Verheißung des Glücks
Fäusten ballt und auf einen losgeht.«
»Da magst du Recht haben«, sagte Lachlan nachdenklich.
Vierunddreißigstes Kapitel
Noch nie im Leben war Lincoln so nervös gewesen. Während der Tage auf dem Meer hatte er viel Zeit zum Nachdenken gehabt und war zu dem Schluss gekommen, dass sein Schicksal sich soeben gleichsam wiederholte. Wieder einmal standen die MacFearsons zwischen ihm und einem Menschen, ohne den sein Leben ihm sinnlos erschien. Melissa war für ihn noch viel mehr als die ideale Ehefrau, viel mehr als der Mensch, der die Freude zurück in sein Dasein bringen würde. Sie musste die Seine werden. Um jeden Preis.
Die Gemeinsamkeiten zwischen dem, was Lincoln als Kind erlebt hatte, und der Situation, in der er sich jetzt befand, waren frappierend. Die MacFearson-Brüder glaubten, in ihm schlummere der Wahnsinn und könne jederzeit wieder zum Leben erweckt werden. Da es in Lincolns Erinnerung so viele Lücken gab, konnte er das noch nicht einmal völlig von der Hand weisen. Seit er nach England gezogen war, hatte er keine derart heftigen Gefühlsausbrüche mehr gehabt. Doch nach und nach keimten in Lincoln quälende Ängste auf. Wozu war er fähig, wenn man ihm nun Melissa wegnahm?
Seine ungeheure Nervosität rührte zum Teil auch daher, dass er zur Untätigkeit verdammt war. Lachlan MacGregor würde über sein Lebensglück entscheiden, und Melissas Vater stand unter dem Einfluss der MacFearsons. Melissa hatte Lincoln zwar versichert, die Meinung ihrer Mutter und ihre eigenen Gefühle hätten ebenfalls Gewicht, doch wirklich zuversichtlich stimmte ihn das nicht. Am Ende zählte nur eines: Lachlan MacGregors Urteil.
Um zehn Uhr morgens sollte Lincoln bei ihm vorsprechen. Er war auf die Minute pünktlich. Der Butler ließ ihn sofort ein. Melissa kam wie ein Wirbelwind die Treppe heruntergestürzt und eilte ihm entgegen.
»Du bist gekommen!«, sagte sie ein wenig außer Atem.
»Dachtest du wirklich, ich käme nicht?«
»Nach allem, was meine Onkel dir angetan haben, war ich nicht mehr sicher, ob du mich noch willst«, gab sie zu.
Lincoln lächelte sie liebevoll an. »Natürlich will ich dich noch! Daran können deine Onkel mit ihren sonderbaren Einfällen nichts ändern. Ganz gleich, was sie noch alles anstellen, ich werde dich nicht aufgeben«, sagte er. Dabei nickte er Melissa aufmunternd zu.
Melissa strahlte ihn an. »Sie erwarten dich im Salon.« »Sie?«
»Meine Mutter, ihr ältester Bruder und mein Vater«, antwortete sie.
»Ich fühle mich wie ein Schwerverbrecher vor einer Gerichtsverhandlung.«
»Sei einfach du selbst.«
»Kommst du denn nicht mit hinein?«
»Nein. Ich war gestern dabei, als meine Onkel ihre Version eurer gemeinsamen Geschichte erzählten. Mein Vater erlaubt leider nicht, dass ich heute ebenfalls zuhöre. Aber ich bin ganz unbesorgt.«
»Lügnerin!« Er lächelte sie an.
Statt einer Antwort schob sie ihn zur Tür des Salons. Lincoln atmete tief durch und trat ein.
Ian One wirkte neben Lachlan MacGregor geradezu schmächtig. Beide standen vor dem olfenen Kamin, in dem an diesem sommerlichen Morgen allerdings kein Feuer brannte. Melissas Mutter saß ein Stück abseits auf einem Sofa und goss gerade Tee in eine feine Porzellantasse, als Lincoln die Tür öffnete.
Kimberly MacGregor erhob sich, lächelte ihn an und stellte sich vor. Lincoln staunte, wie wenig Melissa ihr ähnelte. Offenbar schlug die Tochter ganz dem Vater nach. Für eine Frau war Kimberly MacGregor recht hoch gewachsen. Das war auch schon ihre einzige Gemeinsamkeit mit Melissa. Anders als die Tochter hatte die Mutter dunkelblondes Haar und dunkelgrüne Augen. Sie war keine Schönheit, war es wohl nie gewesen, doch ihr strahlendes Lächeln verzauberte sie und verlieh ihr eine einzigartige Ausstrahlung.
Nachdem er sich ihr vorgestellt hatte, begrüßte Lincoln auch Lachlan. Danach verzichtete er auf alle überflüssigen Höflichkeitsfloskeln und begann: »Ich will Ihre Tochter heiraten. Das wissen Sie bereits. Und daran hat sich nichts geändert. Auch nicht, als ich erfuhr, wer ihre Verwandten sind.«
Bei seinen letzten Worten richtete Lincoln seine Augen ganz bewusst auf Ian One. Der Älteste der MacFearson-Brüder hielt seinem Blick stand. Lincolns Seitenhieb schien spurlos an ihm abzuprallen.
Lachlan räusperte sich. »Es wurden gewisse Bedenken gegen Sie vorgebracht.«
»Daran zweifle ich nicht«, antwortete Lincoln. »Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal zu denjenigen gehören würde,
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