Verheißung des Glücks
würden.
Dreizehntes Kapitel
Lincoln zählte die Stunden, bis er Melissa im Theater wiedersehen würde. Obgleich er sich erst am Nachmittag von ihr verabschiedet hatte, war ihm, als sei dies bereits eine Ewigkeit her.
Er fand es ganz und gar unerträglich, von ihr getrennt zu sein und sie nicht jederzeit sehen zu können. Höflichkeitsbesuche waren gut und schön, aber sie steigerten nur seine Sehnsucht nach Melissa. Erst eine baldige Hochzeit würde dafür sorgen, dass er mit ihr zusammen sein konnte, wann immer er wollte. Er musste seine Tante fragen, wann es die komplizierten Anstandsregeln der feinen Gesellschaft frühestens zuließen, seiner Angebeteten einen Heiratsantrag zu machen. Sobald diese Frist des quälenden Wartens abgelaufen war, würde er Melissa bitten, seine Frau zu werden. Zunächst musste ihm freilich ihre Nähe bei einem Theaterabend genügen.
So angestrengt Lincoln auch nach ihr suchte, er konnte sie nirgends entdecken.
Hätte er nicht Edith bei sich gehabt, wäre er sofort losgegangen, um herauszufinden, wo Melissa geblieben war. Doch als Ediths einziger Begleiter bei diesem Theaterbesuch musste er wohl oder übel bei ihr bleiben. Zudem brachte Lincoln es nicht übers Herz, seiner Kusine den Abend zu verderben, wo ihr doch endlich einmal die Aufmerksamkeit zuteil wurde, die sie verdiente.
Offenbar wirkte es Wunder, wenn ein junger Gentleman vom Format eines Justin St. James ein Mädchen zum Tanz aufforderte. Schon ein einziger Walzer mit ihm ließ die betreffende Dame auch für andere Männer interessant erscheinen. Einige von ihnen stellten sich Edith schon vor, ehe sie und Lincoln zu ihren Plätzen gingen. Auch während der Pause standen die Herren Schlange, um Ediths Bekanntschaft machen zu dürfen. Einer kam sogar gleich zweimal und bat darum, Eidith am nächsten Tag besuchen zu dürfen.
Auf dem Heimweg war sie vor Aufregung ganz aus dem Häuschen. Lincoln bemühte sich, ihr die Laune nicht zu verderben, obwohl ihn selbst die größten Sorgen quälten. Bestimmt gab es einen harmlosen Grund, warum Melissa nicht ins Theater gekommen war. Schließlich handelte es sich nicht um eine Einladung, die man nicht ausschlagen konnte, ohne eine formale Entschuldigung zu schicken. Wenn er sie morgen besuchte, so hoffte er, würde er schon herausfinden, wodurch sie aufgehalten worden war.
Doch als er am folgenden Nachmittag um dieselbe Zeit wie tags zuvor an der Tür der Duchess läutete, wurde ihm erneut der Zutritt verwehrt. Diesmal allerdings aus einem nahe liegenden Grund: Die Duchess und ihr Gast befanden sich nicht in der Stadt. Sie waren bereits zu der Landpartie aufgebrochen, von der Melissa Lincoln erzählt hatte, und wurden frühestens Ende der Woche zurück erwartet.
»Wer ist denn der Gastgeber dieser Fahrt ins Grüne?«, fragte Lincoln noch geistesgegenwärtig. Vielleicht hatte seine Tante ja ebenfalls eine Einladung dazu erhalten.
Der Butler, der es eilig hatte, die Tür wieder zu schließen, antwortete nur: »Das wurde mir nicht mitgeteilt, Sir.«
Lincoln fiel es schwer, das zu glauben, denn für die meisten Männer in seiner Position war es eine Frage der Berufsehre, stets bestens über die Angelegenheiten ihrer Herrschaften unterrichtet zu sein. Aber wenn er den getreuen Diener der Duchess allzu sehr unter Druck setzte, schloss sich die Tür wahrscheinlich noch schneller. Daher fragte Lincoln: »Ist Miss MacGregors Onkel zufällig noch da? Er weiß sicher, wohin die Damen gefahren sind.«
»Nein, Sir. Master Ian begleitet die Duchess und Miss MacGregor.«
»Und Sie haben wirklich nicht die geringste Ahnung, wo sich der Landsitz befindet, zu dem sie unterwegs sind?«
Nun wurde es dem Mann langsam zu bunt. »Es tut mir Leid, Sir. Die Duchess bespricht ihre Pläne nicht mit mir. Der Sekretär Ihrer Gnaden könnte Bescheid wissen, doch er ist während der Abwesenheit Ihrer Gnaden beurlaubt.«
Das klang einigermaßen plausibel. Lincoln blieb nichts anderes übrig, als sich zu bedanken und den Heimweg anzutreten. Nun konnte er nur noch auf die versprochene Einladung warten. Sicher würde Melissa dafür sorgen, dass er sie bald erhielt.
Doch auch diese Hoffnung war vergeblich. Die vier Tage, die für die Landpartie veranschlagt waren, schleppten sich zäh dahin. Einladungen für die exklusivsten Veranstaltungen der Saison wurden abgegeben, doch die Duchess von Wrothston samt Freunden und Familie blieb verschwunden. Lincoln sprach täglich beim Butler des Hauses vor und
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