Verhext
blickte an ihrem züchtigen weißen Kleid herab, und ihre elegant geformten Wangenknochen wurden von einem leichten Rot überzogen. »Ich weiß, daß ich nicht die Art von Frau bin, mit der Sie normalerweise verkehren.«
»Meine liebe Mrs. Bright, wie Ihnen jeder bestätigen wird, habe ich mich noch nie für das Normale interessiert. Ich habe eine Vorliebe für das Ungewöhnliche.«
»Sind Sie sich wirklich sicher, daß Sie mich nach Hause begleiten sollten?« fragte Iphiginia und blickte verlegen aus dem Fenster.
»Sie wissen ganz genau, daß es vollkommen normal ist, wenn ein Gentleman seine Mätresse nach einem Ball nach Hause bringt. Und gerade in unserem Fall fänden es die Leute wohl sehr seltsam, wenn ich Sie nicht eskortieren würde.«
»Da haben Sie wohl recht.«
»Nun, wenn Sie eine unverheiratete junge Frau auf der Suche nach einem Ehemann wären, wäre es natürlich etwas ganz anderes.« Er musterte sie eingehend. »Aber Sie sind schließlich eine ungebundene Witwe, nicht wahr?«
»Machen Sie sich nicht lächerlich, Sir.« Sie starrte immer noch hinaus auf die nächtliche Straße. »Was sollte ich sonst sein?«
»Genau.« Kein unschuldiges junges Mädchen und keine ehrenwerte unverheiratete Frau hätte es gewagt, sich auf eine derartige Maskerade einzulassen, dachte Marcus. »Und selbst wenn Sie sich nicht bereits als meine Mätresse ausgeben würden, hätte ich mich durch nichts davon abhalten lassen, Sie heute abend nach Hause zu bringen.«
»Nein, aber -«
»Als Witwe ist man in der besseren Gesellschaft am besten dran, finden Sie nicht? Finanziell unabhängig, ohne die Last eines eifersüchtigen Ehemannes, können Sie jede Liaison eingehen, die Sie sich nur wünschen, solange Sie ein gewisses Maß an Diskretion walten lassen.«
»Mir ist klar, daß eine Witwe ein wesentlich größeres Maß an Freiheit besitzt als eine unverheiratete Frau, Sir. Da widerspreche ich Ihnen nicht. Aber die Sache ist die -«
»Ja? Worum geht es?«
Entschlossen drehte sie sich zu ihm um. »Die Sache ist die, ich habe mir große Mühe gegeben, den Leuten ein bestimmtes Bild von mir zu vermitteln. Und ein Teil dieses Bildes ist eine gewisse Unnahbarkeit.«
»Das sagte man mir bereits.«
»Mylord, ich habe noch nie einem Gentleman gestattet, mich nach Hause zu begleiten.«
»Ah.« Er fragte sich, weshalb er bei dieser Erklärung eine gewisse Freude verspürte. »Ein netter Zug von Ihnen.«
»Während der ganzen Zeit, in der ich als Ihre Mätresse aufgetreten bin, bin ich nicht ein einziges Mal von diesem Grundsatz abgewichen.«
»Lady Starlight.«
Sie runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
»Man sagte mir, die Leute nennen Sie die Unberührbare und unerreichbare Lady Starlight. Sie gelten als ein glitzernder mitternächtlicher Stern, der verlockt und verführt, aber der doch niemals erreichbar ist. Zumindest so lange nicht, wie Sie noch auf der Suche nach einem Mann sind, der mich in Ihrem Schlafzimmer ersetzen kann.«
Iphiginia öffnete den Mund, klappte ihn wieder zu und öffnete ihn ein zweites Mal. Als sie schließlich etwas sagte, klang ihre Stimme atemlos, als sei sie gerade eine weite Strecke gerannt. »Sie wissen, wie die Leute sind, wenn es darum geht, jemanden in eine Schublade zu pressen, Sir. Ich gebe zu, daß es ein wenig übertrieben ist, mich Lady Starlight zu nennen. Trotzdem -«
»Trotzdem ist dieser Name offenbar durchaus passend.«
Sie sah ihn verwirrt an. »Ist er das?«
Marcus stellte fest, daß ihm die Unterhaltung inzwischen Vergnügen bereitete. Sie spielten Katz und Maus, und er war die Katze. »Auf jeden Fall. Außerdem haben Sie Glück. Zufällig habe ich vor kurzem gerade eine Studie über unerreichbare, Unberührbare Sterne durchgeführt. Es gibt Möglichkeiten, das Licht einzufangen. Wenn ein Mann besonders clever ist, kann er es in der Hand halten.«
»Ich verstehe nicht, was Sie damit sagen wollen, Sir.«
»Nein, ich glaube nicht. Aber bald werden Sie es verstehen. Bis dahin müssen Sie mir gestatten, ein paar von meinen Geheimnissen zu bewahren, Mrs. Bright. Schließlich gelte ich als durch und durch geheimnisvoller Mensch.«
Sie sah ihn fragend an. »Sie machen es mir nicht gerade leicht, nicht wahr?«
»Das bleibt abzuwarten.«
»So etwas hatte ich befürchtet. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu sagen, ob Sie sehr böse sind wegen meiner Maskerade, Mylord?«
»Das wissen Sie nicht?«
»Nein, das weiß ich nicht. Es heißt, Sie seien ein rätselhafter Mensch.
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