Verheißung Der Nacht
seine Erfahrung für Cammie einzusetzen, da es Reid war, der ihn darum bat.
Das Essen war großartig, es wurde begleitet von fröhlichem Wortgeplänkel, und die Herzlichkeit floss so großzügig wie der Wein. Hinterher halfen Reid und Charles dabei, die Küche aufzuräumen, danach hockten sie vor dem Computer in dem kleinen Büro, das durch einen Türbogen vom Wohnzimmer abgetrennt war. Es schien, als würden sie ein Warnsystem testen, immer wieder überprüften sie die Zeit und die Bedingungen. Es war anscheinend eine persönliche Sache.
Cammie und Michelle saßen zusammen und unterhielten sich. Cammie ertappte sich mehrmals dabei, wie ihre Aufmerksamkeit von Michelles Erzählungen abschweifte und wie sie statt dessen auf die leisen Bemerkungen der Männer horchte.
Michelle Meyer hielt inne in ihrer Schilderung der Schwierigkeiten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln Manhattan zu erreichen, und folgte Cammies Blick. Ein Lächeln spielte um ihren breiten, lebhaften Mund. »Sie haben recht, die beiden sind wirklich ein bißchen paranoid - offenbar wird man so, wenn man in geheimer Mission arbeitet. Das ist ihr eigenes Sicherheitssystem, das sie testen. Hat Reid Ihnen davon erzählt?«
Cammie zog fragend eine Augenbraue hoch und schüttelte den Kopf.
»Es ist eigentlich ganz einfach. Beide haben ihre Computer rund um die Uhr in Betrieb, beide haben Zugang zu den Computern in dem Raum, in den sie sich im Falle eines Angriffs zurückziehen. Es ist ein Code aus zwei Wörtern, wenn er je über den Computer geht, wird der andere sofort die Marines einschalten - oder wenigstens die Polizei.«
»Über diese ganze Entfernung hinweg?«
»Wenn man mit Computersignalen arbeitet, gibt es keine Entfernung.«
»Sie ... Sie machen doch nicht etwa Spaß, oder?«
Michelle schüttelte den Kopf. »Es ist mir todernst. Heutzutage scheint sich so etwas auszuzahlen, mit all den Diebstählen und der Drogenkriminalität, ganz zu schweigen von den Leuten, die an Charles' Spezialwissen herankommen wollen - oder an das von Reid. Es ist einfach nur ein Alarmsystem, nur ein wenig intelligenter als die meisten anderen.«
Cammie musste zugeben, dass es einen Sinn ergab. »Ich hoffe nur, Charles bekommt wegen seiner Nachforschungen keine Schwierigkeiten. Ich würde mich schrecklich fühlen, wenn ich schuld daran wäre«, meinte sie.
»Es gibt kein besonderes Risiko, obwohl Charles so etwas nicht für jeden tun würde. Auf der anderen Seite sind er und Reid viel zu erfahren in solch verdeckten Ermittlungen; sie handeln nur ein ganz klein wenig am Gesetz vorbei, deshalb machen sie sich keine großen Gedanken.«
»Sie haben offensichtlich auch noch ihren Spaß daran.«
»Zweifellos. Ihr Verstand arbeitet auf die gleiche Weise - peinlich genau, aber sie lassen ihm auch freien Lauf. Schade, dass Louisiana so weit weg ist«, fuhr Michelle fort, lehnte sich auf der weich gepolsterten Couch zurück und zog die Füße unter sich. »Charles hat Reid vermißt; es gibt hier nicht viele Menschen, mit denen er über seine Tätigkeit reden kann, und nur wenige von denen, mit denen er reden kann, verstehen, worum es geht.«
Es war verwirrend, diesen Einblick in das Leben zu bekommen, das Reid geführt hatte, als er von Greenley weggegangen war. Vorsichtig meinte Cammie: »Vielleicht wird er näher hierher ziehen, wenn der Verkauf der Papierfabrik klappt.«
Michelle schüttelte den Kopf. »Das bezweifle ich; er scheint zufrieden zu sein, dort, wo er ist. Charles wäre natürlich begeistert. Die beiden kennen einander schon sehr lange. Reid hat Charles einmal das Leben gerettet, müssen Sie wissen.«
»Das hat er mir gar nicht erzählt.«
»Das überrascht mich nicht; seiner Ansicht nach ist das eine Sache, die Männer in einem Rrieg nun mal tun. Es war während eines Grenzzusammenstoßes, eines dieser täglichen PLO-Scharmützels, die in Israel in den Monaten vor dem Golfkrieg stattfanden. Charles und Reid arbeiteten zusammen in einem behelfsmäßig eingerichteten Rommunikations-
Hauptquartier. Es wurde durch eine Bombe in die Luft gejagt. Vier Israelis wurden sofort getötet, ein anderer erlitt eine Gehirnerschütterung. Charles war eingeklemmt, ein Dachbalken lag über seinem Rücken, und ein Knochen in seinem Bein war zerschmettert. Reid blutete aus verschiedenen Wunden, er hatte auch innere Blutungen. Und dann wurde das Haus angegriffen, Charles und Reid und noch ein anderer Mann waren vier Stunden lang von palästinensischen Eindringlingen
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