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Verheißene Erde

Verheißene Erde

Titel: Verheißene Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Rassenmischung kam, hätte jeder Soldat und jeder Matrose schon mit heruntergelassener Hose an Land kommen, sich sofort an die Arbeit machen müssen und nicht aufhören dürfen, bis der Bootsmann ihn wieder auf das Schiff zurückpfiff. Ein Phänomen, das Sie infolge Ihrer niederländischen Abstammung vielleicht erwartet haben, ich aber bestimmt nicht, ist der unerschütterliche Glaube des Afrikanders, daß Gott persönlich seinen Staat und dessen Traditionen geschaffen hat. Ich kann nicht sagen, wie entsetzt ich war, als ich neulich ein Managementproblem mit zwei Absolventen der Universität erörterte und hören mußte, wie sie mir sagten: »Aber Gott will, daß wir es so machen. Er hat zu diesem Zweck einen Bund mit uns geschlossen.« jeder Premierminister, der sein Amt antritt, versichert dem Volk, daß er die Nation auf dem von Gott vorgezeichneten Weg führen wird. Die Schüler lernen in der Schule, daß Gott die Apartheid erfunden hat, und ich hörte sogar, wie ein Rugbyfan sagte, daß Gott die Siege Südafrikas ermögliche, weil Er wünsche, daß Sein auserwähltes Volk triumphiert. Jeder Außenstehende, der den Einfluß dieses Glaubens in der südafrikanischen Politik unterschätzt, geht am Kern der Sache vorbei. Von den vier Dutzend Afrikandern, die ich gut kenne, glauben siebenundvierzig aufrichtig, daß Gott sie beauftragt hat, in diesem Land zu bleiben, es genau so zu verwalten, wie sie es jetzt tun, und es gegen die Schwarzen und die Kommunisten zu verteidigen. Ich habe nie erlebt, daß ein Amerikaner so sicher gewesen wäre, daß Gott höchstpersönlich sich um die amerikanischen Interessen kümmert, was Er natürlich tut.
    Wie die meisten Amerikaner verstehe ich wenig von Religion, aber hier kann man sie nicht übersehen, sie beherrscht die Regierung und sanktioniert alles, was die an der Macht befindliche politische Partei beschließt. Sind Presbyterianer nicht auch Calvinisten? Ich kann mich nicht erinnern, daß sie sich zu Hause so benommen hätten. Die holländischen Calvinisten haben die südafrikanische Kirche abgelehnt, wissen Sie, und vor kurzem kam ein berühmter Theologe aus Holland hierher und versuchte, die Kluft zu überbrücken. Ich war bei seinem Vortrag anwesend, bei dem er sagte, Calvin hätte zum Problem der Regierung eine ganz bestimmte Ansicht; er zitierte Calvin in dem Sinn, daß alle Menschen sicherlich der Obrigkeit unterstehen, die sie regiert, aber nur insoweit, als die Obrigkeit die grundlegenden Vorschriften Gottes befolgt. Tut sie das nicht, so sollten die Bürger ihr keinerlei Beachtung schenken und sich auch nicht durch das Ansehen allzu sehr beeindrucken lassen, das die Regierenden aufgrund ihrer Position besitzen. Der Besucher ging nicht soweit, eine Revolution zu verlangen, aber sicherlich verlangte er eine neue Bewertung der Regierungspolitik.
    Jeder vernünftige Afrikander, Engländer und Schwarze, den ich kennengelernt habe, weiß, daß große Änderungen erfolgen müssen, und sie wissen auch, welche. Aber ungefähr fünfundachtzig    Prozent    der    ländlichen
    Afrikanderbevölkerung würde lieber sterben, als auch nur eine dieser Änderungen zu akzeptieren, und ihre reaktionären Führer, Laien wie Geistliche, bestärken sie darin, daß sie recht haben. Es ist eine wahre Tragödie, daß die klugen Köpfe allgemein dazu bereit sind, diese Änderungen jetzt durchzuführen, aber trotzdem nichts geschieht. Wenn man sie aber in zehn Jahren widerwillig, unter Androhung von Gewalt zugesteht, werden sie nicht mehr genügen. Bei jedem Gespräch, das ich führe, höre ich, wie Vergleiche mit Rhodesien gezogen werden. Dort hätten die Weißen vor zehn Jahren gewisse Konzessionen machen sollen, weigerten sich aber. Als sie dann dazu bereit waren, gaben sich die Schwarzen damit nicht mehr zufrieden.
    Mir scheint, es gibt vier Alternativen. Erstens eine friedliche, allmähliche Umwandlung in einen modernen Mehrvölkerstaat. Die verstockten Weißen sagen, das werden sie nie zulassen. Zweitens eine Revolution der Schwarzen, die die Weißen aus ihrer Machtposition und vielleicht aus ganz Afrika hinausfegt. Dazu scheinen die Schwarzen noch nicht fähig zu sein. Drittens Fortbestand der weißen Herrschaft mit immer mehr Unterdrückungsmaßnahmen, wenn die benachbarten schwarzen Staaten mächtig genug werden, um die Infiltration von Guerillakämpfern zu unterstützen. Der jetzige Staat wird zu einem laager, in dem sich die Weißen gegen ganz Schwarzafrika verteidigen. Die

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