Verhext: Roman (German Edition)

werden sie aber bald. Aervyn kann genauso wenig wie jeder andere Vierjährige ein Geheimnis für sich behalten.«
    »Das habe ich mir gedacht«, sagte Lauren. »Und da es ja ohnehin bald rauskommt, muss ich schnell sein. Hilfst du mir, eine Babyparty zu organisieren, während wir hier sind? Wenn die Mädchen nichts dagegen haben  – ihr Geburtstag hat natürlich Vorrang.«
    »Du machst wohl Witze. Sie werden begeistert sein, wenn sie bei der Partyplanung helfen dürfen.«
    »Es wird eine ganze Heerschar nötig sein, um das in nur zwei Tagen hinzubekommen.«
    »Wir werden nach dem Abendessen ein Planungskomitee einberufen. Ich habe gerade Tante Jennies Wagen vorfahren hören. Jetzt steht erst mal Üben im Garten auf der Agenda.«
     
    Jennie betrachtete stolz ihre drei Schüler, die sich heute besonders geschickt anstellten. Magie wirkte am besten,
wenn sie von starken Gefühlen angetrieben wurde, und die Freude, die an diesem Nachmittag hier, in diesem Garten, herrschte, war in der Tat groß.
    Aervyn hatte immer viel Macht, egal ob er glücklich oder unglücklich war, aber heute war er sehr zufrieden mit sich. Berechtigterweise. Wie der Kleine es geschafft hatte, Lauren wieder hierherzulocken, das war gute Hexenarbeit. Er hatte seine Partnerin im Mentaltraining schrecklich vermisst.
    Sie hatten schon vier Runden von »Fang den Gedanken« gespielt. Offenbar hatte Lauren, während sie in Chicago gefaulenzt hatte, nichts verlernt. Bis Runde fünf stand es unentschieden. Ginia feuerte Lauren an. Jennie ebenfalls, wenn auch im Stillen. Es wäre nicht gut, wenn ihre Schüler wüssten, dass sie manchmal parteiisch war.
    Ginia war ganz hibbelig vor Freude über ihren Geburtstag und Nats Ankunft. Sie liebte Nat mit der Begeisterung eines kleinen Mädchens, die die Frau kennengelernt hatte, die sie einmal werden wollte. Sie hatte eine gute Wahl getroffen. Nat war ein wunderbares Vorbild.
    Doch heute Nachmittag war es Laurens Freude, die Jennie am meisten gefiel. Nachdem sie die Energie für die spektakulärste Magie gechannelt hatte, die Jennie je erlebt hatte, war Lauren nach Chicago zurückgefahren und von der Bildfläche verschwunden.
    Oh, sie hatte freundliche E-Mails geschickt, und sie hatten sich ein paarmal sehr nett per Video-Chat unterhalten. Aber sie hatte ihre Magie auf Tauchstation geschickt. Jennie hatte Jamie danach gefragt, der ihr dies bestätigt hatte.
    Bis heute hatte Jennie nicht gewusst, ob Lauren sich nur eine lange Auszeit nahm oder tatsächlich die Flucht ergriffen hatte. Jetzt sah es so aus, als würden sie sie vielleicht zurückgewinnen. Die gesamte Hexengemeinde wäre froh darüber. Nicht jeder akzeptierte die Verantwortung, die eine starke Magie mit sich brachte.
    Törichte alte Frau, dachte Jennie. Lauren hat sich in dein Herz geschlichen, und du willst, dass sie dort bleibt. Nicht nur die Hexengemeinde ist heute froh.
    Und sieh dir das an. Lauren hatte »Fang den Gedanken« mit drei zu zwei gewonnen. Sie war gut  – aber sie hatte auch eine gute Lehrerin gehabt.
    »Gut gemacht, Lauren«, sagte Jennie und strubbelte Aervyn durchs Haar. »Kreativ wie immer.«
    Aervyn war durch den Wettkampf so aufgedreht, dass er kaum bemerkte, dass er verloren hatte. »Noch mal, bitte, Tante Jennie, nur ein einziges Mal?«
    »Für heute ist es genug, Schatz. Ich möchte mit Lauren noch etwas anderes versuchen. In ein paar Tagen ist die Frühjahrs-Tagundnachtgleiche, zu deren Feier wir ein paar Kreise ziehen werden. Ich dachte, wir könnten Ginia heute zeigen, wie sie sich mit einem Kreis verbindet.«
    Dieser wohldurchdachte Plan war ungefähr zwei Minuten alt.
    Ginias Augen glänzten. Jennie fuhr fort: »Ginia, du rufst die Erde, so wie wir es geübt haben. Aervyn, ich möchte, dass du Wasser und Luft übernimmst, aber sei vorsichtig. Ich übernehme das Feuer. Lauren, kannst du Ginia vormachen, wie man sich verbindet. Es ist einfacher, wenn eine Mentalhexe einen führt, aber ich kann nicht
gleichzeitig das Feuer kontrollieren.« Sie konnte es im Schlaf, aber sie wollte sehen, wie Lauren sich als Ausbilderin anstellte.
    Ginia ließ sich in Laurens Schoß plumpsen, und Jennie und Aervyn kamen hinzu, um einen Kreis zu bilden. Mit fester Stimme rief Ginia die Macht der Erde, ihre stärkste Magie.
    »Ich im Norden rufe die Erde,
auf dass Fruchtbarkeit und Leben werde.
Dies ist mein Wille, also geschehe es.«
    Aervyn grinste seine große Schwester an und rief die Luft an.
    »Ich im Osten rufe die Luft,
der Seele