Verheißung Der Nacht
verwirrend.
Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hatte sie mit einer heimlichen Leidenschaft an Reid Sayers gedacht, die genauso dumm wie intensiv gewesen war. Sie hatte ihn beobachtet, hatte sein sonnengebleichtes blondes Haar bewundert und seinen Sinn für Humor, der immer ein Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern schien. Sie hatte die kleinen Fältchen geliebt, die sich in den Winkeln seiner strahlend blauen Augen bildeten, wenn er lächelte, seine geschmeidigen Bewegungen, das Spiel der Muskeln unter der gebräunten Haut seiner Arme und Schultern, seine kräftigen Schenkel unter den abgeschnittenen Jeans.
Er war etwa drei Jahre älter als sie und viel erwachsener als die Jungen, die sie zu einem Kinobesuch einluden, zum Eislaufen oder einem Picknick. Er war ihr so viel aufgeklärter und erfahrener erschienen, außerdem hatte ihn der Hauch des Verbotenen unweigerlich interessanter gemacht.
Es hatte Augenblicke gegeben, da hatte Cammie sich selbst und Reid als unglückliche Liebende in einer alten Legende gesehen. Sie hatte sich vorgestellt, dass sie sich eines Tages begegnen würden, wenn sie allein waren, und dann sofort wissen würden, dass sie füreinander bestimmt waren. Sie würden heiraten und so der Zwietracht, die seit beinahe hundert Jahren zwischen ihren beiden Familien bestand, ein Ende bereiten. Was waren das nur für dumme Tagträume gewesen.
Es war nicht so gekommen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie war im Wochenendhaus ihrer Familie am See gewesen und hatte am Bootsanleger geschwommen. Reid hatte mit ein paar Freunden im Wochenendhaus nebenan gewohnt, Cammie hatte davon gewusst . Sie hatte allerdings nicht erwartet, dass er plötzlich neben ihr im Wasser auftauchen würde, so nahe, dass sein Gesicht dicht vor ihrem war und ihre Beine in dem warmen Wasser einander berührt hatten.
»Was tust du hier?« hatte sie gekeucht, erschrocken, weil sie noch nie ein Mann so berührt hatte.
Seine Antwort hatte ganz plausibel geklungen. »Ich habe dich hier im Wasser gesehen und konnte dem Wunsch nicht widerstehen, mit dir zu schwimmen. Oder das hier zu tun.«
Er hatte die Arme sanft um sie gelegt. Sein Haar hatte in der Sonne golden aufgeleuchtet, als er sich zu ihr beugte und ihr die Wassertropfen von den Augenlidern küsste . Dann hatte er seine Lippen auf ihre gelegt, sein Kuss war warm und süß gewesen, zärtlich, suchend und doch voller Zweifel.
Sekundenlang hatte sie sich seinem Kuss hingegeben, hatte sich zu ihm hintreiben lassen, und ihre Reaktion war so stark und selbstverständlich gewesen wie das Bedürfnis zu atmen. Ihre Körper hatten sich aneinandergeschmiegt, hatten zueinander gepasst wie zwei Skulpturen, die von einem Meister geschaffen worden waren, zu dem einzigen Zweck, sich miteinander zu vereinen.
Er hatte sie fester in seine Arme gezogen. Wieder hatte er seine Lippen auf ihre gepreßt, während er ihre Weichheit erforschte und ihre Umrisse. Seine Zungenspitze hatte sich vorgewagt, hatte sich sanft zwischen ihre Lippen geschoben und sich Einlass in ihren Mund erzwungen. Er hatte gesucht, bis er ihre Zungenspitze fand, hatte dann sanft daran gesaugt. Dabei hatte er ihre Brust durch den dünnen, nassen Stoff ihres Badeanzugs gestreichelt. Seine Hand hatte sich um die zarte Rundung geschlossen und sie sanft geknetet.
Heißes, ungezügeltes Verlangen war wie ein Blitz durch Cammies Körper gefahren. Sie war auf so etwas nicht vorbereitet gewesen, hatte nie geahnt, dass solche Gefühle überhaupt möglich waren. Im gleichen Augenblick hatte sie seine Erregung gefühlt, die sich hart gegen ihren Schenkel drängte, sie hatte gespürt, dass er sich nur noch mit Mühe zurückhielt.
Sie war in Panik geraten.
Voller Angst hatte sie ihn von sich gestoßen, hatte ihn angeschrien, auch wenn sie in ihrer Erregung gar nicht wusste , was sie gesagt hatte, und sich auch später nicht daran erinnern konnte. Sie war abrupt herumgewirbelt und mit langen Stößen zum Anlegesteg geschwommen. Dann war sie die Leiter zum Steg hinaufgeklettert und zum Haus gelaufen, als sei der Teufel hinter ihr her.
Ihre Eltern hatten mit Gästen auf der Veranda an der Nordseite des Hauses gesessen. Es war Cammie gelungen, unbemerkt ins Haus zu schlüpfen. In ihrem Zimmer hatte sie den nassen Badeanzug ausgezogen und ein Handtuch um sich geschlungen. Dann hatte sie sich auf ihr Bett geworfen und geschluchzt, weil sie sich so erniedrigt, verwirrt und völlig verzweifelt fühlte. Sie Hass te s ich, weil sie ihm
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