Verhext
Moderne. Im allgemeinen widmete er sich lieber Dingen wie der Astronomie oder Dampfmotoren.
Heute jedoch ging von den archäologischen Funden eine eigenartige Faszination aus.
Er beobachtete, wie Iphiginia die Muster auf einer Reihe alter Vasen untersuchte. Sie war wunderschön, wenn sie in ihre Studien versunken war. Fast so schön, wie sie gewesen war, als sie bei Lartmore in seinen Armen Erleichterung gefunden hatte.
Wenn er nicht genau gewußt hätte, daß sie eine gewisse Erfahrung hatte, wäre er sicher gewesen, daß es das erste Mal gewesen war, daß ein Mann sie zu einem sinnlichen Höhepunkt gebracht hatte.
Ohne Vorwarnung wallte erneutes Verlangen in ihm auf. Heiß, süß und dringend erschütterte es sein Innerstes. Er war zugleich erregt und verärgert.
Diese abrupten, heftigen Anwandlungen von Leidenschaft traten in letzter Zeit immer häufiger auf. Und mit jedem Mal schienen sie stärker zu werden. Heute morgen war er bei Anbruch der Dämmerung wach geworden und hatte festgestellt, daß er hart wie eine Marmorstatue war.
Heute nachmittag wurde er schwer, nur weil er Iphiginia in einem Museum sah. Wenn es nicht so verdammt unbequem wäre, wäre es wirklich lächerlich.
Er konnte es kaum noch erwarten. Bald. Sehr bald würde er mit ihr schlafen müssen.
Wenn er es nicht täte, würde er verrückt.
Er zwang sich, die große Vase anzusehen, die ihre Aufmerksamkeit geweckt hatte. »Etruskisch, oder?«
»Nein. Zweifellos griechisch.« Iphiginia wandte sich der nächsten Reihe staubbedeckter Vasen zu. »Wirklich einzigartig, finden Sie nicht? Die Formen sind so perfekt, so vollkommen richtig. Sie zeugen von einer höchst beeindruckenden Kombination von Geist und Kunst.«
»Wirklich beeindruckend«, pflichtete Marcus ihr bei, wobei sein Blick auf den sanften Rundungen ihrer Brüste ruhte.
Sie wandte den Kopf und errötete, als sie bemerkte, daß er ihren Busen ansah. »Haben Sie schon irgend etwas Nützliches gelernt, Mylord?«
»Über griechische Vasen?«
»Natürlich. Worüber sonst?«
Marcus lehnte sich an einen Haufen alter Steine, kreuzte die Arme vor der Brust und sah eine der Vasen an. »Ich habe eine ganze Menge gelernt, meine liebe Mrs. Bright, aber noch lange nicht genug.«
Sie bedachte ihn mit einem zustimmenden Lächeln, als sei er ein wißbegieriger Schüler. »Es liegt eben in Ihrer Natur, immer nach mehr zu dürsten, Mylord. Die Leidenschaften des Geistes sind nur sehr schwer zu befriedigen, nicht wahr?«
»In der Tat. Glücklicherweise gibt es auch Leidenschaften, die leichter befriedigt werden können, Iphiginia. Manchmal genügt schon die rechte Zeit und der rechte Ort.«
Um kurz vor vier an diesem Nachmittag eilte Barclay, Marcus’ korpulenter, bebrillter Mittelsmann, in die Bibliothek seines Arbeitgebers. Er war vollkommen atemlos, und sein kahler Schädel war schweißbedeckt.
»Sie haben nach mir geschickt, Sir?«
»Das habe ich.« Marcus blickte von den Notizen auf, die er gerade machte. »Danke, daß Sie so schnell gekommen sind.«
»Nichts zu danken, M’lord.« Barclay nahm Platz, zog ein Taschentuch hervor und wischte sich über die Stirn. »Sie wissen, daß ich Ihnen jederzeit zu Diensten stehe. Was kann ich für Sie tun?«
»Zwei Dinge. Erstens möchte ich, daß Sie Nachforschungen über einen Gebäudekomplex namens Bright Place anstellen. Ich weiß nicht viel darüber, aber ich glaube, daß es sich dabei um ein neues Investitionsvorhaben handelt.«
»Hier in London?«
»Ich bin mir nicht sicher. Es könnte auch in Bath sein.« Marcus erinnerte sich an die Zeichnung, die er auf Iphiginias Schreibtisch gesehen hatte. »Wahrscheinlich in einer der beiden Städte, obwohl ich annehme, daß es auch irgendwo anders sein kann. Auf den Zeichnungen, die ich gesehen habe, waren eindeutig Stadthäuser, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Ich verstehe.« Barclay stieß einen leisen Seufzer aus, rückte seine Brille zurecht und machte sich eine Notiz.
»Zweitens möchte ich, daß Sie so viele Informationen wie möglich über einen gewissen Mr. Bright sammeln.«
Barclay bedachte ihn mit einem argwöhnischen Blick und räusperte sich vorsichtig. »Über den verstorbenen Mr. Bright?«
»Ja.«
»Den verstorbenen Gatten einer gewissen Mrs. Iphiginia Bright, wohnhaft am Morning Rose Square?«
Marcus lächelte kühl. »Einer der Gründe, weshalb Sie so wertvoll für mich sind, Barclay, ist, daß Sie immer die allerneuesten Gerüchte kennen.«
Barclay ignorierte die
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