Verhext
Amelia.«
»Das sehe ich.« Amelia verzog das Gesicht und erhob sich. »Und es überrascht mich nicht. Du bist bereits seit Wochen in ihn verliebt.«
Iphiginia spürte, daß sie errötete. »Du übertreibst.«
»Ich kenne dich besser als irgend jemand anders. Wahrscheinlich sogar besser als deine Schwester oder deine Tante Zoe. Und ich habe dich noch niemals derart auf einen Mann reagieren sehen. Nicht einmal auf Richard Hampton.«
Iphiginia zog eine Grimasse, als sie den Namen des frischgebackenen Ehemannes ihrer Schwester hörte. »Ich versichere dir, ich fand Richard niemals so...«, sie suchte nach dem richtigen Wort, »so interessant wie Lord Masters.«
»Noch nicht einmal, als er dir den Hof gemacht hat?« fragte Amelia leise.
»Richard hat mir niemals wirklich den Hof gemacht«, sagte Iphiginia scharf. »Ich habe seine Absichten eine Zeitlang mißverstanden. Es war alles ein schreckliches Mißverständnis. Aber das hat sich schnell geklärt.«
Zu Iphiginias großer Enttäuschung war ihre Schwester Corina diejenige gewesen, in die Richard verliebt gewesen war.
»Du warst nicht die einzige, die seine regelmäßigen Besuche falsch verstanden hat«, sagte Amelia. »Das haben wir alle getan. Und wenn du die Wahrheit wissen willst, ich bin nach wie vor überzeugt, daß er es anfangs auf dich abgesehen hatte. Doch dann hat er es sich anders überlegt, als er sah, wie sich Corina zu einer regelrechten Schönheit entwickelte.«
»Das ist unfair, Amelia. Richard ist kein oberflächlicher Kerl.«
»Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher. Und ich will dir noch etwas sagen. Er hätte nie um Corinas Hand angehalten, wenn du sie nicht mit einer so großzügigen Mitgift ausgestattet hättest. Seine Eltern hätten der Verbindung niemals zugestimmt, wenn sie nicht geglaubt hätten, daß sie ein bißchen Geld mit in die Ehe bringt.«
»Da hast du wahrscheinlich recht.« Iphiginia rümpfte verächtlich die Nase. Richards Eltern hatte sie noch nie gemocht.
Iphiginia und Richard hatten sich bereits von Kindesbeinen an gekannt. Sie hatten beide das gleiche Alter. Die Hamptons und die Brights waren Nachbarn gewesen in Deepford, einem kleinen Dorf in Devon.
Squire Hampton, Besitzer eines ausgedehnten Gutes, und seine Frau hatten immer auf Iphiginias Eltern herabgesehen. Ungehemmte, künstlerisch orientierte Menschen waren in einem kleinen Dorf, in dem das Leben von Hunderten unausgesprochener
Anstands- und Verhaltensregeln bestimmt wurde, immer verdächtig.
Trotzdem hatte Iphiginia Richard immer gemocht, und er war ihr gegenüber immer freundlich gewesen, vor allem in der schweren Zeit, nachdem ihre Eltern auf See verlorengegangen waren.
Unglücklicherweise hatten die Brights ihren beiden Töchtern kaum etwas hinterlassen. Iphiginias Mutter hatte mit ihren Gemälden nie besonders viel Geld verdient, und ihrem Vater, einem -begnadeten Architekten, hatte es an genügend Geschäftssinn gefehlt, um seine eleganten klassischen Entwürfe in die Realität umzusetzen.
Unerwartete versteckte Baukosten, unfähige Geschäftspartner und die zahlreichen Probleme, die mit dem Bau von Häusern als Spekulationsobjekten verknüpft waren, hatten den Großteil von Brights Einkünften verschlungen.
Auf jeden Fall hatten Iphiginias Eltern immer ein weitaus größeres Interesse daran gehabt, ihren künstlerischen Horizont durch regelmäßige Fahrten zu den Ruinen in Ägypten, Italien und Griechenland zu erweitern, als Geld zu verdienen.
Die Brights waren viel gereist, ohne sich jemals groß um die zahlreichen Kriege zu kümmern, die über Jahre hinweg an verschiedenen Plätzen auf dem Kontinent gewütet hatten.
Für gewöhnlich hatten Iphiginia und ihre Schwester die beiden begleitet. Aber als die unbezähmbaren Brights zu ihrer letzten Reise aufgebrochen waren, hatten sie Iphiginia und Corina zurückgelassen. Die Nachricht von ihrem Tod war ein schwerer Schlag für die Mädchen gewesen.
Um für sich und Corina sorgen zu können, hatte Iphiginia einen gewagten Schritt unternommen. Sie hatte jeden Pfennig zusammengekratzt, den sie durch den Verkauf der Bilder ihrer Mutter und eines Skizzenbuchs ihres Vaters erhalten hatte, und hatte die bescheidene Summe benutzt, um ihre Akademie für junge Damen zu eröffnen, die sofort ein Erfolg geworden war.
Richard hatte Iphiginia geholfen, indem er seinen Vater überredet hatte, ihr gegen eine geringe Miete ein passendes Haus zu überlassen. Und er hatte ihr viele andere kleine Dienste
Weitere Kostenlose Bücher