Verheißung des Glücks
Situation schnell an, schien begierig zu lernen und war bald genauso bestrebt wie Lincoln, diesen Kuss zu vertiefen.
Lincoln hatte keine Ahnung, wie lange das Räuspern und Husten bereits anhielt, bis es laut genug war, um die gleichsam magische Hülle, die der Kuss um Melissa und ihn gelegt hatte, zu durchdringen. Als er es endlich hörte, ließ er Melissa sofort los, wobei er sorgsam darauf achtete, dass sie nicht das Gleichgewicht verlor. Dann rückte er von ihr ab und wandte sich dem hoch gewachsenen jungen Mann zu, der in der offenen Tür stand und ihn feindselig anstarrte.
»Soll ich Sie gleich hinauswerfen, oder hat am Ende meine Nichte mit der Küsserei angefangen? Dann lege ich besser zuerst Melissa übers Knie.« Der Ton des Mannes klang ganz und gar nicht, als meine er das scherzhaft.
Melissas Kichern hörte sich dennoch eher fröhlich als nervös an. Angesichts der drohenden Miene seines Gegenübers wunderte Lincoln sich darüber nicht wenig. Doch Melissa sagte beschwichtigend: »Machen Sie doch kein so erschrecktes Gesicht! Er meint es nicht so. Das ist mein Onkel Ian. Und, Onkel«, — sie wandte sich an den jungen Mann und betonte jede Silbe — »du erinnerst dich sicher, dass ich dir von Lord Cambury erzählt habe?«
»Aha, das ist er also«, antwortete Ian. »Hat sich mit seinem Besuch recht viel Zeit gelassen, der Gute. Vielleicht erklärt das ja die Eile bei der Küsserei. Aber bitte halt dich in Zukunft damit zurück, bis du die Erlaubnis deines Vaters hast.«
Melissa errötete mit einiger Verspätung. Lincoln kämpfte noch zu sehr gegen seine Enttäuschung über das abrupte Ende ihrer zärtlichen Intimität an, um verlegen zu werden. Da er der Älteste im Raum war, war es wohl an ihm, zumindest einen Anschein von Etikette zu wahren. Er trat vor und schüttelte Melissas Onkel die Hand.
»Es ist mir ein Vergnügen, Ian.«
Endlich rang sich der Mann, offenbar ein Schotte, ein schwaches Grinsen ab. »Ganz meinerseits. Sie leben also in London. Oder kommen Sie gerade frisch vom Land?«
»Weder noch. Ich bin bereits einen Tag nach Ihnen und Melissa hier angekommen. Aber es dauerte eine Ewigkeit, bis es mir gelang, durch die streng bewachte Tür dieses Hauses zu dringen.«
»Der Butler lässt nur ganz bestimmte Leute herein«, erklärte Melissa kopfschüttelnd. »Wenn ich das früher gewusst hätte, hätte ich ihn schon wissen lassen, was er zu tun hat.«
»Dann war die großzügige Gastfreundschaft der Duchess bisher wohl eher ein Hindernis als eine Hilfe. Na, das ist ein selten guter Witz, wenn du mich fragst ...«
»Fang an zu lachen, wenn du Prügel haben willst!«, warnte Melissa ihren Onkel. Ian setzte allerdings nur ein spöttisches Grinsen entgegen.
Schon jetzt ahnte Lincoln, dass Nichte und Onkel nicht nur Verwandte, sondern auch Freunde waren. Sie verstanden sich offenbar sehr gut und lagen vom Alter her wohl kaum zehn Jahre auseinander.
Lincoln schätzte Ian auf etwa Mitte zwanzig. Er war ein gut aussehender junger Mann mit rostfarbenem Haar, das rötlich schimmerte, vielen Sommersprossen im Gesicht und sehr hellen blauen Augen. Groß war er auch, aber ansonsten glich er dem älteren MacGregor, dessen Bruder er doch sein musste, überhaupt nicht. Lachlan MacGregor hatte erwähnt, seine Frau stamme aus England. Aber Ian war nicht nur vom Aussehen her durch und durch Schotte, konnte also kaum MacGregors Schwager sein.
Irgendetwas an ihm kam Lincoln sonderbar bekannt vor, aber was es genau war, konnte er nicht sagen. Vielleicht waren sie einander früher schon einmal begegnet. Es musste allerdings schon geraume Zeit her sein. Oder es war nur eine sehr flüchtige Begegnung gewesen. Lincoln kam nicht darauf, woher er den jungen Mann kannte, und dennoch wurde er das Gefühl nicht los, dass er Ian schon einmal gesehen hatte.
Für den Augenblick verbannte er den Gedanken in die hinterste Ecke seines Kopfes, denn nun galt es, den Schotten ein wenig näher kennen zu lernen. Es konnte ihm nur nützlich sein, wenn er mit Melissas Familie auf gutem Fuß stand. Zum Glück schien es in dieser Beziehung keine nennenswerten Schwierigkeiten zu geben. Immerhin hatte Melissas Vater ihm wohlwollend erlaubt, ihr den Hof zu machen.
Offenbar ging es Ian aber nicht anders als Lincoln. »Ich meine fast, wir sind uns Früher schon mal begegnet«, sagte er nach einem langen Blick auf sein Gegenüber.
»Sonderbar, dass Sie das sagen«, antwortete Lincoln. »Ich hatte eben denselben Gedanken.«
»Und
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