Verheißung Der Nacht
gab.
Keith hatte dieses alte Haus ge hass t. Er hatte es baufällig genannt und muffig und hatte sich darüber beklagt, dass immer etwas repariert werden musste . Er wollte das Haus verkaufen und ein modernes, hübsches Haus bauen mit viel Glas und offenen Terrassen, wenn möglich am See im Osten der Stadt.
Doch Cammie hatte sich geweigert. Sie hatte Evergreen nach dem Tod ihrer Eltern geerbt, und sie liebte dieses Haus.
Natürlich hatte Keith recht, wenn er sich über die Reparaturen beklagte, das Haus schien das Geld dafür zu verschlingen. Aber die hohen, geräumigen Zimmer, die Möbel, die schon seit Generationen in der Familie waren, und der Garten mit den vielen alten Bäumen und Pflanzen, die die Frauen der Greenleys gepflanzt hatten, gaben Cammie immer wieder An Lass zur Freude. Sie konnte sich nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben.
Reid ging mit ihr durch den leichten Nieselregen zur Hintertür. Cammie sah seinen bewundernden Blick, als er das Haus betrachtete, und sie fragte sich, ob er es insgeheim wohl mit dem Fort verglich.
Doch sie bemerkte auch, wie er mit schmalen Augen die Dunkelheit zu durchdringen versuchte und sich wachsam umschaute. Aber sie konnte beim besten Willen nichts erkennen; außer dem stetig fallenden Regen war kein Geräusch zu hören. Zweifellos war seine Wachsamkeit für ihn schon zur Gewohnheit geworden, sie war einer dieser Instinkte, von denen er ihr erzählt hatte. Es gab ihr ein eigenartig beruhigendes Gefühl, das zu wissen.
Als sie im Schutz der Veranda standen, wandte Cammie sich zu ihm um. »Ich fürchte, ich habe dir noch gar nicht dafür gedankt, dass ... dass du mich heute abend gerettet hast«, meinte sie übertrieben höflich. »Ich weiß das sehr zu schätzen.«
»Gern geschehen«, sagte er nur, und seine Stimme war tief und so ausdruckslos wie ihre.
Sie lächelte, doch es war nur eine Bewegung ihrer Lippen, ihre Augen blickten ernst. »Nun, ich denke, wir werden uns sicher noch einmal sehen.«
Er streckte die Hand aus, um sie auf ihren Arm zu legen, doch sie wich ihm aus.
Mit gerunzelter Stirn sah Reid sie an, dann nickte er nur und wies mit einer Kopfbewegung auf den dunklen Garten. »Keith ist dort drüben. Er beobachtet dich.«
»Du meinst, er ist irgendwo da hinten? Jetzt im Augenblick?« Sie warf einen schnellen Blick über ihre Schulter.
Reid nickte. »Sein Landrover steht eine halbe Meile die Straße hinunter, versteckt hinter der Kirche. Ich habe ihn gesehen, als wir vorbeigefahren sind. Er ist ungefähr fünfzig Yards rechts von uns, hinter den Kamelien.«
Der Gedanke, dass Keith ihr dort hinten irgendwo auflauerte, sie bespitzelte und einen Weg suchte, um ungestört ins Haus und in ihr Leben einzudringen, machte Cammie wütend, doch schlich sich gleichzeitig auch ein Anflug von Angst ein. »Ich kann das nicht glauben«, meinte sie gepresst .
»Sheriff Deerfield ist doch ein Cousin von dir, nicht wahr? Vielleicht solltest du ihn anrufen.« Reids Stimme verriet, dass es seiner Ansicht nach nicht gerade die beste Lösung war.
Auch Cammie gefiel dieser Vorschlag nicht. Wenn sie jetzt den Sheriff anrief, würde morgen die ganze Stadt davon wissen. Außerdem könnte Keith zu seiner Verteidigung die Ereignisse dieser Nacht zu seinen Gunsten verfälschen. Gar nicht auszudenken, was für eine schreckliche Geschichte dabei herauskommen würde, wenn beide Versionen die Runde gemacht hätten.
Sie schüttelte den Kopf. »Vielleicht wird das gar nicht nötig sein. Ich weiß auch gar nicht, was der Sheriff tun würde, denn bis jetzt hat Keith mir ja noch nichts getan, er hat mich nur bedroht.«
Reids Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass ihm das nicht gefiel. »Du musst aber etwas tun, wenn du ihn davon abhalten willst, dir weiter nachzuspionieren.«
»Es muss doch auch noch einen anderen Weg geben.« Cammie verzog unglücklich das Gesicht.
Er sah sie durchdringend an. »Du hast nur zwei Möglichkeiten, entweder du kämpfst oder du gibst nach.«
»Immerhin habe ich schon versucht, einen Revolver zu benutzen, wenn du dich recht erinnerst«, meinte sie scharf.
»Es war ein Fehler, Gewalt anzuwenden, da du ja offensicht- lieh nicht die Absicht hattest, sie bis zum Ende zu führen. Wenn du die Polizei nicht zu Hilfe rufen willst, dann bleibt dir nichts anderes übrig, als ihn zu überlisten.«
»Du meinst, ich sollte versuchen, ihn hinzuhalten? Ich sollte ihn glauben lassen, dass ich wieder zu ihm zurückkomme, und dann warten, bis die Scheidung
Weitere Kostenlose Bücher