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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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kein Papi sein zu dürfen, weil man
– im Unterschied zu so einem bekloppten Heiligen – ein
einzigesmal einen Fehler gemacht hat! Und er hätte Penny nie
geschlagen, wenn er nicht so viel getrunken hätte, und er
hätte nicht soviel getrunken, wenn ihn der göttliche Bund
nicht ganz verrückt gemacht hätte mit all den Vorschriften
und den Bibelversen und den Tieropfern, um damit die
Rechtgläubigen von ihren Sünden reinzuwaschen.
    »…überzeugt, daß eine große Mehrheit
unserer religiösen Mitbürger die Trennlinie zwischen Kirche
und Staat anerkennt. Doch jene, die es nicht tun oder nicht tun
wollen, stellen für uns alle ein Risiko dar…«
    Risiko. Die dumme Kuh wußte gar nicht, was das Wort
Risiko bedeutete! Er, Wendell Botts – er war mehr Risiken in
seinem Leben eingegangen, als sich so eine feine Senatorin
überhaupt vorstellen konnte! Er hatte seinen klaren Verstand
riskiert in der verdammten Siedlung des Bundes, und gegen jede
Wahrscheinlichkeit war er daraus im Vollbesitz seiner geistigen
Kräfte entkommen.
    Aber Penny und David waren immer noch dort drin. Statt bei ihrem
Papi.
    Das Interview war zu Ende, und es folgte ein Bericht über ein
Großfeuer auf irgendeinem Ölfeld in Texas. Wendell
schaltete den Fernseher ab.
    Er hatte Postkarten, noch aus dem Gefängnis, wo er sie
gekauft hatte, um sie den Kindern zu schicken, wenn es ihm zu schwer
fiel, einen ganzen Brief zu schreiben.
    Die Postkarten zeigten Tierbilder aus dem Zoo, und auf der
Rückseite war die Hälfte des Platzes für die Adresse
vorgesehen; so blieb nur eine halbe Seite, für die man sich
etwas einfallen lassen mußte. Na, und was für Penny und
David gut genug gewesen war, das war auch gut genug für die Frau
Senatorin Jill Doan. Er wählte eine Postkarte mit dem Bild einer
Giraffe, die Blätter von einem hohen Baum zupfte.
     
    Sehr geehrte Frau Senatorin! Im Fernsehen hörte ich Sie
über die Gefahren reden, welche die Religionen für die USA
darstellen. Sie haben ja keine Ahnung, wie schlimm es wirklich ist.
In Cadillac, New York, ist eine Ansiedlung der Streiter des
göttlichen Bundes. Dort werden Tiere geopfert. Ich glaube, auch
Menschen. Der Kongreß sollte sich das mal näher ansehen,
weil dort leben auch Kinder, die meinigen auch. Das mit den Opfern
ist wirklich wahr, auch wenn ich es nicht beweisen kann.
     
    Er hatte keinen Platz mehr, gerade noch soviel, um seinen Namen
hinzuquetschen. Wollte er das überhaupt?
    Nein. Der ganze Staat war mit Computern verbunden. Die Senatorin
sagte es möglicherweise den Leuten, die über das Sorgerecht
bei Kindern zu entscheiden hatten, und wer konnte sagen, was die dann
taten? Am Ende nahmen sie ihm noch seine zwei Sonntage im Monat mit
Penny und David weg! Besser, seinen Namen nicht in irgendeinen
Computer eingeben zu lassen.
    In das verbliebene Eckchen schrieb er in Großbuchstaben NOCH
NICHT…, auch wenn ich es nicht beweisen kann. NOCH
NICHT.
    Nach der Postkarte fühlte er sich besser. Er unternahm etwas,
saß nicht bloß auf seinem Hintern herum und wartete
darauf, daß das blöde Weibsbild von der Fürsorge in
ihren Bericht schrieb, was für ein braver Junge er doch wiederum
gewesen war. Verdammt, er war ein Steuerzahler, er war ein
Wähler, er würde zur Abwechslung doch einmal den Staat auf
seine Seite kriegen, damit der mal reinschnüffelte in diese
Siedlung! Und eigentlich hatte er noch eine ganze Menge Postkarten.
Er würde einfach dem Präsidenten schreiben! Seinem
Kongreßabgeordneten! Dem FBI. Dem Justizminister. Warum nicht?
Vielleicht nutzte es was. Und es würde ihm etwas zu tun geben,
bis es Zeit war, zu der Zusammenkunft der Anonymen Alkoholiker um
neunzehn Uhr zu gehen.
    Er wählte eine Postkarte mit einem Elefanten, der aus seinem
Rüssel Wasser in die Gegend spritzte. Sehr geehrter Herr
Präsident…

Der goldene
Anhänger war schwer, schwerer als er aussah. Selbst die Kette
war schwer, sie bestand aus dicken Goldgliedern, die sich an ihrem
Hals stets wohltuend massiv anfühlten. Am unteren Ende der Kette
hing die gewichtige Doppelhelix: zwei spiralförmig umeinander
gewundene Stränge aus reinem Gold, einer davon mit winzigen
Saphiren besetzt, der andere mit winzigen Rubinen.
    Judy Kozinski saß angekleidet auf dem Bett und starrte auf
den Anhänger, der unter ihren Fingern hin und her schwang. Seit
zwanzig Minuten saß sie nun schon so da, ohne sich zu
rühren. Es war vier Uhr morgens.
    »Was ist das?« hatte Mutter gefragt.
    »Eine Doppelhelix. Ein

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