Verheißungsvolle Küsse
hob sie ihr Kinn. »… Euren Schutz zu akzeptieren, was würdet Ihr im Gegenzug verlangen?«
Sein Blick blieb ruhig. »Ihr wisst, was ich verlangen würde - was ich mir wünsche.«
»Sagt es mir!«
Er musterte sie aufmerksam, dann murmelte er: »Ich glaube, mignonne, jetzt ist es genug der Worte. Es wird Zeit, dass ich es Euch zeige.«
Ein Schauder lief ihr über den Rücken, aber als er fragend eine Braue hob, wölbte sich ihre ebenfalls hochmütig. Sie musste sicher sein, ob sie das tun konnte - die Seine werden, sich unter seinen Schutz zu begeben … Wenn sie dem Feuer seiner Berührung widerstehen könnte, und die Seine werden - doch trotzdem noch sie selbst bleiben - dann wäre das eine Möglichkeit für sie.
Sie sagte nichts, wartete einfach, kühl und geduldig. Er las die Entschlossenheit in ihren Augen, dann senkte sich sein Blick. Streifte ihre nackten Schultern, wanderte tiefer, hob sich wieder - sie spürte ihn körperlich, den Hauch einer flüchtigen Berührung. Dann richtete sich sein Blick auf die Schnalle auf ihrer Schulter.
Mit seiner üblichen Lässigkeit hob er eine Hand, streckte einen Finger aus; damit schob er die Schnalle hoch, bis sie und die geraffte Seide, die sie hielt, über die Wölbung ihrer Schulter geglitten war. Sein Finger folgte der oberen Rundung ihres Arms, strich über die glatte Haut. Nur ein paar Zentimeter.
Ihr blieb die Luft weg. Helena rührte sich nicht. Konnte sich ihm nicht entziehen, als er sich vorbeugte, den Kopf senkte und seinen Mund wie ein Brandmal auf ihre Schulter drückte.
Genau auf die Stelle, die er entblößt hatte - den einzigen Fleck auf ihrer Schulter, der verhüllt gewesen war, die einzige Stelle, an der sie sich in ihrer Blöße verletzlich fühlte. Nackt. Für ihn. Durch ihn.
Sie schloss die Augen, konzentrierte sich, gefangen von der Bewegung seiner Lippen auf ihrer Haut, verführt vom heißen Strich seiner Zunge. Dann schlug sie die Augen auf, beobachtete fasziniert, wie er seine Lippen erneut auf den sensibilisierten Fleck drückte; ihr Rückgrat zitterte, erbebte, seine Hand umfing ihre Taille, seine Finger drückten zu.
Getrieben von einer inneren Macht, die ihr bisher fremd war, hob sie ihre Hand zu seinem Nacken, ließ ihre gespreizten Finger in sein Haar gleiten. Sie drehte den Kopf, als er den seinen hob. Ihre Münder begegneten sich.
Dieses Gleichgewicht der Macht, das sie schon einmal erlebt hatten, funktionierte immer noch zwischen ihnen. Während sie sich küssten - nehmend, gebend, pausierend, um zu genießen, zu verlocken, sich zu laben - sie spürte es wie eine Schaukel, irgendeine Grenze der schwankenden Waage, die ihn oder sie daran hinderte, zu viel zu nehmen oder zu geben, zu erobern, ohne zuerst zu kapitulieren.
Wieder und wieder brachte diese Macht die Waagschalen in Bewegung. Er nahm ihren Mund in einem heißen, brennenden Rausch, eine elementare Eroberung, die sie schwindeln ließ. Dann bäumte sie sich auf, stellte kühn ihre Forderungen und er war derjenige, der nachgab, sich ihrer Eroberung öffnete. Erschauderte, wenn sie tief eindrang. Folgte, wenn sie sich zurückzog.
Die Woge schwappte hin und her, die heiße Flut zwischen ihnen schwoll stetig an.
Sie trennten sich für einen Moment, um Luft zu holen. Helena schlug die Augen auf, stellte sich seinen blauen, die nur wenige Zentimeter entfernt waren. Eine Hand umrahmte ihr Kinn, die andere umschloss ihre Taille, seine Finger brannten durch die Schichten von Seide. Ihre eigene Rechte umfing seinen Schädel, drückte ihn an sich, ihr anderer Arm hielt ihn, mit gespreizten Fingern, in seinem Rücken.
Ihre Lider senkten sich, ihre Münder vereinten sich wieder und die Flut stieg weiter.
In zehn Meter Entfernung, auf der anderen Seite der Verbindungstür, runzelte Louis die Stirn. Hob sein Ohr von dem Spalt in der Tür; er wagte es aber nicht, den Spalt zu vergrößern. Unfähig zu sehen, lauschte er eifrig. Er hatte Helena und St. Ives reden hören, aber nur wenige Worte verstanden. Trotzdem reichte es zu seiner Beruhigung, dass sich die Dinge in die Richtung entwickelten, die Fabien prophezeit hatte und anstrebte.
Aber bis jetzt war aus St. Ives’ Mund noch nichts von der Einladung gekommen, die für den Erfolg ihres Planes so viel bedeutete.
Überdies hatten sie aufgehört zu reden.
Bei jeder anderen Frau außer Helena hätte er gewusst, was er davon halten sollte; obwohl seit Jahren ihr Schatten - blieb sie kalt, abweisend. Soweit Louis wusste, hatte sie
Weitere Kostenlose Bücher