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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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roten
Bs.
    »Dann laßt mich doch wenigstens meine Kinder sehen! Ich
habe ein Recht…«
    »Tut mir leid.« Der größere der beiden
Männer wandte sich zum Gehen, und der zweite schloß das
Tor und folgte ihm.
    »Ich war bei einem Anwalt!« rief Wendell ihnen nach.
»Wenn Saralinda und die Kinder nicht herauskommen und mit mir
reden, dann, sagt er, werden wir irgend so ’ne Art
Gerichtsbeschluß einholen, damit ich reinkann und sie alle
drinnen sehen kann!« Er bluffte weiter: »Ich komme mit dem
Anwalt und allen Papieren zurück. Hab genug von der ewigen
Hinhalterei!«
    »Warte hier«, sagte der Große.
    Die beiden Männer verschwanden. Sie blieben ziemlich lange
weg. Vielleicht beriefen sie den Rat der Ältesten ein, diese
Gruppe verrückter alter Männer, die den Laden leiteten und
die nie den geheiligten Boden verließen, weil sie es nicht
nötig hatten, außerhalb des Anwesens zu arbeiten wie die
jüngeren Männer und kinderlosen Frauen. Wendell mußte
immer lachen, wenn im Fernsehen eine von diesen blöden Sendungen
über religiöse Sekten lief, mit irgendwelchen
charismatischen Anführern, die alle Weiber vögelten und
sich rücksichtslos auf Kosten der anderen ein schönes Leben
machten. Die Streiter des göttlichen Bundes waren nicht so.
    Sie folgten den geheimen Weisungen des hl. Cadoc, der sich von der
Welt abgewandt hatte, um ein Kloster zu gründen, und dann das
Kloster verließ, um durch eben diese Welt zu ziehen,
gottgefällig und arm, bis er starb. Zweimal. Die Siedlung wurde
von fünf alten Männern geleitet, die einfacher und karger
lebten als alle anderen, zur höheren Ehre Gottes. Sie aßen
Reis und Bohnen und schliefen auf dem nackten Boden, selbst im
Winter. Und sie vögelten nie irgendwen. So gehörte sich
das, wenn man wirklich gottgefällig sein wollte!
    Schon als er noch in der Siedlung gewesen war, hatte Wendell
gewußt, daß er selbst nie gottgefällig sein
würde.
    Ja, das war’s! Sie riefen die Ältesten zusammen! Es war
ihnen ganz egal, daß sie ihn in draußen bei 33 Grad im
Schatten in dieser Augustschwüle stehen ließen –
wobei der nächste Schatten in sechzig Meter Entfernung zu finden
war; und das Fahrerhaus seines Pick-ups war ein Backofen. Dachten sie
vielleicht, er würde aufgeben und sich trollen? Nein, nein,
diesmal nicht. Er wollte endlich seine Kinder sehen!
    Zwanzig Minuten später tat sein Herz einen Freudensprung.
Drei Personen gingen auf das Tor zu, die beiden Männer von
vorhin und eine kleine Gestalt zwischen ihnen, eine Frau in Jeans und
einem losen dunkelblauen Arbeitshemd mit dem roten B. Saralinda.
    Die Männer sperrten das Tor auf, öffneten es und
ließen es demonstrativ weit offen, ehe sie direkt dahinter
Stellung bezogen. Saralinda kam langsam durch das Tor – in ihrer
zaghaften Art, die sie immer so feminin wirken ließ. Wendell
zwang sich stillzustehen, so daß sie zu ihm kommen mußte,
wo sie außer Hörweite der beiden Streiter waren.
    »Hallo, Wendell.«
    »Saralinda…« Jesus, er würde gleich weinen!
Sie sah genauso aus wie früher; das lange, glänzendbraune
Haar fiel glatt um ihr zartes Gesicht, und die Augen waren
groß, sanft und braun wie immer. Nein, er würde nicht
weinen, das konnte er nicht machen, sonst hielt sie ihn für
einen Waschlappen. Um die Tränen zu vertreiben, machte er ein
finsteres Gesicht. »Wo sind die Kinder?«
    »Drinnen.«
    »Ich will sie sehen.«
    »Das ist keine gute Idee, Wendell.«
    »Is’ mir scheißegal, ob das eine gute Idee ist
oder nicht! Es sind meine Kinder!«
    »Das weiß ich«, sagte sie. Sie blickte über
die Schulter zurück zum Tor, wohl um sich zu überzeugen,
daß die beiden Streiter immer noch da waren.
    Wendell dämpfte seine Stimme. »Es sind meine Kinder, und
ich will sie sehen! Ist das ein Verbrechen?«
    »Du kannst sie ja sehen, Wendell. Zu den Zeiten, die in den
Scheidungspapieren festgesetzt sind.«
    »Einmal im Monat, und dann klebt diese Fürsorgerin an
ihnen wie eine Klette!«
    Sie sah ihn ruhig an, ohne zu lächeln. Aber sie war nie eine
gewesen, die viel lächelte. »So hat es der Richter
entschieden. Du hast einen Raub begangen, Wendell! Und du hast mich
geschlagen. Mich und Penny.«
    »Einmal!«
    »Zweimal.«
    »Saralinda…« Seine Stimme versagte, und er
versuchte es noch mal. »Was ich getan habe, war unrecht. Ich
weiß das jetzt. Ich habe getrunken und dann habe ich meine
Arbeit verloren und ich war so durcheinander wegen der
Streiter…«
    »Die Streiter bringen niemanden

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