Verheißenes Land
nicht der Sinn danach«, sagte sie verärgert. »Was übrigens auch damit zu tun hat, dass du offenbar schon seit Langem nichts anderes mehr im Kopf hast als diese Goldfelder! Du hast wohl völlig vergessen, warum wir nach Westen ziehen wollten und was wir uns in New York vorgenommen haben!«
»Mein Gott, ja! Der Traum von einem eigenen Hof und einem kleinen Stück Land«, sagte Brendan unter gequältem Aufstöhnen und aus seinem Mund klang dieser Traum, den er einst mit ihr geteilt hatte, bedeutungslos, ja fast bemitleidenswert. »Dafür ist doch später noch Zeit genug. Außerdem brauchen wir uns vielleicht gar nicht auf einem mickrigen Hof abzuschuften, sondern können uns etwas viel Besseres leisten, wenn wir zu den Goldfeldern gehen und da unser Glück machen.«
»So, jetzt ist also plötzlich alles mickrig, wovon wir einmal geträumt haben«, stellte Éanna gekränkt fest. »Dann sag mir doch mal, was deiner Meinung nach so viel besser ist als ein eigener Hof! Kannst du mir das sagen? Oder reichen deine Gedanken nur bis zum nächsten Geschäft für Goldgräberausrüstung?«
»Jetzt nimm doch nicht alles so genau. So hab ich das gar nicht gemeint«, druckste Brendan herum.
Doch Éanna dachte nicht daran, es ihm so leicht zu machen. »Worte haben es nun mal an sich, dass sie verraten, was jemand denkt – vor allem, wenn sie einem so unbedacht herausrutschen wie dir gerade!«
»Ich meinte ja nur, dass wir uns vielleicht ein richtiges Haus in der Stadt leisten und irgendeinen Laden aufmachen können, wenn wir Glück beim Goldschürfen haben.«
Éanna lachte im Dunkel des Zeltes bitter auf. »Irgendeinen Laden! Na, das sind ja wohlüberlegte Pläne. Und außerdem ist für mich auch ein Farmhaus ein richtiges Haus, Brendan Flynn! Ich will überhaupt nicht in der Stadt leben. Ganz abgesehen davon, dass du erst einmal so viel Gold finden musst, dass es für ein Stadthaus reicht!«
Brendan hatte offenbar wirklich noch keine genaueren Vorstellungen, denn er erwiderte ausweichend: »Mein Gott, darüber müssen wir uns doch jetzt noch nicht den Kopf zerbrechen. Irgendetwas, das gut Geld bringt, wird sich mit dem richtigen Startkapital schon finden lassen.«
»Dann such du mal nur schön weiter«, sagte sie sarkastisch. »Aber auf die Goldfelder oder in die Stadt ziehen kannst du ohne mich, hast du das endlich verstanden? Ich weiß, wofür ich all das hier auf mich nehme! Und ich halte an meinem Traum von einem eigenen Hof fest, egal welche Spinnereien dir noch einfallen!« Damit warf sie sich herum und wandte ihm den Rücken zu.
»Ich verstehe dich nicht mehr, Éanna«, sagte er mit bitterer Traurigkeit in der Stimme. »Früher bist du ganz anders gewesen, nicht so zänkisch und starrköpfig. Aber seit wir auf dem Trail sind, kann ich dir offenbar nichts mehr recht machen.«
»Komisch, aber dasselbe kann ich auch von dir sagen«, gab Éanna spitz zurück und biss sich in dem bedrückenden Schweigen, das ihrem letzten Wortwechsel folgte, auf die Lippen, um das Schluchzen zu unterdrücken, das ihr plötzlich in die Kehle stieg. Stattdessen weinte sie stumm.
Dreißigstes Kapitel
Am Morgen ihrer Hochzeit trugen Emily und Liam die besten Sachen, die sich in ihrer Kleiderkiste finden ließen. Das bedeutete zwar bei ihren bescheidenen Verhältnissen nicht viel, doch auch das prächtigste Brautkleid und der feinste Anzug hätten die beiden nicht schöner und schon gar nicht glücklicher aussehen lassen können. Sie traten in den Innenhof, in dem die gesamte Gemeinschaft des Wagenzugs versammelt war, dazu der Kommandant sowie eine große Zahl seiner Soldaten und sogar einige Indianer.
Mit einer Mischung aus Stolz, seliger Freude und Verlegenheit stand Liam an der Seite seiner Braut und wusste gar nicht, wo er seine Hände lassen sollte. Er hatte sich eine weiße Hemdbrust, einen steifen Kragen und ein blaues Krawattentuch zusammengeliehen und der Glanz auf seinen lange und hingebungsvoll polierten Stiefeln ließ vergessen, wie rissig und abgelaufen das Leder schon war. Und alle waren sich später darin einig, dass Emily in ihrem langen taubengrauen Kleid mit dem v-förmig geknöpften Oberteil, dem um den Hals gebundenen und herrlich schimmernden Seidentuch, das Agnes Russell ihr zum Geschenk gemacht hatte, sowie dem geflochtenen Blumenkranz im Haar wie eine Prärieprinzessin ausgesehen hatte. Ähnliche Komplimente wurden auch Rebecca und James gemacht, dem anderen Hochzeitspaar.
Der Jesuitenmissionar, ein
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