Verico Target
Jahr.«
Das raubte ihr den Atem. Eine Sekunde lang starrte sie Ben an, der
triumphierend zurücklächelte.
»Aber Ben, niemand bezahlt Forscher in dieser
Größenordnung!«
»Verico schon. Dazu kommt ein gewisser Prozentsatz an den
eventuellen Gewinnen. Schau mich nicht so an, Judy! Meine Güte,
du und dein New Yorker Mißtrauen! Nach dem Gespräch mit
Stevens habe ich Paul Blaine angerufen.«
Paul war ihr Steuerberater und ein guter Freund; Judy respektierte
ihn. Er war bei ihrer Hochzeit mit Ben Trauzeuge gewesen.
»Ich habe ihn noch im Büro erreicht, es war erst
sechzehn Uhr in Boston. Deshalb habe ich mich so verspätet, denn
ich wollte, daß Paul ein paar Dinge für mich
überprüft und mich dann zurückruft. Verico ist ein
Privatunternehmen, also liegen keine öffentlich
zugänglichen Daten über die finanzielle Lage der Firma auf.
Aber Paul fand heraus, daß Verico vor zwei Jahren von einem
Joseph Kensington gegründet wurde, einem finanzkräftigen
Unternehmer, dessen Urgroßvater vor mehr als hundert Jahren mit
Immobiliengeschäften in New Jersey den Grundstein für das
Familienvermögen legte. Der heutige Joseph ist sein Namensvetter
und einziger lebender Erbe. Er besitzt etliche Unternehmen, alle
anscheinend sehr gut geführt. Er hat das Familienvermögen
gut investiert.«
Judy hörte die Bewunderung aus Bens Stimme. Er bewunderte
Leute, die ihr Geld gut anlegten. Zumindest versuchte sie sich
einzureden, daß dies der Grund für die Bewunderung war und
nicht das Familienvermögen. Bens eigene Familie hatte zu jener
Sorte gehört, die sich zusammenpackte und an einen anderen Ort
zog, ehe die rückständige Miete fällig war. Judy war
immer schon der Meinung gewesen, daß ihre Familie einer der
Gründe war, weshalb Ben sie geheiratet hatte.
Ben fuhr fort: »Kensington betrachtet Wissenschaft
anscheinend als eine Art spannenden Sport. Wie du, Liebes.«
»Sei nicht gönnerhaft, Ben«, sagte sie ruhig.
»Bin ich gar nicht. Also jedenfalls hat er Verico
gegründet und nun sieht er sich nach Spitzenleuten um, damit die
Firma auch Erfolge einfahren kann. Und er ist gewieft genug, um zu
wissen, daß Spitzenleute einiges kosten.« Ben sprach jetzt
mit lustloser Stimme. Seine Geduld mit Judys Widerstand war zu
Ende.
»Ben, du sagtest immer, du würdest nie vom Whitehead
weggehen…«
»Alles kann sich ändern«, sagte Ben mit der
gleichen lustlosen Stimme.
Es klopfte an der Tür. »Zimmerservice!«
Ben ließ den Kellner ein und gab ihm ein Trinkgeld. Das
brutzelnde Steak und der Kaffee verströmten ihren Duft im
Zimmer. Judy merkte, daß sie eigentlich gar nicht hungrig war.
Sie erhob sich aus dem karierten Sessel und trat ans Fenster.
»Ben, ich weiß, daß sich manches ändern
kann. Ich verstehe nur nicht, was in diesem Fall anders sein soll. Es
sind doch schon etliche kommerzielle Biotechfirmen an dich
herangetreten und…«
»Nicht mit einem solchen Angebot.«
»Mag sein. Aber du bist doch glücklich dort, wo du bist!
Wir haben uns unser Leben in Boston so schön
eingerichtet!«
»Und das gleiche können wir auch in New York tun. Meine
Güte, Judy, wie viele Leute du dort bereits kennst – und da
zähle ich alle deine Vettern noch gar nicht mit! Außerdem
habe ich noch keinen Entschluß gefaßt. Ich wollte zuerst
mit dir reden, obwohl mir scheint, daß es kein besonders
produktives Gespräch ist. Und zuallererst möchte ich
hinfliegen und mir Verico genauer ansehen.« Er stand auf der
anderen Seite des Servierwagens, die Arme über der Brust
verschränkt. Keiner von beiden machte Anstalten, das Essen
anzurühren.
Judy sagte: »Also hast du schon ein Vorstellungsgespräch
vereinbart? Ich wette, du fliegst direkt von Vegas aus hin!«
»Ja.«
»Ohne mich auch nur in diesen Entschluß
einzubeziehen.«
»Ich beziehe dich jetzt mit ein. Und ich bereue es von Minute
zu Minute mehr.«
»Samstag sind wir zur Hochzeit von Gene Barringers Tochter
eingeladen.«
»Entschuldige mich bei ihnen.« Er hatte sein steinernes
Gesicht aufgesetzt.
»Du sagtest immer, du würdest niemals vom Whitehead
weggehen…«
»Was wiederholst du das andauernd? Du tust, als hätte
ich damit ein… ein religiöses Gelübde abgelegt! Sieh
mal, Judy, manche Dinge ändern sich eben, auch wenn du es nicht
wahrhaben möchtest. Ich bin gern am Whitehead, aber mir sind
dort doch viele Beschränkungen auferlegt, ich bin nicht die
Nummer eins, und wenn mir ein angemessenes Angebot gemacht wird,
werde ich das selbstverständlich in
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