Verhext
auftauchte.
»Ups.« Iphiginia stolperte und verlor die Balance, als sie gegen seine breite Brust stieß.
Marcus fing sie auf und blickte zu seinem Bruder hinüber. »Was in drei Teufels Namen geht hier vor sich?«
Iphiginia blickte eilig auf, als sie den gefährlich stählernen Unterton in seiner Stimme vernahm. »Nichts Besonderes, Sir. Ihr Bruder macht sich Sorgen um Ihr zukünftiges Wohlergehen, genau wie Sie sich um das seine gesorgt haben.«
»Mein Bruder wird seine Meinung zu diesem Thema für sich behalten«, sagte Marcus. »Ist das klar, Bennet?«
»Sie wird einen Narren aus dir machen, wenn du es zuläßt«, sagte Bennet heftig. »Sie ist noch viel cleverer als Nora. Siehst du das denn nicht?«
»Das sieht jeder Idiot. Ihre Cleverneß ist einer der Gründe, weswegen ich die Absicht habe, sie zu heiraten«, sagte Marcus. »Hirnlose Frauen sind mir ein Greuel.«
»Du kannst sie unmöglich zur Gräfin machen, Marcus. Sie wird eine Schande für den Titel sein.«
Iphiginia hatte zwar den dringenden Wunsch, der schrecklichen Szene ein Ende zu machen, aber diese Bemerkung konnte sie nicht einfach auf sich sitzen lassen. »Also jetzt machen Sie aber mal einen Punkt, Mr. Cloud. Ihr Bruder war ein Bauer, ein Mann, der jahrelang von seiner Hände Arbeit gelebt hat, ehe er ein Graf wurde. Er macht dem Titel alle Ehre. Ich versichere Ihnen, daß ich keinerlei Schwierigkeiten hätte, die Rolle einer Gräfin zu spielen, wenn ich es wollte.«
»Vollkommen richtig«, murmelte Marcus.
»Machen Sie sich nicht lächerlich«, schnauzte Bennet.
»Du bist derjenige, der sich lächerlich macht«, sagte Marcus. »Und jetzt hau ab, ehe ich die Geduld verliere.«
»Das ist wirklich die Höhe. Ich kann nur beten, daß Sie mir die Wahrheit gesagt haben, Mrs. Bright, und daß Sie den Anstand besitzen, aus dem Leben meines Bruders zu verschwinden.« Bennet wirbelte herum und stapfte zurück in Richtung des Ballsaals.
»Jetzt bist du wirklich zu weit gegangen.« Marcus versuchte, Iphiginia beiseite zu schieben. Panisch umklammerte sie die Aufschläge seines teuren Fracks.
»Marcus, nein. Ich will nicht, daß du dich wegen mir mit deinem Bruder streitest.«
»Mach dir keine Sorgen, meine Liebe. Ich werde mit ihm schon fertig werden.«
»Verdammt, Marcus, ich schwöre, wenn du ihm nachgehst, verlasse ich noch heute nacht die Stadt.«
Er hielt inne und runzelte die Stirn. »Was sagst du da?«
»Ich meine es ernst. Ich werde nicht zulassen, daß du Bennet wegen mir eine Szene machst. Er hat nichts anderes getan, als was du auch versucht hast, nachdem du von seinem Wunsch, Miss Dorchester zu heiraten, erfahren hast. Er hat nur versucht, dich zu beschützen.«
»Er benimmt sich wie ein aufgeblasener kleiner Tugendbold. Wer zum Teufel glaubt er eigentlich, wer er ist?«
»Er ist dein Bruder, und er macht sich entsetzliche Sorgen, daß du einen furchtbaren Fehler begehen könntest. Kommt dir das vielleicht irgendwie bekannt vor, Marcus? Du hast dich erst gestern noch genauso verhalten.«
»Das ist ja wohl kaum dasselbe.«
»Es ist genau dasselbe.« Iphiginia spürte, daß sie diesen kleinen Kampf zumindest im Augenblick gewonnen hatte, und trat einen Schritt zurück. »Komm. Laß uns ein wenig im Garten Spazierengehen. Ich brauche frische Luft.«
Marcus zögerte, deutlich hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, mit ihr allein zu sein, und dem Bedürfnis, seinem Bruder nachzusetzen. Er blickte in Richtung des Ballsaals, doch dann zuckte er mit den Schultern und nahm Iphiginias Arm. »Also gut.«
Iphiginia seufzte innerlich auf. Im Moment war die Katastrophe abgewendet, dachte sie, aber früher oder später würde es doch zu einem Desaster kommen. Das spürte sie.
Sie hatte gehofft, daß sie noch bis zum Ende der Saison die Liebe ihres Lebens genießen könnte, aber so sollte es anscheinend nicht sein. Sie konnte nicht zulassen, daß das Verhältnis zwischen Marcus und seinem Bruder ihretwegen zerstört wurde.
Es war der Moment gekommen, darüber nachzudenken, die Stadt zu verlassen.
»Was würdest du sagen, wenn ich dir eine ausgedehnte Reise nach Amerika vorschlagen würde?« fragte Iphiginia ihre Cousine am nächsten Morgen beim Frühstück.
Amelia blickte von der Morgenzeitung auf. »Ist das dein Ernst?«
»Ja.«
»Aber da gibt es keine antiken Ruinen. Alles ist vollkommen neu. Ich habe gehört, daß die Menschen in kleinen Holzhütten der primitivsten Art leben.«
»Rustikale, primitive Ruinen können, vom
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