Verheißenes Land
für einen Tag zu vergessen, und begannen sofort mit den Vorbereitungen.
Während die Kinder aufgeregt loszogen, um Wildblumen für die Brautkränze zu pflücken, machten sich die Männer Gedanken über das Festprogramm und planten Spiele und Musikstücke. Auf die Frauen hingegen wartete eine Menge Arbeit, der sie sich jedoch mit großem Vergnügen und noch mehr Ehrgeiz widmeten. Es galt, eine ausreichend große Menge an Kuchen und Gebäck zu backen sowie sich Rezepte für andere Leckereien auszudenken, die sie mit ihren Vorräten zubereiten konnten. Darin bestand bei dem Wenigen, das sie mitführten, die größte Herausforderung. Jede unter ihnen wollte zeigen, zu welch hervorragenden Koch- und Backkünsten sie trotz der widrigen Umstände und arg begrenzten Mittel fähig war. An den Lagerfeuern entbrannte ein wahrer Wettstreit beim Backen und Kochen, und was an kostbar raren Zutaten wie Sirup, Trockenfrüchten oder Zuckerwerk bislang gut unter Verschluss gehalten worden war, kam nun zutage. Bis spät in die Nacht brannten die Feuer und die herrlichen Düfte, die durch das Lager zogen, ließen schon jetzt allen das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Als die Vorbereitungen abgeschlossen waren, stimmten sich die Männer und Frauen des Zugs auf das bevorstehende Fest ein. Es wurde musiziert und so manche Flasche Bier, Brandy und Rum, nicht wenige teuer im General Store gekauft, machten dabei die Runde.
Brendan saß wieder einmal lange mit den Larkin-Brüdern und einigen anderen zusammen. Bei ihren Gesprächen drehte es sich wie schon so oft um die Goldfelder und darum, welche Methode des Schürfens wohl die ertragreichste war. Allerlei hochgesteckte Erwartungen machten die Runde. Da war die Rede von faustdicken Goldklumpen, die jemand mitten in einem Bachbett gefunden hatte, und Minenstollen, deren Wände mit einem Geflecht von goldenen Adern durchzogen waren. Das Goldfieber hatte die Männer schon jetzt gepackt, kaum dass sie die Hälfte der Strecke zur Westküste bewältigt hatten.
Éanna hielt sich von ihnen fern, konnte sie doch das ständige Gerede von Gold und all dem Reichtum, der dort jedem im Handumdrehen winken sollte, nicht mehr hören. Ihr reichte es, dass Brendan auf dem Trail immer wieder davon anfing. Ständig versuchte er, sie dazu zu überreden, bei ihrer Ankunft in Kalifornien sofort unter die Goldgräber zu gehen. Éanna fiel nichts mehr ein, womit sie ihn von dieser Idee abbringen konnte. All ihre Entgegnungen über die geringen Aussichten, auf den Goldfeldern wirklich reich zu werden, waren auf taube Ohren gestoßen. Gegen Brendans Begeisterung konnte sie einfach nichts ausrichten. Sie war nur froh, dass auch Emily und Liam nichts von Brendans Plänen hielten. Gemeinsam würden sie es schon schaffen, Brendan zu überzeugen.
Éanna war enttäuscht gewesen, aber es hatte sie nicht sonderlich überrascht, als sie festgestellt hatte, dass Brendan sich schon in Independence stillschweigend eine Broschüre für Goldgräber gekauft und diese vor ihr geheim gehalten hatte. Sie hatte das Heft zufällig in seiner Jacke gefunden, als sie Staub und Dreck von seinen Sachen gebürstet hatte, doch sie hatte ihr Wissen darum für sich behalten. Dass sie darauf verzichtet hatte, ihm das Heft unter die Nase zu halten und ihn daran zu erinnern, mit welchem Ziel sie ursprünglich nach Westen aufgebrochen waren, hatte sie traurig gestimmt. Denn für sie war es ein Zeichen gewesen, dass sie das Vertrauen in Brendan und vor allem in ihre gemeinsame Zukunft verloren hatte.
Als Brendan in dieser Nacht schließlich zu ihr ins Zelt kroch, verriet ihr sein starker Alkoholatem sowie seine schwere Zunge, dass er einiges getrunken hatte. Kaum lag er neben ihr, als er sie auch schon an sich zog, um sie zu küssen.
Sie versteifte sich, wandte den Kopf ab und schob seine Hände von sich. »Nicht, Brendan«, sagte sie so sanft, wie es ihr möglich war. »Ich war schon fast eingeschlafen.«
»Ach, komm schon! Lass uns auch mal wieder ein bisschen Spaß haben«, drängte er und versuchte wieder, die Arme um sie zu legen.
»Bist du taub?« Der Ärger wallte so jäh in ihr auf, dass sie selbst darüber erschrak. »Ich habe gesagt, du sollst das lassen! Mir ist nicht danach!«
»Dir ist doch nie danach«, brummte er verdrossen und ließ von ihr ab. »Früher war das anders. Da hattest du nichts gegen ein paar Küsse.«
»Früher war so manches anders! Außerdem habe ich noch immer nichts gegen ein paar Küsse. Mir steht nur jetzt
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