Verheißene Erde
erklärte Karel, worauf der Prediger sich wieder verneigte. Sobald Dr. Grotius sich überzeugt hatte, daß die Sklavin, die Leopold van Valck heiraten wollte, den christlichen Katechismus verstand und bereit war, dem heidnischen Islam abzuschwören, vollzog er die Hochzeit ohne größere Schwierigkeiten. Als jedoch die Kinder getauft werden sollten, entstand ein echter Konflikt, und Kommissar van Doorn sah van Riebeeck, der bisher so unterwürfig gewesen war, in einem ganz anderen Licht. Die Taufe der weißen Kinder stellte kein Problem dar, da ihre Eltern Jesus Christus und die Dogmen der Kirche der holländischen Niederlande anerkannten; als aber die Sklavin Deborah, die keinen Ehemann hatte, ihren dunkelhäutigen Sohn Adam zur Taufe brachte, verweigerte sie ihr Dr. Grotius mit den strengen Worten: »Kinder, die unehelich geboren wurden, können auf keinen Fall getauft werden. Das verletzt die Heiligkeit des Sakraments.«
Kornelia, eine egozentrische Frau, hatte kein Interesse an theologischen Disputen und verlangte, an Bord des Schiffes gebracht zu werden. Kaum war sie fort, erklärte van Riebeeck: »Herr Pastor, wir leben am Rand der Wildnis. Wenige einsame Menschen. Nach sechs Jahren sind wir nur einhundertsechsundsechzig. Und nur neun Frauen. Wir brauchen diese Sklavenkinder. Bitte, taufen Sie sie.«
»Die Traditionen der Bibel dürfen nicht mißachtet werden«, donnerte Grotius, »bloß weil dieser Ort eine Wildnis ist. Hier ist es noch wichtiger, die Vorschriften zu befolgen, als in einer zivilisierten Umgebung, sonst verfallen wir alle der Verdammnis.« Er weigerte sich, von seinem Standpunkt abzugehen, und die Zeremonie wurde abgebrochen.
Dr. Grotius eilte hastig zum Schiff. Er war nicht bereit, in einem Fort zu bleiben, in dem es solche Entweihungen gab. Deborah zeigte keinerlei Kummer. Ihr ernstes, ruhiges Gesicht blieb unberührt von dem Sturm, den sie verursacht hatte, denn es war nicht ihre Idee gewesen, ihren Sohn taufen zu lassen. Willem war bestürzt und dachte einen Augenblick daran, zu enthüllen, daß es sein Kind war und er auf einer Taufe bestand. Jan van Riebeeck war ebenso unnachgiebig wie Dr. Grotius, nur wollte er unbedingt, daß Sklavenkinder zum Vorteil seiner kleinen Siedlung getauft werden sollten. Und Kommissar van Doorn, der spürte, daß er früher oder später aufgefordert werden würde, diese verfahrene Situation zu klären, war moralisch beunruhigt. Er war bestrebt, das Richtige zu tun. Er wollte ein guter christlicher Patriarch sein, und als die anderen fort waren, betete er. An diesem Abend diskutierten van Riebeeck und Willem beim Souper mit ihm darüber, was bezüglich der Taufe geschehen sollte, und van Riebeeck forderte nochmals, daß seinem Ersuchen stattgegeben werden solle: »Wir sind eine Kompanie, Mijnheer van Doorn, und keine Kirche. Sie und ich haben zu bestimmen, was am Kap geschieht, nicht irgendein Prediger. Auf Java, wie Sie wissen.« Wann immer ein Holländer dieses magische Wort sagte, verweilte er dabei: Jaaa-va, als ob es geheimnisvolle Kräfte besäße.
Was immer auf Jaaa-va geschehen war, mußte richtig sein. »Auf Java, wie Sie wissen, tauften wir die Kinder von Sklaven und zogen sie als gute Christen auf. Sie halfen uns dabei, die Kompanie zu verwalten.«
»Ich möchte einem Doktor der Theologie nicht widersprechen.«
»Sie müssen!« donnerte van Riebeeck. Plötzlich wirkte er größer. »Wenn er aber nach Amsterdam zurückschreibt, daß wir die Bibel entweiht haben.«
Van Riebeeck schlug auf den Tisch. »Die Bibel sagt.« Nach diesen Worten gingen die drei Männer zu Willems Hütte, um die Bibel zu Rate zu ziehen, die er von der »Haerlem« gerettet hatte. Er öffnete die Bronzeverschlüsse, schlug den schweren Deckel auf und reichte das Buch seinem Bruder, der ehrfürchtig die Seiten umblätterte und die erhabenen Stellen suchte, an denen Abraham die Gesetze für sein Volk niedergelegt hatte, das in einem neuen Land lebte. Genauso, wie die van Doorns und van Riebeecks für ihre Gefolgsleute in diesem riesigen neuen Territorium Prinzipien aufzustellen hatten.
Bei Kerzenlicht suchten sie die Stellen, fanden aber keine Hilfe. Karel, der sich für die Beilegung dieses Zwistes verantwortlich fühlte, blätterte die Bibel mehr als einmal durch, las gelegentlich eine Stelle vor, die sich auf ihre Anwesenheit in der Wildnis zu beziehen schien, verwarf sie aber wieder. Die Männer waren ratlos.
»Sollten wir nicht beten?« fragte er, und die drei
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