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Verheißenes Land

Verheißenes Land

Titel: Verheißenes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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völlig unmöglich gemacht, in den Zelten zu übernachten.
    »Mein Gott, mir tut jeder Knochen im Leib weh. Sogar die, von denen ich bisher gar nicht wusste, dass ich sie habe«, stöhnte Emily, als sie sich aufsetzte. Sie bewegte sich vorsichtig, nicht nur, um die schmerzenden Glieder zu schonen, sondern auch, um in der engen Dunkelheit ihres Wagens niemandem einen Stoß zu versetzen.
    Brendan rieb sich seinen steifen Nacken und klagte: »Das wird heute eine wahre Freude werden, die Ochsen unter das Joch und an die Deichsel zu bekommen.«
    Éanna und Liam erging es nicht anders. Auch sie fühlten sich völlig zerschlagen. Sich zu viert in den Wagen zu drängen und in verkrümmter Haltung auf den Säcken und Proviantkisten zu schlafen, war fast so schlimm gewesen wie die Nächte im Zwischendeck des Auswandererschiffes, das sie nach Amerika gebracht hatte. Wirklich geruhsamen Schlaf hatte keiner von ihnen gefunden und sie alle mussten sich sehr zusammenreißen, um sich dennoch an die morgendliche Arbeit zu machen.
    Der Sturm hatte sich in den späten Nachtstunden gelegt und es regnete auch nicht mehr. Aber der Boden war von den Wassermassen, die vom Himmel gestürzt waren, völlig durchweicht. Und wer am Abend sein Brennholz nicht rechtzeitig ins Trockene gebracht hatte, bei dem fiel das Frühstück an diesem Morgen äußerst karg aus. Als das größte Übel wurde jedoch allgemein erachtet, dass es keinen starken Kaffee gab, um die Lebensgeister zu wecken.
    Unter einem grau verhangenen Himmel ging es schließlich wieder auf den Trail. An diesem Tag kam der Wagenzug noch langsamer voran als sonst. Die Overlander waren erschöpft von der unerwarteten Arbeit des Abends und völlig gerädert von der unruhigen Nacht. Zudem sanken die voll beladenen Wagen mit ihren Rädern tief in den Boden ein und die nasse Erde klebte in dicken, schweren Klumpen an den Stiefeln. In gedrückter Stimmung und ungewöhnlich still mühte sich der Wagenzug auf breiter Front über die Prärie. Allein die Aussicht, am nächsten Tag hoffentlich das Fort Kearny zu erreichen, brachte sie über den mühsamen Tag.
    Éanna hielt sich an diesem Morgen abseits von ihren Freunden. Ihr war nicht einmal danach, mit Emily zu reden. Unter dem Vorwand, nach Brennholz Ausschau zu halten, streifte sie abseits vom Wagenzug durch das Gelände. Sie wusste, dass sie kaum mehr als hier und da ein Stöckchen finden würde, denn Feuerholz war auf der fast baumlosen Prärie mittlerweile zu einer kostbaren Rarität geworden. Nur an den Ufern der Flüsse stieß man gelegentlich noch auf einige Baumgruppen und hohes Gesträuch, das für ein Kochfeuer taugte.
    Sie brauchte jedoch Ruhe und Zeit für sich, um über ihre Gefühle zu Brendan und vor allem zu Patrick nachzudenken. Während sie durch den Matsch stapfte, ging ihr vieles durch den Kopf. Insbesondere beschäftigte sie das, was gestern Abend zwischen ihr und Patrick geschehen war. Ihre gefestigte Welt war wieder einmal durcheinandergewirbelt worden, als sie in Patricks Armen gelegen und gehört hatte, was er zu ihr gesagt hatte. Bedrückt grübelte sie darüber nach, warum sie immer noch nicht in der Lage war, sich über ihre Gefühle im Klaren zu werden. Sie konnte doch unmöglich zwei Menschen lieben! Was war nur mit ihr los, dass sie immer wieder Zweifel bekam, wem sie ihr Herz schenken sollte? Sie wünschte es sich so sehr, wie Emily völlig sicher zu wissen, zu wem sie gehörte und wem ihre bedingungslose Liebe galt.
    Doch sosehr Éanna sich auch bemühte, Gewissheit zu erlangen, sie kam einfach keinen Schritt weiter. Und schließlich gab sie es auf, sich weiter damit zu quälen, und trottete mit ihrer kargen Ausbeute zu den anderen zurück. Als sie sich zu Emily gesellte, die hinter dem Wagen herlief, warf ihr die Freundin zwar einen forschenden Blick zu, doch sie fragte nicht nach. Éanna war ihr dankbar dafür, denn nicht einmal Emily gegenüber wollte sie schildern, was sie tief in ihrem Inneren aufwühlte.
    Tags darauf erreichten sie den Platte River, der sich tadellos in die flache Landschaft einordnete. Nach ihren bisherigen Erfahrungen auf dem Treck waren die Overlander erstaunt, dass der Fluss ein breites, schlammiges Band war, das sich von den Rocky Mountains her kommend in trägen, weiten Kurven bis zum Missouri zog. Und er erstreckte sich über die unglaubliche Breite von einer guten Meile.
    So beeindruckend seine enorme Breite war, so außergewöhnlich war auch seine geringe Tiefe, denn das Wasser

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