Verheißenes Land
sahen sie den Indianer hinter sich.
Am Abend schlug er wie sie sein Lager auf und auch am nächsten Morgen brach er mit ihnen auf, wobei er noch immer eine gute Meile Abstand zu ihnen hielt.
Brendan musste sich einiges an Spott gefallen lassen. Aber es half nichts, dass er zu ihm ritt und ihm noch einmal zu verstehen gab, dass er sich den Kauf von Éanna aus dem Kopf schlagen sollte. Schwarzer Biber blieb auch den zweiten Tag lang beharrlich in ihrer Spur.
»Jetzt sieh zu, wie du aus dem Schlamassel wieder herauskommst, den du dir mit deinem Blödsinn eingebrockt hast«, sagte Éanna, obwohl er ihr mittlerweile fast leidtat. Denn zu dem Spott, den er sich anhören musste, gesellten sich nun erste besorgte Stimmen, der Sioux könne sich in seiner Ehre verletzt fühlen, weil Brendan in seinen Augen sein Wort gebrochen hatte, und in irgendeiner Weise auf Vergeltung sinnen.
Als Schwarzer Biber auch am Morgen des dritten Tages mit seinen sechs Ponys geduldig hinter ihnen hertrabte, hielt Peer Erickson den Zeitpunkt für gekommen, der untragbaren Situation ein Ende zu bereiten.
»So geht das nicht weiter, Brendan! Wir müssen sehen, dass der Sioux endlich aufhört, uns zu folgen«, teilte er ihm entschlossen mit. »Aber wir müssen uns gütlich von ihm trennen. Also lass uns zu ihm reiten und anhören, was er dafür verlangt, dass er uns fortan in Ruhe lässt.«
Gemeinsam ritten die beiden Männer zu dem Indianer und kehrten nach einem gut halbstündigen Palaver zum Wagenzug zurück. Brendan hatte eine grimmige Miene aufgesetzt, denn Schwarzer Biber wollte sich für den Wortbruch mit zwei Decken, einem guten Messer und einem dicken Beutel Tabak entschädigen lassen. Und da Brendan selbst nicht rauchte, musste er sich den Tabak von den anderen Männern zusammenbetteln. Die Larkin-Brüder bewiesen ihre Freundschaft, indem sie ihm gut die Hälfte des verlangten Tabaks gaben, und sie überließen ihm auch eine ihrer Decken. Das Messer steuerte Peer Erickson bei und Winston Talbot die zweite Decke. Mit hochrotem Kopf ritt Brendan aus dem Lager und brachte dem Sioux, was er als Wiedergutmachung für seine verletzte Ehre verlangt hatte. Nun endlich machte er kehrt und verschwand am nordöstlichen Horizont.
»Dahin ist die einmalige Gelegenheit, die Squaw eines tapferen und noch dazu recht ansehnlichen Siouxkriegers zu werden«, sagte Emily mit freundschaftlichem Spott zu Éanna, als Schwarzer Biber außer Sichtweite war.
»Ich habe der Versuchung auch nur mit allergrößter Mühe widerstehen können«, erwiderte Éanna trocken. Sie grinste Emily an, doch zu größeren Scherzen war sie in diesen Tagen nicht aufgelegt.
Sie hatte ihrer Freundin gleich am ersten Tag nach dem Fest berichtet, dass es in deren Hochzeitsnacht zum stillschweigenden Bruch zwischen ihr und Brendan gekommen war. Kurz vor der Nachtruhe wurde die Trennung auch für die anderen offensichtlich, da sie nun nicht mehr das Zelt mit Brendan teilte. Winston Talbot hatte darauf bestanden, ihr sein Zelt zu überlassen, und versichert, dass es ihm nichts ausmache, fortan zusammen mit seinem russischen Gefährten im Wagen zu schlafen.
»Ihr habt gut daran getan, endlich einzusehen, dass ihr doch unterschiedlicher seid, als ihr anfangs angenommen habt«, sagte Emily, als sie zur Mittagspause haltgemacht und sie sich etwas abseits von den anderen gesetzt hatten.
»Es schmerzt so sehr, dass es dazu gekommen ist«, gestand Éanna bedrückt. »Ich habe immer geglaubt, dass Brendan der richtige Mann für mich ist, Emily. Was haben wir nicht alles gemeinsam erlebt und durchlitten.«
»Ich vermute mal, dass genau darin der Irrtum steckt, dem du aufgesessen bist!«
Éanna runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
»Nun, ist denn nicht natürlich, dass man sich verbunden fühlt und aneinander festhält, wenn man zusammen eine schreckliche Zeit der Not und des Hungers durchlitten hat?«, fragte ihre Freundin zurück.
»Du glaubst also, dass es das gemeinsame Elend war und nicht Liebe, was uns verbunden hat?«
»So in der Art«, sagte Emily. »Natürlich habt ihr eine große Zuneigung füreinander entwickelt, das will ich gar nicht in Abrede stellen. Du bist nach dem schrecklichen Tod deiner Familie und Verwandten einsam gewesen und warst genauso anfällig für jedes bisschen menschlicher Wärme und Zuneigung wie Brendan. Ich weiß das, denn mir ist es ja nicht anders ergangen. Auch ich habe mich wie ein verlorener Vogel ohne Nest und ohne Fürsorge gefühlt. Und
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