Verhext
Gedanke, daß er keine bessere Wahl als Iphiginia Bright hätte treffen können, selbst wenn er sich bewußt auf die Suche nach einer interessanten neuen Mätresse gemacht hätte.
»Bitte entschuldigen Sie, Mylord«, sagte Iphiginia, offenbar war es ihr peinlich, daß sie sich so ausführlich zu seinem Zeitungsartikel geäußert hatte. »Ich nehme an, daß ich Sie langweile. Schließlich kennen Sie Ihre eigenen Theorien über die Verwendung von Holzpfeilern für Fundamente am besten.«
»Vielleicht sollten wir uns wieder dem eigentlichen Thema zuwenden«, sagte Marcus mit ruhiger Stimme. »Aber zunächst müssen Sie mir Ihre Adresse nennen, damit ich meinem Kutscher entsprechende Anweisungen erteilen kann.«
Iphiginia räusperte sich. »Meine Adresse?«
»Das wäre ganz nützlich in Anbetracht der Tatsache, daß ich im Augenblick versuche, Sie nach Hause zu bringen.«
»Tun Sie das?«
»Aufgrund der Rolle, die ich nach Meinung aller in Ihrem Leben spiele«, erklärte Marcus, »ist es doch wohl nur natürlich, wenn ich Sie nach einem Ball heimgeleite.«
»Aber -«
»Das wird von mir erwartet«, bekräftigte Marcus seine Behauptung. »Die Leute würden sich wundern, wenn ich dieses Privileg nicht nutzen würde.«
»Sind Sie sich ganz sicher, daß es normal ist, mich zu begleiten?«
»Ganz sicher.«
»Oh.« Iphiginia nagte mit ihren strahlend weißen Zähnen an ihrer Unterlippe, während sie die Angelegenheit überdachte. Dann faßte sie einen Entschluß. »Also gut. Ich habe eine Stadtwohnung am Morning Rose Square. Nummer fünf.«
Diese Neuigkeit war interessant. »Die Häuser am Morning Rose Square wurden erst vor kurzem fertiggestellt, nicht wahr? Der Architekt hat hervorragende Arbeit geleistet, indem er klassische Elemente mit einer Bauweise verbunden hat, die zum einen wirklich komfortabel ist und die zum anderen dem englischen Klima angemessen ist. Die Häuser weisen eine gute Konstruktion auf und wurden, soweit ich mich erinnere, schnell an den Mann gebracht.«
Iphiginia blickte ihn überrascht an. »Sie scheinen eine Menge darüber zu wissen.« »Das Projekt hat mein Interesse geweckt, weil es lukrativ war.« Marcus erhob sich und klopfte gegen die Deckenluke der Kutsche. »Meistens lohnen sich derartige Investitionen nicht. Ich kenne eine Reihe von Leuten, die durch die Finanzierung solcher Bauvorhaben Bankrott gemacht haben.«
Die Dachluke öffnete sich. »Ja, M’lord?« rief der Kutscher von oben.
»Morning Rose Square, Dinks. Nummer fünf.«
»In Ordnung, M’lord.« Dinks ließ die Luke wieder zufallen.
Marcus nahm wieder Platz. »Vielleicht sollten Sie mit Ihren Erklärungen fortfahren, Mrs. Bright.«
»Ja, natürlich.« Iphiginia straffte die Schultern. »Wo soll ich anfangen? Lassen Sie mich Ihnen als erstes sagen, wie erleichtert ich war, als ich feststellte, daß Sie leben, Mylord.«
Er musterte sie mit halbgeschlossenen Augen. »Sie sagten bereits im Ballsaal bei den Fenwicks etwas Derartiges. Hatten Sie denn irgendwelche Zweifel daran, daß ich lebe?«
»Oh, ja. Große Zweifel. Wissen Sie, wir dachten, Sie wären ermordet worden.«
»Ermordet?« Allmählich begann er, sich zu fragen, ob er es vielleicht mit einer Wahnsinnigen zu tun hatte.
»Ja, Mylord, ermordet. Das war auch der Grund, weshalb ich beschloß, als Ihre Mätresse aufzutreten.«
»Und wer war Ihrer Meinung nach verantwortlich für mein Ableben?« fragte Marcus mit kalter Stimme. »Einer Ihrer anderen intimen Freunde?«
Sie sah ihn schockiert an. »Natürlich nicht, Mylord. O je, es ist alles so kompliziert. Ich versichere Ihnen, daß ich nicht die Art von Freunden habe, denen es auch nur im Traum einfallen würde, einen Menschen zu ermorden.«
»Das freut mich zu hören.«
»Tante Zoe ist von Natur aus etwas theatralisch, und meine Cousine Amelia ist bisweilen ein wenig grimmig, aber ich glaube, ich kann mit Sicherheit sagen, daß keine von ihnen jemals auf den Gedanken kommen würde, jemanden umzubringen.«
»Ich verlasse mich darauf, Mrs. Bright.«
Sie seufzte. »Das muß alles sehr verwirrend für Sie sein.«
»Ich werde mein Möglichstes tun, um mich durchzuwursteln. Vielleicht ist mir ja meine außerordentliche Intelligenz dabei von Nutzen.«
Sie schenkte ihm ein weiteres strahlendes Lächeln. »Unter den gegebenen Umständen machen Sie es schon recht gut, Mylord.«
»Ich bin bereits zu demselben Schluß gekommen.«
Sein Sarkasmus ließ sie zusammenzucken. »Ah, ja. Ja, tatsächlich. Nun denn,
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