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Verhext

Titel: Verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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die Ellbogen auf den Schreibtisch und legte das Kinn auf die Hände. Sie hatte in ihrem Leben schon viele Probleme lösen müssen, von Corinas Erziehung bis hin zu den Schwierigkeiten, denen sie und Amelia auf ihrer Reise begegnet waren. Doch nie zuvor hatte sie es mit einem Menschen wie Marcus zu tun gehabt.
    Jedesmal, wenn sie an die intime Art dachte, in der er sie in Lartmores Ausstellungsraum voller erotischer Statuen berührt hatte, brannte ihr Innerstes. Iphiginia fragte sich, ob Marcus überhaupt jemals an dieses Zusammensein dachte oder ob dies für ihn ein derart normales Ereignis war, daß er es bereits vergessen hatte.
    Auf jeden Fall hatte er es in den letzten beiden Tagen kein einziges Mal erwähnt. Seit er sie dazu gebracht hatte, in seinen Armen zitternd und schlaff zusammenzusinken, hatte er sich wie der vollkommene Gentleman verhalten.
    Vielleicht war er zu dem Schluß gekommen, daß es wohl doch nicht ratsam war, mit einer Frau zu schlafen, der er mißtraute.
    Mit gerunzelter Stirn lauschte sie dem Karren eines Gemüseverkäufers, der unter ihrem Fenster die Straße herunterpolterte. Sie hatte gewiß nicht die Absicht, Marcus zu gestatten, sie jemals wieder auf eine derart erschütternde intime Weise zu berühren.
    Nicht, solange er nicht ein gewisses Maß an Vertrauen, Respekt und, ja, Zuneigung zu ihr entwickelt hatte.
    Das war bestimmt nicht zuviel verlangt. Schließlich liebte sie diesen Mann. Das mindeste, was er also tun konnte, war, ihr gegenüber eine gewisse Wärme zu zeigen.
    Seine bisherigen Erfahrungen hatten ihn offensichtlich viel zu argwöhnisch, zu zynisch, zu beherrscht werden lassen, als daß er in der Lage wäre, sich der Liebe hinzugeben. Er war ein Mensch, der versuchte, ein Gefühl, von dem er meinte, daß es ihn verletzlich machen könnte, möglichst gar nicht erst aufkommen zu lassen.
    Bisher hatte sie noch nicht herausgefunden, was ihn derart negativ beeinflußt hatte, aber es ließ sich nicht leugnen - Marcus hatte in seinem Leben schon böse Narben davongetragen.
    Bis zu einem gewissen Punkt brachte sie Verständnis und Mitgefühl für ihn auf. Sie war sogar bereit, ihm ein paar Dinge nachzusehen. Aber wenn er meinte, sie würde ihn als Geliebten akzeptieren, solange er sie nicht liebte, ja ihr noch nicht einmal vertraute, dann hatte er sich gewaltig geirrt.
    Iphiginia fragte sich, ob er wußte, wie ernst es ihr war. Schließlich war er ein höchst intelligenter Mann. Vielleicht war das der Grund, weshalb er seit dem Vorfall in Lartmores Haus nicht mehr versucht hatte, sich ihr in irgendeiner Weise zu nähern.
    Er war ein Mann, der gründlich nachdachte, ehe er den zweiten Schritt unternahm.
    Die Tür der Bibliothek öffnete sich.
    »Iphiginia?« Amelia betrat den Raum. Sie trug ein graues, hochgeschlossenes Kleid, das sie wesentlich älter als sechsundzwanzig erscheinen ließ. »Mrs. Shaw bringt gleich den Tee.«
    »Ich könnte eine Tasse vertragen. Ich muß meine Gedanken sammeln, ehe Mr. Manwaring kommt.«
    »Er wird bald da sein.« Amelia blickte auf die Uhr. »Er ist ein pünktlicher Mensch. Übrigens, ich habe schon einmal eine Liste der Witwen und unverheirateten Frauen erstellt, die Interesse an unserem neuen Projekt haben könnten.«
    »Waren sie an der Morning-Rose-Square-Sache beteiligt?«
    »Die meisten, aber zwei sind neu. Eine Miss Sanders und eine Miss Crest. Ich habe sie letzte Woche im Museum kennengelernt. Sie sind beide bezahlte Gesellschafterinnen, die eine kleine Summe gespart haben, die sie gerne investieren würden.«
    »Hervorragend.« Plötzlich fiel Iphiginia etwas ein. »Das erinnert mich an etwas. Ich habe vor ein paar Tagen zufällig Mrs. Osworth getroffen. Sie erwähnte, daß sie eine neue Gesellschafterin sucht. Über die Wycherley Agentur.«
    Amelia verzog das Gesicht. Die Wycherley Agentur hat nur Kunden wie die Osworths. Alle sehr exklusiv.«
    »Irgendwie hat mich der Name an etwas erinnert. Das war doch die Agentur, bei der du beschäftigt warst, oder nicht?«
    »Ja.« Amelia preßte die Lippen zusammen. »Das Unternehmen ist schon seit Jahren im Geschäft.«
    Ein diskretes Klopfen an der Tür unterbrach sie. Iphiginia blickte auf. »Was gibt’s, Mrs. Shaw?«
    Mrs. Shaw, eine stattliche Frau, die beinahe die Würde einer klassischen Ruine ausstrahlte, trat ein. »Mr. Manwaring wünscht Sie zu sehen, Mrs. Bright.«
    »Bitte schicken Sie ihn herein.«
    Mrs. Shaw trat beiseite und ließ den Besucher an sich vorbei in die Bibliothek.

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