Verheißungsvolle Küsse
prophezeit hat. Du darfst nicht vergessen, die Engländer äffen unsere Gepflogenheiten nach: Also, ja, nachdem Helena ihn erfolgreich auf Distanz gehalten hat, dann wäre für ihn, einen mächtigen Aristokraten der normale Weg, sie, die Thierrys und mich zu einem Besuch einzuladen - mit ein paar anderen, die die notwendige Tarnung liefern. So bekommt er Helena in sein Bett. Das ist bei uns zu Hause üblich - hier wird es genauso sein.«
»Birgt das nicht eine gewisse Gefahr?«
Erneut griff Louis nach seiner Schokolade und grinste selbstzufrieden. »Das ist ja das Amüsante daran. Hier geht es um Helena gegen St. Ives, und ich setze mein Geld auf Helena. Die ist richtig prüde, die Kleine.« Louis zuckte die Achseln. »Dreiundzwanzig und immer noch Jungfrau - was würdest du tun? Es besteht kaum die Gefahr, dass sie den Verlockungen von St. Ives erliegt und wir beide werden da sein, damit er keine Gelegenheit findet, sie mit Gewalt zu nehmen.«
»Ich verstehe.« Villard wandte sich dem Kleiderschrank zu. »Also lautet der Plan jetzt …«
Louis leerte seine Tasse, dann runzelte er die Stirn. »Als Erstes müssen wir uns diese Einladung sichern und zwar heute Abend.« Er warf einen Blick auf den gefalteten Brief. »Onkel Fabien verlangt deutlich, dass Helena - koste es, was es wolle - auf St. Ives’ Besitz eingeladen wird.«
»Und wenn das geschieht?«
»Sorgen wir dafür, dass Helena annimmt und dorthin reist.«
»Aber wird sie das tun?«
Louis Blick wanderte zu den beiden Briefen, die an Helena adressiert waren. »Onkel hat mich angewiesen, mein Bestes zu versuchen - aber wenn sie sich als starrköpfig erweist, soll ich ihr diese Briefe geben.«
»Wissen wir, was sie enthalten?«
»Nein - nur dass Helena, sobald sie sie gelesen hat, tun wird, was er verlangt.« Louis holte tief Luft und löste sich mit einiger Mühe vom Anblick der faszinierenden Post. »Onkel hat mich aber strikt ermahnt, Helena die Briefe erst zu geben, wenn wir auf St. Ives’ Anwesen sind. Er sagt, ich soll seine Trümpfe nicht gleich ausspielen - nur, wenn sie am ersten Hindernis bereits verweigert.«
Louis starrte ins Leere. »Also! Wir müssen uns diese Einladung für heute Abend verschaffen. Ich will mich vergewissern, dass Helena das Spiel mit St. Ives ernst nimmt - dass sie ihn heiß macht, damit ihm keine andere Wahl bleibt als unseren Wünschen gemäß zu handeln. Das ist das Erste.« Louis warf einen Blick auf die Briefe. »Der Rest wird sich ergeben.«
Villard legte eine Weste auf den Kleiderständer. »Und wie steht es mit M’sieurs eigenen Plänen?«
Louis grinste und schlug die Bettdecke zur Seite. »Die haben sich nicht geändert. Helena soll längst verehelicht sein. Die Angelegenheit ihrer Heirat ist jetzt Onkel Fabiens Problem - ein Risiko. Sicher wird er deshalb meine Lösung unterstützen, sobald er einsieht, wie brillant sie ist. Es wäre töricht, das de Stansion-Vermögen an eine andere Familie zu verlieren, wenn wir es doch selbst behalten können.«
M’sieur stand auf und ließ sich von Villard in seinen Morgenmantel helfen. Sein Blick war abwesend, während er zitierte, was er sich offensichtlich längst zurechtgelegt hatte. »Sobald wir Onkels Dolch sicher in unserem Besitz haben und wieder nach Frankreich übergesetzt sind, werde ich Helena heiraten - falls nötig, sie dazu zwingen. In Calais gibt es einen Notar, der für eine gewisse Summe alles tut, was ich verlange. Sobald unsere Ehe Realität ist, werden wir nach Le Roc reisen. Onkel Fabien ist ein zu guter Stratege - er wird die Genialität meines Planes zu schätzen wissen. Sobald er erkannt hat, dass keine begehrenswerte Erbin mehr frei ist, wegen der sich die Fraktionen in die Haare geraten können, und ich ihn dadurch von ihren Bedrohungen befreie, wird er mir um den Hals fallen und mir danken.«
Villard stand hinter Louis und seine Miene verriet, wie sehr er ihn verachtete; aber er murmelte: »Wie Ihr sagt, M’sieur!« Wenn es nach Helena gegangen wäre, hätte sie nicht an dem morgendlichen Treffen im Haus der Duchess of Richmond teilgenommen. Leider war diese Zusammenkunft, wie Marjorie sie informierte, eine genauso altehrwürdige Tradition wie der Maskenball, der am Abend stattfinden sollte - und es wäre deshalb unmöglich, sich nicht dort zu zeigen. Helena hatte eigentlich vorgehabt, Thierry zu bitten, sie davon zu befreien, da er leichter zugänglich war als seine Lady. Aber ihr Gastgeber glänzte seit einem Tag durch
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