Verhext
seiner ledernen Aktentasche.
Marcus lehnte sich in seinem Stuhl zurück und versuchte, seine Neugierde zu bezähmen, während Barclay eine der Seiten überflog.
»Nun?« fragte Marcus nach zwei Minuten, die ihm wie eine Ewigkeit erschienen.
Barclay räusperte sich vielsagend und blickte Marcus über den Goldrahmen seiner Brille hinweg an. »Als erstes sollte ich Ihnen vielleicht sagen, Mylord, daß es einen Mr. Bright nicht gibt. Zumindest keinen Mr. Bright, der mit Ihrer Mrs. Bright verheiratet war.«
»Das habe ich inzwischen ebenfalls herausgefunden.« Erneut spürte Marcus, wie die schmerzliche Erinnerung an das mitternächtliche Stelldichein im Tempel der Vesta in ihm aufwallte.
Zum tausendsten Mal durchlebte er das wunderbare Gefühl, das er im Inneren von Iphiginias heißem, engem Körper verspürt hatte. Und zum tausendsten Mal fühlte er, wie er schwer wurde vor Erregung.
Er meinte beinahe, die seidige Üppigkeit ihrer Schenkel zu spüren. Die Erinnerung an ihre herrlich geformten Brüste schimmerte verführerisch in seinem Bewußtsein. Ihre Brustwarzen waren so frisch und reif gewesen. Sie hatten besser geschmeckt als alles, was er je zuvor gekostet hatte.
Ihr hübsch gerundetes Hinterteil hatte ihn an die wunderbaren, exotischen Früchte erinnert, die er einmal in seinem Gewächshaus gezüchtet hatte. Und ihr Duft würde nie mehr aus seinen Gedanken verfliegen.
Barclay runzelte die Stirn, so daß seine buschigen Brauen eine dichte Linie über seiner Nase bildeten. »Ich möchte Ihnen ja nicht zu nahe treten, Sir, aber könnten Sie mir vielleicht erklären, weshalb Sie mich nach Devon geschickt haben, wenn Sie bereits wissen, daß Mrs. Bright - ich meine, Miss Bright - keine Witwe ist?«
»Ich habe es erst erfahren, als Sie die Stadt verlassen hatten.«
»Wie zum Teufel haben Sie das herausgefunden? Ich schwöre, niemand außer Ihnen weiß etwas davon.«
Marcus versuchte, seine Antwort so vage wie möglich zu formulieren. »Ich habe die Wahrheit über den nicht existierenden Mr. Bright herausgefunden, indem ich dieselben wissenschaftlichen Methoden angewandt habe, die ich sonst auch anwende.«
Barclay blickte ihn verwirrt an. »Sie haben ein Teleskop beziehungsweise ein Mikroskop benutzt?«
»Ich habe Beobachtungen angestellt und meine Schlüsse daraus gezogen.« Marcus beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch. Er faltete die Hände und sah Barclay mit einer Mischung aus böser Vorahnung und freudiger Erwartung an. »Was haben Sie sonst noch herausgefunden?«
Barclay blickte auf seine Notizen. »Miss Bright wurde in dem Dorf Deepford geboren, wo sie auch aufwuchs. Ganz kleines Kaff. Ich versichere Ihnen, es war nicht einfach, es überhaupt zu finden.«
»Nun, Sie haben es gefunden.«
»Ja, M’lord.«
Und wenn Barclay Deepford gefunden und dort festgestellt hatte, daß es den verstorbenen Mr. Bright niemals gegeben hatte, dann konnten auch andere dasselbe herausfinden, dachte Marcus. Wenn
jemand anders - ein Erpresser vielleicht - ein Interesse an Iphiginias Vergangenheit entwickelte, dann würde auch er schnell dahinter kommen, daß sie keine Witwe war und sich somit den gesellschaftlichen Regeln für unverheiratete Frauen zu unterwerfen hatte.
Marcus wußte nicht, was ihn mehr ärgerte - die Tatsache, daß Iphiginia so verwundbar war, oder ihre Weigerung, diese Verwundbarkeit anzuerkennen.
»Fahren Sie fort, Barclay«
»Ihre Eltern, die beide recht unkonventionelle Menschen gewesen zu sein scheinen, gingen auf See verloren, als Miss Bright kaum achtzehn Jahre alt war, so daß sie diejenige war, die ihre jüngere Schwester Corina aufgezogen hat.«
Genau wie ich Bennet aufgezogen habe, dachte Marcus. »Und wovon haben sie und ihre Schwester gelebt? Gab es wenigstens ein vernünftiges Erbe?«
»Nein. Nur die Bilder ihrer Mutter und ein, zwei Skizzenbücher ihres Vaters.«
Marcus nahm sein Siegel in die Hand und drehte es zwischen seinen Fingern. »Dann hatten sie also nicht gerade viel Geld.«
»Nein, M’lord, aber Miss Bright scheint eine recht geschäftstüchtige Person zu sein.«
Marcus erstarrte. »Was soll das heißen?«
»Nachdem sie sich von dem Schock erholt hatte, plötzlich allein mit einer kleinen Schwester dazustehen, war das erste, was sie tat, die letzten Gemälde ihrer Mutter und die Skizzenbücher ihres Vaters zu verkaufen. Das Geld hat sie dann benutzt, um eine Akademie für junge Damen zu eröffnen.«
Marcus wäre beinahe das Siegel aus der
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