Verheißene Erde
bringen?«
»Niemals.«
»Dann muß es etwas Kostbares sein, zur langen Erinnerung«, und der Araber legte ihm eine Auswahl von Dingen vor, aus denen Nxumalo sein Geschenk auszuwählen begann, aber als er an den Schmuckstücken vorbeiblickte, sah er die für immer an ihre Bänke geketteten Sklaven, und er war bestürzt.
Als Nxumalo seine Träger Ende 1459 nach Zimbabwe zurückführte, brachte er Güter aus fernen Ländern mit und viele Informationen über die Entwicklungen am Sambesi, wo Sena und Tete zu bedeutenden Handelsstädten wurden. Er brachte Gerüchte aus Gebieten weiter flußaufwärts, wo Salz erhältlich und das Land nicht verbraucht war. Und er barg in seinem Bündel ein Jadehalsband aus China, das er mit dem Alten Sucher nach Süden schickte, der wieder einmal behauptete, dies sei sein letzter Besuch dort. Viele Tage lang traf er in der Zitadelle mit dem König und dem Mhondoro zusammen und besprach mit ihnen die Entwicklungen am Sambesi. Er berichtete alles, was ihm die Araber erzählt hatten, und setzte zu einer leidenschaftlichen Schilderung an, welche Schritte man unternehmen mußte, um Zimbabwe zu schützen und zu vergrößern. Der König unterbrach ihn jedoch mit der erstaunlichen Erklärung: »Wir haben beschlossen, diese Stadt aufzugeben.«
Nxumalo rang nach Luft. »Aber es ist eine herrliche Stadt«, erklärte er, »sogar noch schöner als Kilwa.«
»Sie war es. Kann es aber nicht länger sein.« Der König blieb unnachgiebig bei seiner Entscheidung, daß Groß-Zimbabwe, wie es damals und auch weiterhin genannt wurde, dem Dschungel anheimgegeben werden müsse, da eine weitere Benützung des Ortes nicht mehr sinnvoll war. Während er seine traurige Entscheidung wiederholte, blickten die drei Männer hinunter auf die schönste Stadt südlich von Ägypten, eine geschickte Verbindung von Grundstücken mit Granitmauern und Häusern aus Adobeziegeln; auf eine Stadt, in der elftausend Arbeiter sich eines guten, zivilisierten Lebens erfreuten. Es war ein Ort des ständigen Friedens, großen Reichtums weniger und bescheidenen Wohlstands aller. Sein Fehler war jedoch, daß es seine Energie hauptsächlich für die Suche nach Gold verbraucht und sein daraus resultierendes Einkommen für Gepränge aufgewendet hatte. Man hatte klare Anzeichen für eine Schädigung der Umwelt durch die Menschenmenge in der Hauptstadt ignoriert; das heikle Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur war empfindlich gestört worden. Seine wirtschaftliche Stabilität hatte zwar den arabischen und indischen Fürsten gefallen, als aber nun seine natürlichen Hilfsmittel versiegten, war es dem Untergang geweiht. Die langen Reihen von Sklaven, die kostbare Waren herbeibrachten, hatten nichts zur Erhaltung der Stadt selbst getan, und so mußte sie auf dem Höhepunkt ihrer Blüte aufgegeben werden. Niemanden traf dieser Entschluß härter als Nxumalo, denn er hatte sich in jener Nacht auf der Dhau dem Fortbestand dieser Stadt verpflichtet. Doch an jenem Tag, an dem er zurückkehrte, um sein Versprechen zu erfüllen, wurde ihm mitgeteilt, daß die Stadt nicht weiterbestehen würde. Zwei Wochen lang war er untröstlich, dann kam ihm der Gedanke, daß ein wertvoller Mann sich nicht einer bestimmten Sache widmet, die ihn anzieht, sondern allen Aufgaben; und er gelobte, daß er zu gegebener Zeit diese Stadt an einem anderen Ort gründen, all seine Kräfte diesem Bestreben widmen und, mit Hlengas Hilfe, die neue Stadt noch besser machen würde als die alte.
Es ist schwierig, fünfhundert Jahre nach dem Ereignis in Worte zu fassen, welche Gedanken die Menschen bewegten, die entschieden, Zimbabwe aufzugeben. Da aber dieses Ereignis für die Geschichte Südafrikas von so entscheidender Bedeutung war, muß man es versuchen, ohne die Tatsachen aufzubauschen oder herunterzuspielen. Der König war nicht Karl der Große, er kannte weder Bibliotheken noch Währungssysteme, aber er besaß erstaunlichen Sinn dafür, wie man ein weit ausgedehntes Land funktionstüchtig erhält. Und wenn er von Armeen und Kriegskunst nichts verstand, dann nur, weil er während seiner langen Regierungszeit den Frieden in seinem Land bewahrte. Er beherrschte nur eine Sprache, die nie aufgeschrieben worden war, er hatte keinen Hofmaler, der ihn für fremde Herrscher porträtierte. Doch er verstand es, Zimbabwe schön zu erhalten; was er in der Zitadelle hinzufügte, war lobenswert. Er war ein Herrscher. Der Mhondoro war sicherlich kein Thomas von Aquin, der über die
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