Verhext
und das Phönix-Siegel sind die einzigen Hinweise, die wir haben.«
»Bisher haben sie uns jedenfalls nicht weitergebracht.« Zoe ließ sich gegen die Lehne ihres Sofas sinken und stieß einen theatralischen Seufzer aus. »Ich bin verloren. Was sollen wir bloß tun?«
»Na, na, nimm es nicht so schwer, meine Liebe.« Otis tätschelte ihre Schulter. »Wir werden einen Weg finden, wie wir der Sache ein Ende machen.«
Iphiginia faltete den Brief wieder zusammen und blickte nachdenklich auf das Siegel. »Ich frage mich, ob die Freundin von Masters auch einen zweiten Brief bekommen hat.«
Amelia runzelte die Stirn. »Das ist eine gute Frage.«
»Ich weiß nichts von möglichen Forderungen an seine Bekannte«, murmelte Zoe. »Aber ich weiß, daß ich sofort handeln muß. In dem Brief steht, daß ich das Geld heute um Mitternacht an den genannten Ort bringen soll.«
»Um Mitternacht auf einen Friedhof«, sagte Iphiginia langsam.
»Höchst melodramatisch. Anscheinend hat unser Erpresser ein paar der Romane von Mrs. Radcliffe gelesen.«
»Entweder das, oder es macht ihm einfach nur Spaß, sich auf seltsame Weise zu amüsieren«, sagte Zoe.
»Ja.« Iphiginia faßte einen Entschluß. »Dieses Mal werde ich das Geld übergeben.«
Zoe, Amelia und Otis starrten sie verwundert an.
»Auf gar keinen Fall«, sagte Zoe. »Das wird Otis tun, genau wie beim letzten Mal.«
»Das kannst du nicht machen, Iphiginia«, sagte auch Amelia. »Das ist viel zu gefährlich.«
»Die beiden haben vollkommen recht«, verkündete Otis. »Ich werde mich um die Geldübergabe kümmern.«
Iphiginia hob gebieterisch die Hand. »In dem Brief steht extra, daß Zoe das Geld überbringen soll. Das heißt, daß der Schuft bestimmt irgendwo in der Dunkelheit lauert, um zu sehen, ob seine Anweisungen befolgt werden. Er wird eine Frau erwarten. Und wenn keine Frau erscheint, wird er beim nächsten Mal zehntausend Pfund verlangen.«
»Zehntausend Pfund.« Zoe sah aus, als würde sie jeden Augenblick in Ohnmacht fallen.
Otis holte eilig ihr Riechfläschchen. »Hier, meine Liebe.«
»Vielen Dank.« Zoe atmete vorsichtig ihr Riechsalz ein.
Otis wandte sich mit einem Stirnrunzeln an Iphiginia. »Du kannst das Geld nicht überbringen. Irgendwer könnte deine kleine weiße Kutsche erkennen und sich fragen, was du nachts auf einem Friedhof verloren hast.«
»Mach dir keine Sorgen. Mir wird nichts passieren.« Iphiginia runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich werde eine Mietdroschke nehmen und den Kutscher bezahlen, damit er auf mich wartet. Außerdem werde ich einen Umhang mit einer Kapuze tragen, so daß mich niemand erkennen kann. Wenn der Erpresser mich sieht, wird er mich für Zoe halten.« »Aber, Iphiginia.« Zoe starrte ihre Nichte entsetzt an, »um Gottes willen, ein Friedhof. Und dann auch noch um Mitternacht.«
»Ich bin in Italien zwischen so vielen Ruinen herumspaziert, daß ich mich an Grabstätten gewöhnt habe.«
»Diese Sache ist wohl kaum mit einer Besichtigung der Ruinen von Pompeji zu vergleichen«, murmelte Amelia. »Zoe hat recht. Es ist viel zu gefährlich.«
»Ich kann dir einfach nicht erlauben, etwas so Gefährliches zu tun«, sagte Otis mit autoritärer Stimme.
»Unsinn«, erwiderte Iphiginia. »Es ist nicht gefährlich. Der Erpresser wird die Person, die ihm das Geld übergibt, wohl kaum ermorden. Das hieße schließlich, die Gans zu töten, die die goldenen Eier legt.«
Zoe starrte sie entgeistert an. »Ermorden. Gütiger Himmel. Ich dachte, wir wüßten inzwischen wenigstens, daß der Schuft kein Mörder ist.«
»Vielleicht habe ich mich etwas unglücklich ausgedrückt«, sagte Iphiginia eilig. »Was ich sagen wollte, ist, daß es keinen Grund gibt, weshalb mir der Erpresser etwas antun sollte.«
»Ich werde dich begleiten«, bot Amelia an.
Otis Brauen hüpften auf und ab. »Ich auch.«
»Ich komme auch mit«, fügte Zoe hinzu.
»Nein, nein, nein.« Iphiginia schüttelte ungeduldig den Kopf. »Das ist vollkommen unmöglich. Der Erpresser könnte euch sehen und beschließen, seine Drohung wahrzumachen und die Forderungen zu erhöhen. Nein, wir müssen seine Anweisungen aufs Wort genau befolgen.«
Amelia runzelte die Stirn. »Warum willst du ihm überhaupt dieses Mal das Geld übergeben, Iphiginia?«
»Ich hoffe, daß ich dabei irgend etwas in Erfahrung bringe«, gestand Iphiginia.
Zoe riß die Augen auf. »Du willst doch wohl nicht sagen, daß du versuchen wirst zu beobachten, wie der Erpresser das Geld abholt. Ich
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