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Verheißene Erde

Verheißene Erde

Titel: Verheißene Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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knieten nieder, und Karel bat um göttliche Führung. Gott hatte die Israeliten durch solche dunklen Zeiten geführt und Er würde die Holländer führen. Aber es kam keine Belehrung.
    Da entsann sich Willem undeutlich der Passagen, in denen Abraham vor schweren Entscheidungen gestanden hatte, und suchte intensiv in den Kapiteln der Genesis; nach einer Weile stieß er auf die Stellen, in denen Gott selbst, nicht Abraham, die Menschen über die Schritte belehrte, die sie tun mußten, um ihre Identität in einem fremden Land zu wahren:
    Das ist aber mein Bund, den ihr halten sollt zwischen mir und euch und einem Samen nach dir: Alles, was männlich ist unter euch, soll beschnitten werden. desgleichen auch alles Gesinde, das daheim geboren oder erkauft ist.
    Da nahm Abraham. alle Knechte, die daheim geboren, und alle, die erkauft, und alles, was männlich war in seinem Hause, und beschnitt die Vorhaut an ihrem Fleisch ebendesselben Tages, wie ihm Gott gesagt hatte.
    »Hier steht, was wir wissen wollen!« rief Willem, und in dem flackernden Licht blickten ihm die beiden Männer, die für diese kleine Ansiedlung verantwortlich waren, über die Schulter, um die Rechtfertigung für das zu finden, was er vorschlagen sollte. Van Riebeeck war entzückt: »Es ist ganz klar.
    Ihr Bund war die Beschneidung, und Gott befahl, daß auch die Sklaven beschnitten werden sollten. Unser Bund ist die
    Taufe, und Er befiehlt, daß auch unsere Sklaven getauft werden sollen.« Er war so erleichtert, daß er rief: »Kommissar, wir müssen sofort an Bord des Schiffes gehen und die Kinder von Dr. Grotius taufen lassen.« Als van Doorn wegen der späten Stunde Einspruch erhob, wies van Riebeeck mit dem Finger auf die Bibel und rief: »Hat nicht Gott befohlen, es müsse an ebendemselben Tage getan werden?«
    Karel studierte sorgfältig die Bibel, und als er die Worte »ebendesselben Tages« las, wußte er, daß diese Kinder noch vor Mitternacht getauft werden mußten. »Ich glaube, wir sollten uns für Gottes Führung bedanken«, sagte er, und die drei Männer knieten noch einmal nieder. Sie wanderten mit Laternen durch die dunkle Nacht und trugen ihre Bibel an den Strand, weckten die Bootsleute und fuhren zur »Groote Hoorn«, wo sie Dr. Grotius holen ließen. »Herr Pastor«, rief Karel, als der Geistliche in seinem Nachtgewand erschien, »Gott hat gesprochen!« Und sie legten ihm den Text vor.
    Dr. Grotius studierte lange den Bibeltext und dachte nach. Schließlich wandte er sich an seine Besucher und sagte: »Mijnheeren, ich hatte unrecht. Können wir beten?« So knieten sie zum dritten Mal nieder, während Dr. Grotius, die Hände fest auf die Bibel gelegt, Gott für Sein Eingreifen dankte und um weitere Führung bat. Willem bemerkte, daß der Doktor bei jedem Punkt des Gesprächs lang verweilte; als dann van Riebeeck vorschlug, zur Küste zu fahren und die Kinder zu holen, damit sie noch vor Ablauf des Tages getauft würden, sagte Grotius fast triumphierend: »Dieser Tag ist nun vorbei. Wir werden den Taufgottesdienst abhalten, bevor der neue Tag zu Ende geht.«
    Damit schlug er die Bibel zu. Dabei verfing sich eine Ecke des Tuches, auf dem sie gelegen hatte, in den Blättern, und er schlug die Seite auf, um das Tuch loszumachen. Es war die Seite, auf der Willem die Geburtsdaten seines Erstgeborenen verzeichnet hatte: »Sohn Adam van Doorn, geboren am 1. November 1655.«
    »Haben Sie einen Sohn?« fragte Dr. Grotius. »Ja«, sagte Willem offen.
    »Aber.« Es folgte ein peinliches Schweigen. Dann fragte der Pastor: »Sollte das dunkelhäutige Kind nicht auf den Namen Adam getauft werden?«
    »Er ist mein Sohn.«
    Das schreckliche Geständnis, daß der Bruder eines hochangesehenen Kaufmanns, der für die »Siebzehn Herren« als Kommissar fungierte, mit einem heidnischen Sklavenmädchen verkehrt hatte, verschlug Dr. Grotius und Karel die Sprache. Zweimal versuchte der erstere Worte der Verdammung zu formulieren: »Sie. Sie.« Aber es fiel ihm nichts Passendes ein. Er hatte nie im Osten gedient und hatte wenig Verständnis für die Gier und die Ängste der Holländer. Karel jedoch kannte Java und die Leiden, die entstehen konnten, wenn vielversprechende Männer sich mit eingeborenen Frauen verbanden.
    »Mein Gott!« rief er plötzlich. Erschrocken blickte er Dr. Grotius an, wies mit der Schulter auf eine andere Kajüte und rief: »Sie ist dort drinnen.«
    »Du meine Güte!«
    Karel drehte sich jäh um, blickte seinem Bruder ins Gesicht und

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