Verheißungsvolle Küsse
Frauen die Sache erledigt; aber bei ihr drängte ihn sein Instinkt, sich noch deutlicher auszudrücken.
Ich werde dich zu meiner Duchesse machen, klang kraftvoller, ließ ihr weniger Spielraum für Kritteleien.
Leider würden angesichts ihrer Vorurteile gegen mächtige Männer beide Angebote nicht zu schnellem Erfolg führen. Sie würde sich sofort dagegen stemmen und er wäre dazu verdammt, sein Plädoyer aus einer geschwächten Position zu halten.
Ihre Mauern zu unterminieren - ihre Argumente zu entkräften, bevor sie die Chance hatte, sie vorzubringen - war zweifellos der Weg zum Sieg. Wenn er ihre Verteidigung vorzeitig ausgehöhlt hätte, könnte er von Heirat anfangen.
»Ihr habt mir gesagt, Ihr wollt nicht die Spielfigur eines mächtigen Mannes sein. Aus allem, was Ihr geäußert habt, schließe ich, dass Euer Vormund Euch als ein solcher erscheint - habe ich Recht?«
»In der Tat. Ich weiß, wovon ich rede.«
»Und liege ich ebenfalls richtig, wenn ich behaupte, dass Ihr einen nachgiebigen, sanftmütigen Ehemann sucht, damit er Euch nie beherrscht?«
Sie kniff die Augen zusammen. »Und mich nie manipuliert oder als Schachfigur benutzt!«
Er neigte den Kopf. »Ist Euch noch nicht der Gedanke gekommen, mignonne, dass, wenn Ihr einen Mann heiratet, der nur wenig über das weiß, was Ihr als ›die Spiele, die solche Männer treiben‹ bezeichnet - also weiterhin in dem Einflussbereich genau des Mannes bleibt, dem Ihr entfliehen wollt?«
Helena runzelte die Stirn. »Wenn ich einmal verheiratet bin …«
Als sie nicht fortfuhr, zögerte er, dann sagte er ruhig: »Meine Schwester ist verheiratet. Doch wenn ich, nur zu ihrem Besten, beschließe, dass sie aufs Land zurückkehren soll … dann kehrt sie aufs Land zurück.«
Allmählich begriff sie, worauf er hinauswollte. »Ihr Mann …«
»Huntly ist ein gutmütiger Mann, der nie behauptet hat, er könnte mit Augusta fertig werden. Er ist jedoch sehr vernünftig und weiß, wann sie eine feste Hand braucht. Dann lässt er mich rufen.«
»Mein Gatte, derjenige, den ich wähle - wird nicht meinen Vormund rufen.«
»Aber wenn Euer Vormund nicht darauf wartet, gerufen zu werden … was dann?«
Er ließ ihr Zeit nachzudenken, alleine den Gedankenweg einzuschlagen, auf den er sie soeben hingewiesen hatte. Um die Möglichkeiten zu sehen und selbst zu der Erkenntnis zu kommen, die er sich wünschte.
Selbst jetzt war er noch ein perfekter Manipulator, redete nicht zu früh, drängte nicht zu sehr.
Ganz besonders nicht bei ihr.
Helena runzelte die Stirn - über ihn, sein hartes Gesicht, blass, streng, vom Lampenlicht betont, aber nicht weicher gemacht. Zögernd, denn sie spürte bereits, was sie sehen würde, lenkte sie ihren Verstand in die andere Richtung - so, als ob sie sich mental umdrehte und sich etwas in ihrem Rücken ansah, das sie bis jetzt nicht bemerkt hatte.
Es war genau der Punkt. Fabien würde sich nicht von den Protesten eines schwachen Mannes davon abhalten lassen, sie weiterhin zu benutzen. Man brauchte nur daran zu denken, wie er mit Geoffre Daurent, ihrem Onkel und natürlichem Vormund, umgesprungen war. Geoffre war zwar kein besonders schwacher Mann, aber doch schwächer als Fabien. Nachdem die Kontrolle über ihr Vermögen und ihre Heirat beachtliche politische Macht beinhaltete, hatte Fabien die Angelegenheit mit diesem Herren, einem entfernten Verwandten, ›diskutiert‹ und man hatte sich darauf geeinigt, Fabien als ihren legalen Vormund einzusetzen.
Wie Fabien sie benutzen würde, wenn sie einmal verheiratet war, wusste sie nicht. Aber seine Intrigen waren vielschichtig - Macht floss in ihrer Welt aus vielen Quellen über zahllose Weichen. Und Macht war Fabiens Droge.
»Ihr habt Recht.« Die Worte tropften von ihren Lippen, als sie um Orientierung rang. »Ich muss das alles neu überdenken.«
»Es gibt nicht viele Möglichkeiten, die Ihr in Betracht zu ziehen habt, mignonne. Und als einer derer, gegen die Ihr Euch auflehnt, kann ich Euch sagen, dass im Grunde nur eine übrig bleibt.«
Ihre Augen wurden schmal und sie stellte sich seinem Blick. »Ich werde nicht …« Sie verstummte, als Fabiens Bild vor ihrem inneren Auge erschien. Mit anderen Worten, sie würde praktisch alles tun, um seinem Netz zu entfliehen.
Sebastian musterte sie aufmerksam, dann wurde sein Blick ruhig, hielt den ihren fest. »Wie ähnlich sind wir uns, Euer Vormund und ich?«
Seine Worte waren sanft, verwundert, ermunterten sie den Vergleich anzustellen.
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