. Aber es gab keine anderen Schwarzen als die entsetzlichen Wilden, denen seine Kapitäne an der Westküste Afrikas begegnet waren.
    »Die einzigen Menschen, mit denen wir kämpfen«, sagte er seinen Kapitänen, »sind die Moslems, die unsere Welt gefährden. Ihr müßt euch also beeilen, nach Süden zu kommen und das Vorgebirge zu umschiffen, von dem ich weiß, daß es dort liegt, und dann nordwärts zu den Ländern segeln, die unser Erlöser kannte. Wir werden den Ungläubigen gegenübertreten und für Christus eine Welt gewinnen; und eure Soldaten werden sich am Gold Ophirs erfreuen.«
    In jenem November war Infant Heinrich Sechsundsechzig Jahre alt, ein erschöpfter Mann und eine der widersprüchlichsten Gestalten der Geschichte. Er war praktisch nirgendwohin gesegelt, hatte aber seinen Kapitänen ein Vermögen beschafft und das Königreich seines Bruders an den Rand des Bankrotts gebracht, in seinem primitiven Glauben, daß man die gesamte Welt mit Schiffen befahren könne, daß Ophir dort lag, wo die Bibel es andeutete, und daß seine Priester die Welt christianisieren könnten, wenn er seine Schiffe nur nach Indien und China bringen könnte. Heinrich von Portugal war ein Forscher sans égal, denn er wurde nur vorwärtsgetrieben von dem, was er in Büchern las. Aus ihnen leitete er auch all seine großen Vorstellungen ab. Wie traurig, daß seine Kapitäne nicht tatsächlich zu seinen Lebzeiten Sofala erreichten, so daß er ihre Berichte über ein blühendes Zimbabwe hätte lesen können. Hätte er Beweise dieser schwarzen Zivilisation gesehen, hätten sie viele seiner vorgefaßten Meinungen erschüttert, denn er war vor allem ein redlicher Mann. Und hätten die wenigen noch in dem Gebiet verbliebenen Nachzügler das Christentum angenommen, hätte er für sie einen besonderen Platz in seinem Weltbild gefunden. Aber seine Leute hatten Zimbabwe nicht erreicht und keine reale Vorstellung von seiner Existenz.
    Noch trauriger war die Tatsache, daß die Portugiesen, nachdem Vasco da Gama im Jahr 1498 endlich nach Sofala gekommen war, solche Häfen nur als Ziele für Plünderung und als Zugänge zu noch größeren Reichtümern im Landesinneren betrachteten. Um 1512, zweiundfünfzig Jahre nach Heinrichs Tod, begannen portugiesische Händler lebhafte Geschäfte mit den Stämmen, die im Schatten von Groß-Zimbabwe entstanden waren, und ein Priester schrieb einen langen Bericht über seinen Geschäftsverkehr mit dem Vertreter einer Siedlung, der als Anführer von sechzig Schwarzen mit Lasten von Gold, Elfenbein und Kupfer nach Sofala gekommen war, wie es die Bibel vorausgesagt hatte:
    Sein Name war Nxumalo, er war dritter Häuptling einer Stadt, die zu sehen ich nicht das Vorrecht genoß, über die ich ihn aber eingehend befragte. Er war sehr alt, ganz schwarz, sein Haar war von reinstem Weiß. Er sprach wie ein junger Mann und trug weder ein Schmuckstück noch ein Zeichen seiner Würde, außer einem Eisenstab mit Federn an der Spitze. Er schien viele Sprachen zu beherrschen und unterhielt sich eifrig mit allen Als ich ihn aber fragte, ob seine Stadt das alte Ophir sei, lächelte er ausweichend. Ich wußte, daß er versuchte, mich zu täuschen, deshalb blieb ich hartnäckig, und er sagte durch unseren arabischen Dolmetscher: »Das haben mich schon andere gefragt.« Nicht mehr, also drang ich in ihn, und er

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