Verhext
Harry vor, daß wir noch ein paar der interessanteren Soireen besuchen.«
»Welche?«
»Ich weiß nicht mehr genau. Ich glaube, zum Beispiel den Ball bei den Broadmores. Und dann waren wir wohl noch kurz auf dem Empfang bei den Fosters.«
»Und, hat es dir gefallen?«
Bennet sah Marcus kurz an, und dann senkte er eilig den Blick. Er zuckte mit den Schultern. »Ganz nett.«
»Bennet, weich mir nicht aus. Wenn etwas los ist, dann sag es mir.«
»Nichts ist los.« Bennet starrte ihn finster an. »Zumindest nicht mit mir.«
»Was zum Teufel soll das nun wieder heißen?«
»Also gut, Marcus. Ich will ganz offen sein. Wie ich höre, hast du dich gestern abend reichlich lächerlich gemacht.«
»Lächerlich?«
»Verdammt und zugenäht. Es heißt, du hättest deine neue Mätresse auf dem Arm aus dem Ballsaal der Fenwicks herausgeschleppt. Du mußt wirklich eine schöne Vorstellung gegeben haben!«
»Ah, da also liegt das Problem.« Marcus umklammerte den Griff seines Messers und schnitt sein Würstchen in kleine Stücke. »Habe ich dich damit etwa in Verlegenheit gebracht?«
»Marcus, willst du den Rest deines Lebens damit verbringen, der Gesellschaft mit deinem eigenartigen Verhalten als Hofnarr zu dienen?«
»Ich habe dich also in Verlegenheit gebracht.« Marcus piekste ein Stück Würstchen auf und kaute nachdenklich darauf herum. »Versuch, es dir nicht allzu sehr zu Herzen zu nehmen, Bennet. Die Leute haben wahrlich schon Schlimmeres gesehen.«
»Darum geht es ja wohl nicht.« Bennet knallte ein Stück Butter auf sein Muffin. »Die Sache ist die, daß ein Mann in deinem Alter einen gewissen Sinn dafür haben sollte, was sich gehört.«
Marcus wäre beinahe an seinem Würstchen erstickt. »Ein Mann in meinem Alter?«
»Du bist sechsunddreißig. Du hättest schon vor Jahren wieder heiraten und einen Erben bekommen sollen.«
»Verdammt. Woher kommt bitte deine plötzliche Sorge, daß ich noch keinen Erben habe -? Du weißt ganz genau, daß ich nicht die Absicht habe, ein zweites Mal zu heiraten.«
»Und was ist mit deiner Verpflichtung gegenüber deinem Titel?«
»Ich bin ganz zufrieden damit, dir den Titel zu hinterlassen.«
»Nun, ich will ihn aber nicht, Marcus. Er gehört dir, und er sollte an deinen Sohn gehen.« Bennet runzelte in offensichtlicher Verzweiflung die Stirn. »Es wäre demnach nur angemessen, wenn du deine Pflicht erfüllen würdest.«
»Wie ich sehe, hat dich mein gestriges Verhalten wirklich peinlich berührt«, stellte Marcus trocken fest.
»Du mußt zugeben, daß es manchmal etwas unangenehm ist, einen älteren Bruder zu haben, der bereits sechsunddreißig und nicht weniger als ein Graf ist, und dem es nicht das geringste ausmacht, sich zum Gespött der Leute zu machen.«
»Das ist schließlich nicht das erste Mal.«
»Aber es ist das erste Mal, daß du einer Frau mitten in einem Ballsaal eine Szene machst.«
Marcus zog eine Braue hoch. »Woher willst du das bitte wissen? Du bist doch so gut wie nie auf irgendwelchen Festen zu Gast.«
»Miss Dorchester hat mir davon berichtet«, erwiderte Bennet deutlich gereizt.
Marcus sah ihn reglos an. »Juliana Dorchester?«
»Ich hatte die große Ehre, gestern abend mit ihr tanzen zu dürfen«, murmelte Bennet.
»Ich verstehe.«
»Immer, wenn du in diesem Ton >ich verstehe< sagst, heißt das, daß du mit etwas nicht einverstanden bist. Nun, du sagst mir gegenüber besser nichts Unhöfliches über Miss Dorchester, Marcus. Sie ist eine
wunderhübsche junge Dame mit einem ausgezeichneten Benehmen, und es würde ihr nicht im Traum einfallen, sich jemals in eine derart skandalöse Szene verwickeln zu lassen.«
»Das ist für Juliana Dorchester die zweite Saison«, sagte Marcus in grimmigem Ton. »Dieses Mal muß sie einen Ehemann finden, denn die Dorchesters können sich eine dritte Saison für sie nicht leisten. Verstehst du mich, Bennet?«
»Du versuchst, mich vor ihr zu warnen, nicht wahr? Nun, das wird dir nicht gelingen. Sie ist der Inbegriff weiblicher Tugend, und ich werde auf ewig dankbar sein, daß sie mir gestern abend gestattet hat, sie zu unterhalten.«
»Zweifelsohne dankt sie gerade in diesem Augenblick dem Himmel dafür, daß du sie überhaupt bemerkt hast. Von jetzt an wird sie dafür sorgen, daß sie in jedem Ballsaal auftaucht, den du betrittst.«
»Verdammt. Sie ist nicht der Typ, der irgendwelche Intrigen spinnt. Sie ist viel zu unschuldig, zu sanft, zu weichherzig, um an so etwas auch nur zu denken.«
»Sie
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