Verhext: Roman (German Edition)
von Magie gefehlt hatte. Zweitens: Lauren hatte alle Eigenschaften,
die ein guter Hexenlehrer brauchte. Und drittens: Tante Jennie hatte noch etwas in petto.
Die nächsten Tage würden sicher nicht langweilig werden.
Nell nahm ihr Laptop und ihr Handy. Lauren war nicht die Einzige, die eine Überraschung planen konnte.
25
Mit einem Bagel in der Hand spazierte Lauren durch die Straßen von Berkeley. Da ihre innere Uhr immer noch auf Chicago-Zeit eingestellt war, war sie schon im Morgengrauen aufgewacht und hatte nicht wieder einschlafen können. Also hatte sie beschlossen, schon mal damit anzufangen, ihre Einkaufsliste abzuarbeiten.
Doch stattdessen hatte sie sich von der Atmosphäre der Stadt vereinnahmen lassen. In Berkeleys Stadtkern traf man auf eine faszinierende Mischung von Menschen, Gebäuden und Transportmitteln. In der letzten Stunde hatte sie mehr Fahrräder als Taxis gesehen. Ganz anders als in Chicago.
Als Maklerin hatte sie es sich zur Gewohnheit gemacht, ein Viertel zu Fuß zu erkunden, um das Lebensgefühl, die Dynamik zu erspüren und die Annehmlichkeiten – oder die fehlenden Annehmlichkeiten – auszukundschaften. Berkeley hatte nichts von Chicagos Arroganz oder Großartigkeit, doch hier spürte man die Menschen. Ein bisschen so wie zur Sommerzeit in Chicago, nur ohne die Touristen.
Es war eine nette kleine Stadt.
Als Lauren eine Immobilienagentur entdeckte, überquerte
sie die Straße. Sie liebte es, sich die Exposés in den Aushängen anzusehen. Eine Berufskrankheit.
Während sie ihre Neugier stillte, steckte sie sich das letzte Stückchen Bagel in den Mund. Die Exposés waren nicht weniger unterschiedlich als die Menschen hier. Moderne Wohnklötze, farbenfrohe, unkonventionelle Ranch-Häuser und einige schöne Bungalows im Craftsman-Stil, die im Künstlerviertel der Innenstadt lagen. Das musste ganz in der Nähe sein.
Um zehn war eine offene Besichtigung angesetzt. Sie überlegte, ob sie hingehen sollte. Jemand, der in Chicago Eigentumswohnungen verkaufte, hatte nicht oft Gelegenheit, historische Bungalows zu besichtigen.
Fast hätte Lauren das Schild mit der Aufschrift »Agentur zu verkaufen« übersehen.
Ihr stockte der Atem, als sie den kleiner gedruckten Text las. Gut gehende Immobilienagentur wegen Ruhestand zu verkaufen. Nur an zugelassene und erfahrene Makler. Für weitere Auskünfte bitte im Laden melden.
Während sie das Schild anstarrte, wirbelten ihr die Bilder durch den Kopf.
… Mentalhexen-Yoga mit dem kichernden Aervyn und dem mies gelaunten Jamie. Cat Woman. Nat am Esstisch mit einer Familie, die sie liebte.
… Ihr erster Übungskreis, bei dem sie auf der sonnenhellen Macht geflogen war. Der kleine Jacob, der sich ununterbrochen drehte und dann ruhig bei seiner Mama auf dem Schoß saß. Der äußere Kreis aus Kerzen und Liebe am Ocean’s Reach . Der innere Kreis der Macht.
… Jamies verzweifelte Sehnsucht nach Aervyn. Ihre eigene Freude, als sie den kichernden Jungen hinter der Couch entdeckte. Ein kleiner Junge und ein Schneemann.
Von Gefühlen überwältigt spürte Lauren, wie tief in ihrem Inneren eine Entscheidung heranreifte. Anscheinend mussten die Partyhütchen und Papierschlangen nun doch warten.
Viele Stunden später stand Lauren im Becky Temko Tot Park und winkte den Caterern nach. Sie hatten fantastische Arbeit geleistet, und das von jetzt auf gleich.
Normalerweise war der kleine, sicher umzäunte Park mit Spielplatz, Sandkasten und schattigen Bäumen ein Tummelplatz für Kinder. Aber heute Abend würde hier eine Party stattfinden.
Auf dem Rasen hatte sie Decken und einige sehr praktische Klapptische verteilt. Am Zaun und an einer Schnur zwischen zwei größeren Bäumen hingen Laternen. Auf einem der Tische stapelten sich gebratene Hühnchen, belegte Brote, Chips, Früchte und fantastische Brownies.
Nun fehlten nur noch die Gäste. Ein Hupen auf der Straße kündigte sie an. Als Erster sprang Aervyn aus dem Van und stürmte in den Park, dicht gefolgt von seinen drei Schwestern. Er umtanzte Lauren kurz und lief dann hinüber zu den Rutschen.
Nell kam mit zwei Stühlen in der Hand. »Was ist los? Die Nachricht, die du mir hinterlassen hast, war ziemlich kryptisch.«
Lauren lächelte breit. »Ich war mir ziemlich sicher,
dass niemand außer dir es schaffen würde, Hexen ohne guten Grund zusammenzutrommeln.«
Nell lachte. »Wenn es etwas zu essen gibt, ist das für die meisten von uns Grund genug. In ein paar Minuten sollten alle da
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