Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verhext

Titel: Verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
Vom Netzwerk:
zentnerschwer. »Höchstwahrscheinlich nicht. Ich dachte, ich wüßte, was ich tue. Ich dachte, daß ich Nora liebte.« Sein Lächeln war voller Ingrimm. »Und ich dachte, daß sie mich liebte.«
    »Vielleicht tat sie das ja auch«, warf Iphiginia zögernd ein.
    »Nein.« Marcus ballte die Hand kurz zur Faust. »Sie brauchte einen Vater für das Kind, das sie erwartete.«
    Iphiginia erstarrte. »Ich wußte nicht -«
    Marcus sah sie mit kalten Augen an. »Niemand wußte etwas davon. Ich habe nie einem anderen Menschen erzählt, daß Nora zu mir kam, nachdem ein anderer sie geschwängert hatte.«
    »Oh, Marcus. Wie schrecklich für dich.«
    Er schwieg einen Moment. Iphiginia fiel nicht ein, was sie hätte sagen können. Die Erkenntnis, daß er die Wahrheit so lange für sich behalten hatte, erschütterte sie.
    »Noras Familie lebte auf dem benachbarten Bauernhof«, fuhr Marcus schließlich fort. Es klang, als hole er die Worte aus einem tiefen Grab hervor, in dem sie lange geruht hatten. »Ich kannte sie schon als Kind. Ich war ein Jahr älter als sie, und seit ich sechzehn war, dachte ich, daß ich sie liebte.«
    »Marcus, bitte, du mußt mir das nicht erzählen.«
    Er ignorierte sie. »Ich glaube, sie fand mich ganz unterhaltsam, Und nützlich. Wir haben gemeinsam im Pfarrhaus des Dorfes tanzen gelernt. Ich habe ihr beigebracht, wie man fischt. Sie war die erste Frau, die ich jemals geküßt habe.«
    Iphiginia wollte nichts mehr hören. »Bitte -«
    »Aber ich war ein einfacher Bauer. Damals hatte noch ein entfernter Onkel den Titel, und ich hätte niemals gedacht, daß ich ihn eines Tages erben würde. Nora wollte mehr vom Leben, als ich ihr bieten konnte. Und sie war so wunderschön, daß sie und ihre Eltern der festen Überzeugung waren, daß sie es zu einem wesentlich besseren Ehemann bringen könnte. In dem Jahr, als Nora achtzehn wurde, verbrachte sie die Saison in London.«
    »Und was passierte dann?« fragte Iphiginia, obgleich sie sich vor der Antwort fürchtete.
    »Als sie im Juni zurückkam, hatte sich alles verändert. Sie war nicht länger die kokette, charmante, fröhliche junge Frau, die sie bei ihrer Abreise noch gewesen war. Sie warf sich mir regelrecht in die Arme und erklärte, sie habe schließlich gemerkt, daß ich derjenige sei, den sie liebte.«
    »Ich verstehe.« Iphiginia blickte auf ihren Fächer. Die Wogen von Marcus’ altem Zorn und Schmerz schlugen unablässig über ihr zusammen.
    »Und ich war so naiv und unerfahren, daß ich ihr glaubte.« Marcus starrte auf die dunkle Straße hinaus. »Sie sagte, sie hätte festgestellt, daß ihr das Leben in der Stadt nicht gefiele. Sie wollte, daß wir so schnell wie möglich heiraten. Ihre Eltern waren einverstanden. Ihr Vater nahm mich zur Seite und schlug vor, mit ihr nach Gretna Green durchzubrennen.«
    »Ich nehme an, es gab keine Verlobung.«
    Irgendwie kam jeder zu dem Schluß, daß es sinnlos wäre, Zeit oder Geld zu verschwenden. Und ich war so versessen darauf, sie zu meiner Frau zu machen, daß ich nichts dagegen hatte. Also fuhren Nora und ich nach Gretna Green. Wir verbrachten unsere Hochzeitsnacht in einem Gasthaus. Ich konnte es kaum erwarten, sie endlich in die Arme zu nehmen.«
    »Ich glaube wirklich nicht, daß ich das hören möchte.«
    »Ich begehrte sie so sehr. Ich war fest entschlossen, so sanft wie möglich zu sein. Aber sie weinte nur. Stundenlang, wie mir schien. Sie sagte, ich hätte ihr entsetzlich weh getan. Ich hätte die rauhen, schwieligen Hände eines Bauern.« Marcus blickte auf seine geballten Fäuste. »Es stimmte. Ich hatte die Hände eines Bauern. Ich war ein Bauer.«
    Iphiginia erschauderte bei der Erinnerung an seine Hände auf ihrem Körper. Starke Hände. Gute Hände. Hände, die einer Frau das Gefühl gaben, begehrt zu sein, gebraucht zu werden. Hände, die sie in Sicherheit wiegten. Tränen stiegen ihr in die Augen.
    »Am nächsten Morgen war ein ziemlich großer Blutfleck auf dem Laken. Später erfuhr ich, daß ihre Mutter ihr ein kleines Fläschchen mit dem Zeug von zu Hause mitgegeben hatte. Dabei wäre das vollkommen überflüssig gewesen.«
    »Das verstehe ich nicht«, flüsterte Iphiginia.
    »Selbst wenn kein Blut auf dem Laken gewesen wäre, hätte ich niemals den Verdacht gehegt, daß Nora bereits mit einem anderen Mann das Bett geteilt haben könnte. Ich war in unserer Hochzeitsnacht die Jungfrau. Ich wußte viel weniger über diese Dinge als sie.«
    »Und wie bist du dahintergekommen, daß sie

Weitere Kostenlose Bücher