Verhext
vielleicht sollte ich fortfahren. Wissen Sie, wir dachten, der Erpresser hätte Sie um die Ecke gebracht.«
»Erpresser? Die ganze Sache wird immer absurder. Was für ein Erpresser?«
Jetzt war die Reihe an Iphiginia, überrascht zu sein. »Wollen Sie etwa behaupten, daß Sie nicht erpreßt werden, Sir?«
Diese Frage ärgerte ihn. »Wirke ich wie ein Mann, der sich erpressen läßt, Mrs. Bright?«
»Nein, Mylord. Und das ist genau der Grund, weshalb wir dachten, daß man Sie ermordet hat. Weil Sie sich geweigert haben zu bezahlen.«
»Fahren Sie fort, Mrs. Bright«, befahl Marcus mit ruhiger Stimme. »Sie müssen mir wohl noch einiges erklären, bis ein wenig Licht in die Sache kommt.«
»Meine Tante erhielt eine Nachricht von dem Schurken, in der stand, daß Sie als Warnung für andere Zahlungsunwillige erledigt worden seien. Es hieß, es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Leute dahinterkommen würden, daß Sie sich nicht auf einem Ihrer Landsitze aufhalten, sondern daß Sie das Zeitliche gesegnet haben.«
»Großer Gott.«
»Nun, Sie müssen zugeben, daß Sie mitten in der Saison verschwunden waren, Sir. Das ist wirklich höchst ungewöhnlich.«
»Ich war auf meinem Landsitz in Yorkshire«, erwiderte Marcus. »Und nicht in einem dunklen, unbekannten Grab. Madam, das ist einfach lächerlich. Ich habe genug von diesem Spiel. Ich will die Wahrheit hören, und zwar, bevor wir am Morning Rose Square ankommen.«
Sie runzelte die Stirn. »Ich versuche, Ihnen die Wahrheit zu sagen, Sir. Es besteht also keine Veranlassung, unhöflich zu werden. Und jetzt hören Sie bitte auf, mich ständig zu unterbrechen. Wie gesagt, meine Tante hatte allen Grund zu glauben, daß man Sie ermordet hat und daß man sie als nächste ermorden würde, wenn sie den Forderungen des Erpressers nicht nachkommt.«
»Sie hat also bezahlt?« fragte Marcus.
»Natürlich. Sie hatte wirklich Angst. Ich habe von der ganzen Sache erst an dem Tag, nachdem sie bezahlt hatte, erfahren. Ich war gerade von einer einjährigen Reise auf dem Kontinent zurückgekehrt. Meine Cousine Amelia war auch dabei. Wir besuchten Tante Zoe und erfuhren, in was für einer prekären Situation sie sich befand. Also habe ich sofort einen Plan ausgeheckt, mit dessen Hilfe ich versuchen wollte, den Erpresser ausfindig zu machen.«
Jetzt war Marcus wirklich überrascht. »Sie haben gehofft, ihn zu finden, indem Sie sich als meine Geliebte ausgaben?«
»Genau.« Iphiginia bedachte ihn erneut mit einem strahlenden Lächeln. »Zu dem Zeitpunkt glaubte ich, daß ich nicht nur einen Erpresser, sondern einen Schurken jagte, der fähig ist, einen Menschen zu ermorden. Sie können sich sicher vorstellen, wie besorgt ich war.«
»Ich bin nicht tot, Mrs. Bright.«
»Ja, das sehe ich«, sagte sie geduldig. »Das macht die Sache noch verwirrender, finden Sie nicht?«
»Ich hoffe, das stört Sie nicht allzu sehr.«
»Ich habe mich als Ihre Mätresse ausgegeben, um Zugang zu Ihren Kreisen zu finden. Ich hatte die Absicht, diskrete Nachforschungen über Ihre Bekannten anzustellen, um auf diese Weise herauszufinden, wer Sie ermordet haben könnte.«
»Sehr nett von Ihnen zu versuchen, den Schuft zur Strecke zu bringen, der mich ermordet hat.«
»Ich muß zugeben, daß ich nicht in diese Rolle geschlüpft bin, um Ihren Tod zu rächen, Mylord.«
»Das trifft mich tief.«
Iphiginia riß die Augen auf. »Ich möchte nicht hart und gefühllos klingen, Sir, aber Sie müssen bedenken, daß ich Sie schließlich gar nicht kannte, als ich von der ganzen Sache erfuhr. Ich hatte bis dahin noch nicht die Gelegenheit gehabt, Sie kennenzulernen.«
»Ich nehme an, das erklärt Ihren Mangel an Gefühl.«
»Es war kein Mangel an Gefühl, Sir«, beeilte sie sich, ihm zu versichern. »Ganz im Gegenteil. Ich versichere Ihnen, es hat mir außerordentlich leid getan, daß Sie ein so schreckliches Ende genommen haben.« Sie zögerte und fügte dann mit einem Anflug von Ehrlichkeit hinzu: »So etwas tut einem schließlich immer leid, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Es gelang ihm nur mit Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken. »Ich bin dankbar für jede Form des Mitgefühls, die Sie entwickelt haben. Es gibt genug Menschen, denen es nicht im geringsten leid täte, von meinem Ableben zu hören, noch nicht einmal, weil es einem für gewöhnlich immer leid tut, wenn jemand ein schreckliches Ende findet.«
»Unsinn. Ich bin mir ganz sicher, daß alle außer sich gewesen wären, wenn sie etwas von
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