Verhext
Marcus.
»Das sollten Sie auch. Ich glaube, einer Ihrer Grundsätze ist der, niemals über die Vergangenheit zu sprechen, nicht wahr?«
»Ja, Mrs. Bright. Dies ist einer meiner Grundsätze.«
»Ich persönlich halte nicht allzu viel von Grundsätzen, aber ich glaube, diesen sollte ich übernehmen.« Iphiginias Blick fiel auf ein kleines Schild an der Ecke einer kleinen Seitenstraße. »Oh, sehen Sie, dort drüben ist das Museum von Dr. Hardstaff. Mr. Hoyt hat gestern abend von diesem Etablissement erzählt.«
»Ich wüßte nicht, was er darüber erzählen sollte.«
»Er sagte irgend etwas davon, daß Lord Thornton dort vor kurzem behandelt worden sei.« Iphiginia sah sich das Schild genauer an.
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Marcus warf ebenfalls einen Blick auf das Schild. »Sie dürften kein besonderes Interesse an Dr. Hardstaffs Museum haben, Iphiginia.«
»Aber ich habe großes Interesse an der Antike.« Iphiginia wandte den Kopf noch einmal zu dem Schild um, als Marcus sie hinter sich herzog. Sie runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht, daß ich weiß, welche klassischen Göttinnen insbesondere für die Manneskraft zuständig sind.«
»Sie überraschen mich, Madam. Ich dachte, Sie wüßten auf alles eine Antwort.«
Kurz nach zehn an diesem Abend verließ Marcus den Spielsalon seines Lieblingsclubs. Obwohl er wie meistens gewonnen hatte, war er schlecht gelaunt.
Es bedeutete ihm nicht besonders viel zu gewinnen. Das Spiel war keine besondere Herausforderung, wenn die Mitspieler so tief in ihre Gläser geblickt hatten, daß sie kaum noch in der Lage waren, die Karten zu halten.
Die Ruhelosigkeit, die ihn erfaßt hatte, hatte jedoch nichts mit dem Kartenspiel zu tun. Die Nervosität hatte eingesetzt, als er Hannah im Park getroffen hatte, und sie hatte sich nach dem Gespräch mit Iphiginia noch verstärkt.
Sein Verstand sagte ihm, daß er ihr nicht trauen konnte, aber sein wachsendes Verlangen nach ihr wurde von Logik und Vernunft nicht geschmälert.
Er wollte sie.
Marcus blickte auf die imposante Standuhr und sah, daß es an der Zeit war, Iphiginia auf dem Ball bei den Richardsons zu suchen. Was sie wohl den ganzen Abend über gemacht hatte? Hatte sie unschuldig ihre Nachforschungen vorangetrieben, wie sie es nannte, oder hatte sie andere mögliche Erpressungsopfer ausfindig gemacht?
Der verstorbene Mr. Bright war wirklich zu bedauern, dachte Marcus. Ein Mann, der mit Iphiginia verheiratet war, mußte ja frühzeitig altern.
»Ich dachte mir, daß ich Sie hier finden würde, Masters.«
Marcus blickte über die Schulter. Er mußte sich zusammenreißen, um nicht laut zu fluchen, als er Hannahs Ehemann, Lord Sands, entdeckte.
Marcus hatte schon oft gedacht, daß er sich unter anderen Umständen mit Sands wohl sehr gut verstanden hätte. Der Mann strahlte etwas Solides, Anständiges aus, er wirkte durch und durch integer. Er war die Art Mann, die man sich in der Hitze eines Gefechts an seine Seite wünscht. Ein Mann, mit dem man Geschäfte machen konnte.
Aber Marcus wußte, daß nicht die geringste Chance bestand, daß er und Sands jemals echte Freunde würden, solange Hannah und ihr Geheimnis zwischen ihnen stand.
»Guten Abend, Sands.« Marcus nickte höflich. »Was bringt Sie hierher? Sie beehren diesen Club doch nur höchst selten mit Ihrem Besuch.«
»Ich bin gekommen, um mit Ihnen zu sprechen.« Sands’ normalerweise freundliches, offenes Gesicht wirkte, als wäre es aus Stein gemeißelt.
Marcus sagte sich, daß ihn das nicht überraschen sollte. Trotzdem hatte er gehofft, diese Auseinandersetzung irgendwie vermeiden zu können. »Was kann ich für Sie tun?«
Sands ballte die Hände zu Fäusten. »Sie können sich von Hannah fernhalten, Sie verfluchter Schweinehund. Ich weiß, daß Sie sie heute morgen im Park getroffen haben. Und das dulde ich nicht.«
»Hannah ist eine alte Freundin«, sagte Marcus leise. »Das wissen Sie.«
»Hören Sie mir zu, Masters, und zwar gut. Was auch immer zwischen Ihnen und Hannah war, ehe sie mich geheiratet hat, ist Ihre Sache. Aber sie hat sich für mich entschieden. Sie ist meine Frau, und ich werde nicht zulassen, daß Sie weiterhin Ihr Spielchen mit ihr spielen, haben Sie mich verstanden?«
»Wenn Sie mich auch nur etwas besser kennen würden, Sands, dann wüßten Sie, daß ich einen eisernen Grundsatz habe, der besagt, daß ich mich
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